Können Sie weinen? 

Der Schauspieler Mišel Matičević im Interview ohne Worte über sein balkanisches Temperament, die Siebzigerjahre in Berlin-Gropiusstadt und eines der größten Klischees seiner Branche.  

Geboren 28.7.1970 in Berlin
Beruf Schauspieler 
Ausbildung Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg
Status Bärig und bärtig

Das unbewegte Gesicht ist eine Disziplin, auf die sich Mišel Matičević wie kaum einer versteht, das hat man in Dominik Grafs Serie Im Angesicht des Verbrechens sehen können, in der Serie Babylon Berlin, und in Exil, der jetzt ins Kino kommt, treibt er es auf die Spitze. Matičević spielt einen Mann, der aus dem Kosovo stammt, in einem deutschen Pharmaunternehmen arbeitet, mit einer deutschen Frau (Sandra Hüller) das dritte Kind bekommt, sich in der Firma aufgrund seiner Herkunft gemobbt fühlt und implodiert. Aus Zuschauersicht ist beides denkbar: Möglich, dass Matičevićs Figur die Ereignisse überinterpretiert und sich hineinsteigert, oder dass ihm wirklich niemand beisteht. Gerade hat Matičević 15 Kilo für eine Rolle zugenommen, im Januar müssen sie für die nächste wieder runter. Matičevićs Eltern kamen aus Kroatien als Gastarbeiter nach Berlin, bis heute sagt er lieber Gastarbeiterkind als Migrant. Es war keine leichte Kindheit und Jugend, besonders Lehrer ließen ihn spüren, dass er nicht dazugehörte. Er verschwand ins Kino, sah mit neun Dawn of the Dead, einen der ersten Zombiefilme, und mit 13 Scarface. Von da aus war es nur folgerichtig, dass er sich an der Schauspielschule bewarb. Am Empfang verkündete er, heute werde ich hier aufgenommen. Und genauso kam es.