Das Beste aus meinem Leben

Leserpost (IV und Schluss): Der seltsame Beruf, den ich hier ausübe, bringt es mit sich, dass mir Woche für Woche Leserinnen und Leser das Beste aus ihrem Leben schicken, Geschichten, Anekdoten, Verhörer, Lebenshilfe.Allein die Erwähnung einer Auseinandersetzung zwischen Paola und mir, die gemeinsame Zahnpastatube betreffend, trug mir zehn Briefe ein, die sich mit der Frage beschäftigten, wie man aus Zahnpastatuben noch das allerletzte Quäntchen Zahnpasta quetscht und so der Zahnpastaindustrie nicht das kleinste bisschen schenkt. (Kleiner Tipp der Herren K. aus Murnau sowie C. aus Freiburg: Tube aufschneiden und mit der Zahnbürste quasi ausfegen. Herr R. aus Hebertshausen schickte eine selbst gebastelte Gerätschaft, mit deren Hilfe sich auch in horizontal gelagerten Tuben »durch das Prinzip des stabilisierten Druck« stets »die frische Fülle der Creme ausströmbereit an der Öffnung« staue.)Oder: Ich erzählte hier mal eine Geschichte von Luis, der sich bei Minusgraden weigerte, einen Pullover zu tragen – da schreibt Frau B. aus München, ihr fünf Jahre alter Enkel Max habe sich dem Pullovertragen mit folgendem Argument widersetzt: »Ich bin ganz und gar aus Eis gemacht. Ich bin innen nur aus Blut und Eis und darüber ist die Haut, und deswegen friere ich nicht!« Was wissen wir von Kindern, ihrer wahren Beschaffenheit!? Aus Irland faxte Frau H. die Nachricht, ihr Sohn habe gezielt in eine Steckdose gepinkelt. Und überlebt. Beurteilen Sie das, wie Sie mögen, mich rührt es alles an. Genauso wie es mich erfreut, wenn Herr U. aus Falkensee (»in der Hoffnung, Sie ein bisschen zu erfreuen«) die Geschichte vom gemeinsamen Besuch seiner Eltern und des Großvaters in Amsterdam schreibt, das war in den Siebzigern.»Sie standen gerade am Hafen von Amsterdam und ruhten sich ein wenig aus, sprachen ein paar Worte auf Deutsch, als ein junger Holländer kam und meinen Großvater etwas fragte: ›Entschuldigung, wissen Sie, wie der Gulden im Verhältnis zur Deutschen Mark steht?‹ Mein Großvater war sicher, er habe alles richtig verstanden und antwortete: ›Nein, das tut mir Leid. Ich bin nicht von hier. Aber wir haben eine Karte dabei!‹ Und holte einen Stadtplan von Amsterdam aus der Tasche. Der junge Holländer war sehr verdutzt, wie denn dieser Mann darauf komme, auf einem Stadtplan das Währungsverhältnis Gulden/Mark zu suchen. Dann zog mein Großvater auch noch meinen Vater zu Rate: ›Reinhard, such mal mit! Der Herr hat gerade gefragt: Wo ist der Tomatensteg?‹«Eine weitere Geschichte zum deutsch-niederländischen Verhältnis steuert Herr Z. aus Oberasbach bei. Seine damals 94 Jahre alte Mutter habe vor vielen Jahren den zehn Jahre alten Enkel gefragt, ob Heintje neuerdings japanisch oder italienisch singe. Der Junge erkundigte sich, um welches Lied es gehe. Die Oma sagte, Heintje singe einen Text, der etwa laute: »omasoli, omasogu«. Es stellte sich heraus, dass sie »Oma so lieb, Oma so gut« meinte. (In Wahrheit heißt es übrigens Oma so lieb, Oma so nett, aber das ist auch schon egal.)Dazu passt die Nachricht von Herrn N. aus Berlin, dessen achtjähriger Stiefsohn aus Thailand stammt, erst seit kurzem in Berlin lebt und Deutsch lernt. »Er verblüffte mich damit, dass er mir nach jedem Niesen ›Sukhotai!‹ zurief (Sukhothai ist eine thailändische Stadt, in der vor bald tausend Jahren das erste siamesische König-reich gegründet wurde) – was sich schließlich als sein Verständnis des Wortes ›Gesundheit!‹ erwies… Ebenso lobte er die Einkaufsmöglichkeiten im nur drei U-Bahnstationen entfernten ›Vietnam‹ – was sich als Kaufhaus ›Wertheim‹ entpuppte.«Zum Schluss: Herr D. aus München erzählt vom Sohn eines Freundes, der einen katholischen Kindergarten besuchte, wo jeder Tag inbrünstig und freudig mit dem Lied »Lasset uns gemeinsam, lasset uns gemeinsam…« begrüßt wurde. Der Sohn schmetterte Tag für Tag: »Lasset uns gemein sein, lasset uns gemein sein…«Ganz zum Schluss: Wie andere Leser auch hat Herr S. aus Rendsburg bemerkt, dass ich vor einer Weile fälschlich behauptete, das Lied Nights in White Satin stamme von Procol Harum – in Wahrheit aber sangen es die Moody Blues. Weiter schreibt S.: »Procol Harum hingegen stürmten im selben Jahr 1967 an die Spitzen der Charts mit dem berühmten A Walter Scheel of Pale.«