Weg mit den alten Persern

Die Diktatur im Iran unterdrückt Kunst und Redefreiheit. Dreißig Jahre nach der islamischen Revolution stellen junge Fotografen jetzt mit subtilem Humor das System in Frage.

In weiten Teilen der Welt gilt Mahmud Ahmadinedschad als Erzbösewicht. Im eigenen Land kann man den iranischen Präsidenten auch nicht leiden, macht sich aber lieber über ihn lustig, als ihn zu verteufeln. Ahmadinedschad sieht der Werbefigur einer populären Chipsmarke ähnlich; statt seinen Namen zu nennen, redet man in Teheran oder Schiraz deshalb nur noch vom »Äffchen«. Auch der oberste religiöse Führer Ali Chamenei, dessen eminentes Amt ihn bis vor Kurzem über jede Kritik erhob, ist zur Zielscheibe von Hohn und Spott geworden.

So begann das Jahr, in dem mit großem Pomp das 30. Jubiläum der islamischen Revolution gefeiert wird, mit dem Verbot einer reformorientierten Tageszeitung und einer Hausdurchsuchung bei Schirin Ebadi, Friedensnobelpreisträgerin und prominenteste Oppositionelle des Landes. Bei weiten Teilen der Bevölkerung hat das Mullah-Regime inzwischen jeglichen Kredit verspielt, vor allem weil sich die Lebensbedingungen der Iraner, vom Westen kaum bemerkt, im vergangenen Jahr massiv verschlechtert haben. Iran ist zwar kaum ins westliche Bankensystem eingebunden und daher nicht direkt von der Finanzkrise betroffen, doch leidet die iranische Wirtschaft weiterhin unter dem langjährigen US-Handelsembargo, und auch der Verfall des Ölpreises trifft das Land; der iranische Haushalt kalkuliert mit einem Ölpreis von 90 Dollar pro Fass, nun ist, bei deutlich niedrigeren Öl-Erlösen, kein Geld mehr da für den Import von Maschinen und Konsumgütern. Die Folge: steigende Preise und Mieten, sinkende Löhne, zunehmende Arbeitslosigkeit.

Indiz für die allgemeine Missstimmung ist auch das gigantische Drogenproblem des Landes: Selbst offizielle Schätzungen gehen von 1,1 Millionen Süchtigen aus – bei 71 Millionen Einwohnern ist das Weltrekord. Das Regime hat den Menschen derweil wenig mehr zu bieten als dröhnende Propaganda, deren Quintessenz darin besteht, sich dem Rest der Welt im Märtyrergestus entgegenzustellen.

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Trotz Mullahs bleibt Persien eine alte Kulturnation mit lebendiger Zivilgesellschaft. Das Verbot von politischer Betätigung hat manchen resignieren lassen, aber auch viele Künstler zur kreativen Auseinandersetzung mit dem Regime angestachelt, sodass die iranische Kunst in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebte.

Im kürzlich erschienenen Band Iranian Photography Now (Hatje Cantz Verlag), aus dem die Bilder auf diesen Seiten entnommen sind, lüften zahlreiche Fotokünstler den Schleier, der das Land umgibt. So unterschiedlich die Bilder sind, haben sie doch eines gemeinsam: Sie stellen alle eine Abkehr von der freudlosen, schwarz-grauen Bart-und-Turban-Ästhetik dar, die Teil der Mullah-Ideologie ist; an die Stelle von Märtyrerposen treten dabei Modernität, Pluralismus und ein unverkrampfter, aber dennoch selbstbewusster Umgang mit dem Westen. Insofern sind diese Fotos Vorboten politischer Veränderungen, die bereits in der Luft liegen, auch wenn noch offen ist, wie sie erreicht werden können.

Fotos: aus Iranian Photography Now