Moskau! Moskau!

Wir stellen Ihnen jede Woche junge, talentierte Fotografen vor. Diesmal Waldemar Salesski, der in Russland einen der größten Feiertage, den »Tag des Sieges« dokumentierte.

Name: Waldemar Salesski
Geboren: 1984, in Almata (Kasachstan)
Ausbildung: Diplom in Kommunikationsdesign an der FH Würzburg-Schweinfurt
Hompage: www.salesski.de

SZ-Magazin: Am 9. Mai wird in Russland der Sieg über das Deutsche Reich im Zweiten Weltkrieg gefeiert. Herr Salesski, Sie haben die Feierlichkeiten rund um den »Tag des Sieges« einen der größten Feiertage in Russland, dokumentiert. Wie kam es dazu?
Waldemar Salesski: Ich bin in der Sowjetunion geboren und in Deutschland aufgewachsen. Als es an die Diplomarbeit ging, sagte mein Professor: "Geh dahin wo du herkommst." Seine Worte und die Neugier nach meinen Wurzeln trieben mich nach Russland. Als ich mein Ticket nach Moskau kaufte, dachte ich noch gar nicht an den »Tag des Sieges«. Ich wollte nach der Seele Russlands suchen.

Und, haben Sie sie gefunden?
Naja, anfangs reiste ich einfach durch das Land. Dabei kreuzten viele Denkmäler meinen Weg und immer wieder sah ich Fernsehberichte zu den Vorbereitungen zum »Tag des Sieges«. Nach einer Weile begriff ich: Wenn ich die Seele Russlands einfangen will, ist dieser Feiertag die ideale Kulisse. Die eigentliche Seele des Landes ist mir dann in Form der Menschen und der Geschichten, die sie erzählten, begegnet.

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Was für Geschichten waren das?
Einige der Veteranen haben mich zum Beispiel zu sich nach Hause aufs Land eingeladen. Als ich nach mehren Stunden Busfahrt ankam, empfingen sie mich mit den Worten »Komm herein, Sohn« und zeigten mir stolz ihre Fotoalben, erzählten Kriegsgeschichten. Sie hatten extra mit dem Essen auf mich gewartet und waren wahnsinnig gastfreundlich.

Gab es unter den ehemaligen Soldaten keinen Groll gegen die Deutschen?
Überhaupt nicht. Ich habe dasselbe gefragt. Die Männer sagten, sie hätten damals gegen Faschisten gekämpft, nicht gegen »die Deutschen«. Es gibt sogar Freundschaften zwischen russischen und deutschen Soldaten, die bis heute andauern.

Gibt es Situationen oder Personen, die Sie auf Ihrer Reise besonders berührt haben?

Natürlich. In der Moskauer Metro lief einmal ein Veteran vor mir. In einer Hand hielt der alte Mann einen Krückstock auf den er sich nur mit Mühe stützte, in der anderen eine Tüte voller roten Nelken. Denn am Siegestag werden die Veteranen traditionell mit diesen Blumen beschenkt. Plötzlich sah ich, dass ein Mädchen dem alten Mann hinterherlief. Als sie ihn endlich einholte, strahlte sie über das ganze Gesicht und überreichte ihm einige rote Nelken. Sie schüttelte Ihm die Hand und im Vorbeigehen hörte ich die Worte »Danke« und »Stolz« aus ihrem Mund.

Welche Probleme gab es bei diesem Projekt?
Oft hörte ich den Satz: »Das wird doch wieder eine kritische Reportage, die uns in den Schmutz zieht.« Aber ich habe gelernt, dass man nur mit den Menschen reden muss. Einmal wollte ich Aufnahmen in einem gesperrten Bereich machen. Letztendlich kam ich nur an die Bilder, weil ein Zivilpolizist mich hineinließ. Allerdings war das Fotografieren dann trotzdem eher schwierig, weil er seine Schnapsflasche auspackte und mich ziemlich abfüllte. Der hatte wohl nach einem Saufkumpanen gesucht (lacht).

Sie waren zwei Monate unterwegs, sind durch halb Russland gereist um die Stimmung rund um die Feierlichkeiten einzufangen. Wie haben Sie persönlich den Trubel um diesen Tag erlebt?
Am Anfang stand ich der Aufregung skeptisch gegenüber. Die Propaganda-Berichte in den Medien und die pathetischen Reden des Präsidenten machten mich misstrauisch. Es gab aber auch viele persönliche und emotionale Gespräche mit Zeitzeugen, mit Menschen die das alles noch selbst erlebt hatten. Deren Emotionen waren es, die mich wirklich berührt haben.

Fotos: Waldemar Salesski