Berthold Niehues ist Hydrogeologe und Leiter der Wasserversorgung beim Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) in Bonn. Sein Spezialgebiet ist das Grundwasser.
»In Bonn läuft relativ weiches Trinkwasser aus der Leitung. In Köln hingegen eher hartes. In München schmeckt es frisch und mineralisch, in manchen norddeutschen Regionen dagegen etwas erdiger. Das Grundwasser wird aus unterschiedlichen Untergrundschichten gefördert und je nachdem, wie die Geologie beschaffen ist, löst das Wasser verschiedene Mineralien. Fließt es etwa durch Kalkstein, nimmt es Kalzium und Karbonate auf, was zu hoher Wasserhärte führt. In Schiefer- oder Sandsteinregionen dagegen ist das Wasser meist weicher, in Norddeutschland treten oftmals höhere Eisen- und Mangangehalte auf.
Diese Mineralien prägen den Geschmack. Ob man das bewusst wahrnimmt, das ist individuell. Manche mögen weiches Wasser, andere bevorzugen hartes. Im Alltag zeigt sich der Unterschied bei der Wasserhärte. Wer in Köln regelmäßig den Wasserkocher entkalken muss, kann in Bonn fast gänzlich darauf verzichten.
Das Grundwasser wird in vielen Regionen zu Trinkwasser aufbereitet, doch die Grundsubstanz bleibt erhalten. In München etwa gelangt Wasser aus dem Untergrund des Mangfalltales nahezu unbehandelt ins Leitungsnetz. In anderen Regionen wird gefiltert, etwa über Sand und Kies, um zum Beispiel Eisen und Mangan zu entfernen. Nur in Ausnahmefällen kommen Hightech-Verfahren wie Umkehrosmose zum Einsatz. Chlor, wie es in vielen Ländern standardmäßig zugesetzt wird, ist in Deutschland die absolute Ausnahme. Trinkwasser gilt hier als Naturprodukt.
Die Unterschiede im Geschmack sind also kein Zufall, sondern eine Folge der regionalen Geologie. Etwa 70 Prozent des deutschen Trinkwassers stammen aus Grundwasser. Das ist so vielfältig wie die Landschaften durch das es fließt. Überall in Deutschland ist das Leitungswasser gesundheitlich unbedenklich. Mythen, dass besonders hartes Wasser die Arterien verkalken könnte, sind Unsinn. Es ist auch nicht, je nach Region, gesünder. Den täglichen Kalzium- und Magnesiumbedarf sollte man über die Nahrung abdecken, nicht über das Wasser. Entscheidend für die Gesundheit ist nur, dass man genug trinkt. Ich rate zu Leitungswasser. Seit Anfang der 1990er-Jahre bin ich umgestiegen, es ist sicher, umweltfreundlich und günstig. Für einen Liter zahlt man weit weniger als einen Cent.«

