Martin Elsner ist Professor an der Technischen Universität in München und leitet den Lehrstuhl für Analytische Chemie und Wasserchemie. Zudem ist er Direktor des Instituts für Hydrochemie an der TUM, das durch Forschung und analytische Innovation dazu beiträgt, den Umgang mit Chemikalien in der Umwelt zu verbessern.
»Nudeln bestehen aus Hartweizengries oder Mehl, Wasser und ein bisschen Salz. Wenn man ganz nah in sie hineinzoomen könnte, würde man die poröse Struktur sehen. Kochen wir Nudeln in ungesalzenem Wasser, nehmen sie schnell Flüssigkeit auf und dehnen sich aus. Kochen wir sie übertrieben lange, dann würden sie mit der Zeit aufgequollen sein oder sich vollständig im Wasser auflösen.
Der Grund dafür ist etwas, was manche noch aus dem Chemieunterricht aus der Schule kennen könnten: der osmotische Druck. Dieser entsteht, wenn zwei Flüssigkeiten mit unterschiedlicher Konzentration an Inhaltsstoffen, das mehlige Wasser in den Nudeln und das ungesalzene Wasser um sie herum, durch eine halbdurchlässige Membran, also die Oberfläche der porösen Nudelstruktur, getrennt sind. Wasser wandert durch den osmotischen Druck auf die Seite mit mehr Mehl, um einen Ausgleich zu schaffen. Dieser Effekt kann abgemindert werden, wenn wir auch dem Kochwasser einen Inhaltsstoff zugeben: Salz. Erstens dringt das Wasser nicht mehr so schnell in die Nudeln ein. Es sorgt dafür, dass die Pasta nicht zu schnell aufquillt – das hilft, ihre Konsistenz zu bewahren. Zweitens sorgt das Salz dafür, dass die Nudeln nicht fad schmecken. Salzt man nach, bleibt das Salz außen auf der Oberfläche kleben. Beim Kochen im Salzwasser zieht es gleichmäßig in die Spaghetti ein – es schmeckt besser.
Ob das Salz ins kochende oder noch kalte Wasser gegeben wird, ist bei heutigen Edelstahltöpfen weitgehend egal. Früher war das anders: In Eisentöpfen konnte es mitunter zu Korrosion kommen, wenn man Salz zu früh hinzugab. Deshalb hieß es, man solle warten, bis das Wasser kocht. Auch ist es nahezu egal, ob das Wasser kalt ist oder schon kocht. Zwar hebt Salz den Siedepunkt an, das heißt durch Salz kocht Wasser erst ab einer höheren Temperatur, doch bei der geringen Menge an Salz verändert sich der Siedepunkt kaum. Wichtig ist nur: Das Salz sollte ins Wasser, bevor die Nudeln hineinkommen. Und auch bei den Nudeln macht es Sinn, sie erst hinzuzugeben, wenn das Wasser bereits kocht, denn so lässt sich besser messen, wann sie al dente sind. Ähnlich wie beim Eierkochen oder beim Backen mit einem vorgeheizten Ofen kann so besser eingeschätzt werden, wie lange die Garzeit beträgt.
Früher habe ich neben Salz auch noch Öl ins Nudelwasser gegeben, in der Hoffnung, dass die Nudeln nicht aneinanderkleben. Doch das mache ich nicht mehr. Meine Frau hat mir erklärt, dass die Nudeln auch das Öl aufsaugen. Das verhindert später, dass die Sauce gut aufgenommen wird – und das möchte ich bei ihrer leckeren Sauce nicht missen.«