»Als ich im Jahr 2000 für elf Monate zu ihnen nach Alma kam, war das Leben der Doolys einfach«, schreibt SZ-Magazin-Autorin Rebekka Endler in der aktuellen Ausgabe, »die Regeln lieferte ihre Southern-Baptist-Gemeinde. Es gab Gut und Böse. Schwarz und Weiß.« Endlers Gasteltern in einem kleinen Dorf im US-Bundesstaat Arkansas, Dustin und Steven Dooly, sie angehende Lehrerin, er Polizist, waren streng. Streng konservativ. Streng republikanisch. Streng gläubig. Sie lebten in ihrer rein weißen, sehr mittelständischen Welt ein Leben, das ihrer Gasttochter auch noch sehr fremd war, als sie die Doolys nach fast einem Jahr wieder verließ.
Doch dann geschah etwas, Rebekka Endler bezeugte es zunächst nur auf Facebook: Die Doolys verließen die Kirchengemeinde, in der sie beide aufgewachsen waren, in der sie sich kennen gelernt hatten. Und dann adoptierte das Ehepaar, das bereits zwei leibliche Kinder hatte, zwei schwarze Kinder. Zwei Schritte, die vor achtzehn völlig undenkbar gewesen wären.
Online äußerten sich die Doolys zunehmend kritisch über den Zustand der Gesellschaft, in der sie leben, prangerten Fremdenfeindlichkeit und Rassismus an, zeigten sich entsetzt über die Wahl Donald Trumps. Als wiederholt Fälle bekannt wurden, in denen unbewaffnete schwarze Mitmennschen von weißen Polizisten erschossen worden waren und es bundesweit zu Protesten kam, stand Officer Steven Dooly, der weiße Polizist mit den schwarzen Kindern, plötzlich zwischen den Fronten.
Rebekka Endler beschloss, ihre Gasteltern von einst wieder zu besuchen. Sie wollte herausfinden, was sich getan hatte im Leben von Dustin und Steven Dooly. In ihrer großen Reportage erzählt sie nun die Geschichte der Doolys. Die Geschichte eines Paares, das sich neu erfunden hat und seinen Prinzipien doch treu geblieben ist. In einem Land, das den Doolys, die es einst so sehr verkörpert haben, fremd geworden ist.
Foto: Philip Montgomery