»Ich glaube, dass wir vor einer Welle des Ökofaschismus stehen«

Der Klimawandel ist nicht nur ein technisches Problem, sondern auch eine Frage der Kommunikation. Die kanadische Autorin Naomi Klein spricht über heuchlerische Konzerne, ängstliche Politiker und die fragile Kraft der Nächstenliebe.

Naomi Klein hatte nie ein Problem damit, sich als Galionsfigur der ­Klimabewegung zu exponieren. Aber jetzt will sie weniger reisen – im Herbst übernimmt sie eine Stelle als Associate Professor an der ­Universität von British Columbia in Vancouver, Kanada.

Foto: Tim Bauer/Headpress/laif

SZ-Magazin: Frau Klein, in Nordamerika werden Höchsttemperaturen gemessen, es kommt zu Flächenbränden. Gleichzeitig spülen Hochwasser in Deutschland halbe Ortschaften weg, eine Flut, die Hunderte Todesopfer fordert. Ist es schon zu spät, um gegen die Folgen der Erderwärmung wirksam etwas zu tun?
Naomi Klein: Nein, wir müssen trotzdem tun, was wir können. Aber immer mehr Menschen verstehen jetzt, dass die Klima­katastrophe nicht das Problem von irgend­jemand anderem ist, auch kein abstraktes Thema für ungeborene Enkelkinder.

Trotzdem merken wir gerade auf brutale Weise, dass noch immer viel zu wenig getan wurde. Dabei dachte man zuletzt, wir hätten Fortschritte gemacht.
Gewisse Fortschritte gibt es ja, immerhin. Ich finde zum Beispiel bemerkenswert, dass der Klimawandel trotz der Pandemie als Thema nicht verschwunden ist. Wenn Sie bedenken, wie andere Krisen in der Vergangenheit das Thema Klima immer schnell von der Tagesordnung verdrängt haben, zum Beispiel die Finanzkrise 2008: Da war die weltweite Stimmung sofort, okay, vergessen wir mal diese Klimasache. So war es dieses Mal nicht.