"Das System hat sich bewährt", sagt Younes Ouaqasse, wenn er über deutsche Schulen spricht. "Das System ist verdammt gut. Eine Schule für alle ist leicht, aber eine Schule für jeden ist schwierig." Er hat das wortgleich schon in vielen anderen Interviews gesagt, er spricht in Gleichnissen und kurzen Hauptsätzen, um die Meinung nicht weiter begründen zu müssen und wenn er unterwegs auf ein Warum stößt, dann schleicht sich die Irritation aus den zuckenden Mundwinkeln kommend auf sein Gesicht.
Sie breitet sich aus über die bebenden Nasenflügel, erreicht die Augen, die er kurz aufreißt und dann entnervt rollen lässt. Und sie lässt seine Stimme ganz sachte ansteigen, die Wörter schwallartig ins Freie hasten und in der erstaunten Frage enden, was denn die Alternative zum jetzigen Schulmodell sein solle. "Soll man die Hauptschule abschaffen? Das ist doch Quatsch!" Younes Ouaqasse ist 20 Jahre alt und wenn man so will, kennt er das dreigliedrige Schulsystem besser, als die meisten hauptberuflichen Politiker, die gerne erbittert darüber streiten. Er hat sich von der Hauptschule zur Realschule und weiter aufs private Wirtschaftsgymnasium gekämpft und wenn er sich als Bundesvorsitzender der Schülerunion dafür einsetzt, das Bildungssystem in seiner jetzigen Form zu erhalten, dann tut er das auch, weil er sich als Beweis dafür sieht, dass es funktioniert.
Von der Pisa-Studie hält er genauso wenig, wie von all den anderen Statistiken, die dem deutschen Bildungssystem in schöner Regelmäßigkeit ein schlechtes Zeugnis ausstellen und die vor allem eines belegen: Dass das System sozial schwächer gestellten Schülern nicht dieselben Chancen bietet, dass Kinder mit Migrationshintergrund überproportional oft auf die Hauptschulen geschickt werden und selten den Aufstieg schaffen. Man müsse die Hauptschulen stärken sagt er und den einzelnen fördern. Es gebe eben sehr gute, mittelgute und gute Schüler und auf einer Gesamtschule könnten sie ihre individuellen Potenziale nicht entfalten.
Younes Ouaqasses Sprung von der Hauptschule ans Gymnasium ist mindestens so ungewöhnlich wie jener, der ihn als muslimischen Sohn marokkanischer Einwanderer an die Spitze der Schülerunion gebracht hat. Aber wenn man den 20-Jährigen fragt, wie er das geschafft hat, persönlich wie politisch, dann kräuselt er bloß die Lippen zu einem amüsierten Lächeln und sagt: "Es ging, es hat geklappt, anyway - alles ist okay, alles ist gut."
Er spricht nicht gerne, über das, was war, über die Schwierigkeiten, die er überwinden musste. Er redet über sein Leben, wie über das eines anderen und wischt jegliche Verwunderung mit einem kurzen Schnauben weg, als ob es das in Deutschland häufig gäbe, dass ein Muslim 10 500 überwiegend christliche Nachwuchs-Konservative anführt. Er finde eine Partei, die ihre Politik auf einem religiösen Fundament aufbaut, sympathisch, sagt er und dass er liberaler Muslim sei. "Ich kenne zwei Koransuren, die sage ich auch auf, aber ich bete nicht fünfmal am Tag in der Moschee."
Lesen Sie weiter auf jetzt.dewie Younes von den RTL-II-News zum heute-journal kam und welche Rolle Zigarren und Wein in seinem Leben spielen.
(Foto: Schüler Union)