Gabriele Lux-Wellenhof ist Hörakustikmeisterin und arbeitet seit mehr als 40 Jahren mit Menschen, die von Tinnitus, Hyperakusis oder Misophonie betroffen sind:
»Wenn Menschen gewisse Geräusche wie Kauen als sehr unangenehm empfinden, spricht man von einer Misophonie. Das ist eine Wahrnehmungsstörung, bei der bestimmte Schallereignisse ein Unwohlsein auslösen – und oft auch eine körperliche Reaktion. Der Blutdruck kann bis auf 180 steigen, die Betroffenen fühlen Ekel, Wut oder auch Angst. Nicht nur Schmatzen oder Kauen können das hervorrufen, sondern alle Geräusche, beispielsweise von einem Kugelschreiberklacken. Warum bestimmte Laute zu solch negativen Gefühlen führen, ist noch nicht geklärt. Man vermutet, dass es eine Art akustische Allergie ist. Einen psychologischen Hintergrund hat das in der Regel nicht. Bei anderen Allergien ist das ja auch nicht der Fall – wenn jemand eine Allergie auf Hundehaare oder Heu hat, hat er keine schlechten Erfahrungen mit Hunden oder Heu gemacht.
Unter ein Prozent der Bevölkerung leidet tatsächlich an einer diagnostizierten Misophonie, die behandelt werden muss. Viele Menschen finden Schmatz- oder Kaugeräusche einfach unangenehm – aber nicht unerträglich. Im Alltag hilft es da, die Umgebung mit anderen, angenehmen Geräuschen anzureichern, zum Beispiel Musik beim Essen anzumachen.«