Sie hätten einander eigentlich nicht nötig gehabt. Beide waren für sich genommen große Stars, prägende Stilikonen, eigenständigen leuchtenden Universen entstammend. Sie – die rassige, tätowierte Amazone, eine emanzipierte Sexbombe, weiblicher Actionheld. Er – der feinsinnige Schönling, metrosexuell und doch männlich, nicht nur für seine Darstellungskünste bekannt, sondern auch für seine Projekte moderner Architektur. Dann folgte die Kernschmelze der beiden, die Bildung eines familiären Patchwork-Hofs mit sechs perfekten Kindern, ein gemeinsamer Style, eine neue Variante des Glamourpaars war geboren. Eine Verbindung, die mehr sein sollte als bloß eine Liaison: ein Konzept, eine Marke, vielleicht sogar ein Manifest. So neu, dass die staunende Welt für beide einen neuen Namen fand.
Natürlich ist hier von Amenophis IV und Nefertiti die Rede, besser bekannt als das legendäre Pharaonenpaar Echnaton und Nofretete, das fashionableste Couple der Antike. Und ja, natürlich passt das alles auch auf jene zwei Menschen, die einmal als Brad Pitt und Angelina Jolie bekannt waren, bis sie zu Brangelina wurden.
Das Prinzip Glamourpaar lässt sich vom monarchischen Prinzip herleiten: Zu Recht verlangen die modernen Gesellschaften von ihren staatlichen Repräsentanten, dass sie auf modischen Pomp und religiöse Überhöhung verzichten. Und so leiten wir das Verlangen nach überirdischem Glanz auf andere Royals um, die Herrscher Hollywoods, wo Säkularisierung als spießig, marktfern und gänzlich unerwünscht gilt.
So funktioniert das weltherrschaftliche Pharaonentum von Brangelina gerade durch deren Unantastbarkeit, deren dynastisches Konzept mit aus allen Erdteilen herbeigeschafften Kindern, die einen launigen Hofstaat bilden. Wie sollen bodenständige Monarchenpärchen wie William und Kate, Haakon und Mette-Marit oder Albert und Charlene da mithalten? Schließlich haben sie den real existierenden Staat, den sie zu vertreten haben, am Bein.
Paare aus dem Politik-Gewerbe mit Ambitionen zum Glamour haben es deshalb schwer, wie an den Guttenbergs, den Wulffs, schnell zu verifizieren ist. Die unverzichtbare Liebe zur Selbstdarstellung wird ihnen übelgenommen. Wer als Staats-Paar nach Verehrung sucht, muss wie Helmut und Loki Schmidt im Reihenhaus leben, Schiffermütze tragen, Blumen züchten und seinen Glanz auf kleiner Flamme im Inneren lodern lassen.
In der Scheinwelt der Stars gilt diese protestantische Hausordnung nicht. So finden sich immer mehr Paare, die mehr sind und sein sollen als eine private Verbindung. Das blutleere Twilight-Pärchen Kristen Stewart und Robert Pattinson für die keuschverträumte Jugend, Johnny Depp und Vanessa Paradis für die Abonnenten von Landlust, Miranda Kerr und Orlando Bloom für die Interrail-Generation, Penélope Cruz und Javier Bardem für die Verfechter des menschlichen Stierkampfes, Justin Timberlake und Jessica Biel für Hip-Hopper mit Tischmanieren.
Der Weltstar von heute ist keine Ich-AG, sondern ein Konzern mit unzähligen Mitarbeitern und Arbeitsplätzen. Wie man von Daimler-Chrysler weiß, kann so eine Fusion auch schiefgehen. Beide Marken müssen bereit sein, in einer neuen aufzugehen.
Stars mit dem Gemüt einer Bienenkönigin ist insofern strikt vom Konzept Glamourpaar abzuraten. Madonna oder Lady Gaga wissen diesbezüglich Bescheid. Sie gelten für gleichrangige Partner schlicht als inkompatibel. Nur ein großer Star hat es bisher geschafft, nach einer erfolgreichen Glamourpaar-Ära eine Solokarriere hinzulegen. Es ist Nofretete, die nach dem Tod Echnatons das gute alte Ägypten allein regierte. Und bis heute ganz allein eine Stilikone geblieben ist. Angelina muss sich also keine Sorgen machen.