Das Beste aus meinem Leben

Der Sprach-Wertstoffhof (II): Vergangene Woche berichtete ich an dieser Stelle von der Zuschrift des Lesers E., der auf Rhodos über eine Speisekarte gebeugt saß, während der Kellner zu ihm sprach: »Mischdünger ist sehr zu empfehlen.« Es handelte sich um ein Nachspeisenangebot, das E. interessehalber bestellte – wobei sich herausstellte: Es war gemischtes Eis.Wie aber kommt man von »Gemischtes Eis« zu »Mischdünger«? Die Theorie des Herrn E.: Der Restaurantbesitzer habe aus dem Griechischen ins Französische übersetzt. Sei dort bei »compote« gelandet. Habe sich ins Englische vorgearbeitet: »compost«. Und von hier aus zum Deutschen: »Mischdünger«. Ob das stimmt? Keine Ah-nung. Nur weiß ich, dass in unserer Familie seit dem Eintreffen von E.s Post niemand mehr von gemischtem Eis redet, alle nur noch von Mischdünger.Wir befinden uns in den Räumen zwischen den Sprachen. Hier entstehen die schönsten Wörter der Welt. Erst kürzlich las ich, im Kroatischen gebe es ein dem Deutschen entlehntes Wort für »Auspuff«, nämlich »auspuh« … Klingt das nicht nach einem müden alten Wagen, TÜV-überfällig, untertourig fahrend, den Irschenberg hinaufkriechend, puh, puh, puh?Oder hier, ein Schreiben von Leser T. aus Waldshut, der in seiner Familie vor Jahren eine französische Austauschschülerin zu Gast hatte, Anne aus Blois. Kaum nach Blois zurückgekehrt, dankte Anne für den angenehmen Aufenthalt und schloss ihren Brief mit einem besonderen Gruß an die Tochter: »Und viele Nordwinde für Petra.« Ein Rätsel. Bis man im Lexikon nachschlug und entdeckte, dass Anne wohl hatte schreiben wollen: »Und viele Küsse für Petra.« Kuss bzw. Wangenkuss heißt »bise« im Französischen. Schlägt man aber unter »bise« nach, findet sich als erste deutsche Bedeutung »Nordwind«, dann »Wangenkuss«. Aber ist ein Nordwind in einem heißen Sommer nicht ein wunderbarer Gruß aus der Fremde?Kleiner Exkurs: Kindersprache. Jeder weiß, dass hier, zu Beginn der Sprachbildung, vieles geredet wird, was niemand versteht. Aber eine Mail von Frau H. aus dem Norden Deutschlands zeigt, dass auch sehr Nützliches für den Sprach-Wertstoffhändler entsteht. Denn Lasse, der kleine Sohn von Herrn und Frau H., erfindet Wörter für Dinge, die bisher keinen Namen hatten. »Eine ›Tenu‹«, schreibt H., »ist z. B. ein kleines Holzstück, das von der Form her aussieht wie ein kleines Buch, aber nicht aufgeblättert werden kann. Bei ›Geträuse‹ handelt es sich um die Milch-Luftblasen, die sich beim Trinken der allabendlichen Flasche warmer Milch (mit Silikonsauger) bilden und als Rest in der Flasche verbleiben.« Wer kleine Kinder hat, kennt das Phänomen – nun haben wir endlich ein Wort dafür. Duden-Redaktion, liest Du mit?Ganz kurz: ein Brief von Frau S. aus Olching. Die hat einen Sohn, der sich eines Tages erkundigte, wann es wieder »Eisenbahngericht« zu Mittag gebe. Seitdem gibt es bei S. nie mehr Ratatouille. Nur noch Eisenbahngericht.Nicht zu überbieten aber der Brief von Herrn S. aus Neufahrn, der vor einer Weile im Mittleren Westen der USA war, in einer Gegend mit vielen deutschstämmigen Amerikanern, die sich, wie folgender Text enthüllt, oft nicht zwischen Deutsch und Englisch entscheiden können. Jedenfalls kopierte S. für uns alle den Text eines Schildes an einer Baumwollpflückmaschine, mit dessen Hilfe Unbefugte davon abgehalten werden sollen, am Apparat herumzufingern.»ACHTUNG! Alles Touristen and nontechnishen Lookenpeepers! Das Machine Control ist nicht für das Gerfingerpoken und mittengraben! Oderwise is easy to schnappen der Springenwerk, Blowenfusen und Poppencorken mit Spitzensparken. Der Machine is diggen by Experten only. Ist nicht für Geverken by Dummkopfen. Das Rubbernecken Sightseenen keepen das Cotton Picken Mittens in das Pockets. So Relaxen und Vatchen das Blinkenlights.«Poppencorken mit Spitzensparken. Dank, Gruß und viele Nordwinde allen Sprach-Wertstoffsammlern.

Illustration: Dirk Schmidt