Michelle Obama: Die wahre No. 1

Barack Obama tut alles, um das Amt des US-Präsidenten neu zu definieren. Das Aufregendste an ihm aber ist dann vielleicht doch: seine Frau Michelle. Ihr Auftreten, ihr Einfluss, ihre Wirkung - sechs Essays über die charmanteste Neuerung im Weißen Haus.

    Fast eine Queen
    Warum Michelle Obama die perfekte Projektionsfläche für amerikanische Sehnsüchte ist.

    Von Joseph O'Neill Europäische Einwanderer wie mich verblüfft die Faszination, die Michelle Obama auf die Vereinigten Staaten ausübt. Eine First Lady besitzt keine ordentliche Macht, und daher erstreckt sich die politische Relevanz Mrs. Obamas bestenfalls darauf, wie sie ihren Ehemann im privaten Umgang dazu befähigt, sein Amt auszuüben. Ob sie nun zum Frühstück lieber Tracy Feith oder Isabel Toledo trägt und morgens eher zu Croissants oder Muffins greift, kann uns wirklich gleichgültig sein. Natürlich ist es das nicht. Wir sind davon gefesselt. Allem, was sie tut, wohnt ein Zauber inne, oder auch nicht.

    Schnell wird einem klar, dass dies mehr ist als wieder nur der ganz banale popkulturelle Voyeurismus. Es geht hier um eine gleichsam royalistische Tendenz in der amerikanischen Politik. Unsere Zustimmung ist zum Teil fatalistisch – wie kann eine First Lady, speziell eine schöne und intelligente Afroamerikanerin, nicht zur Kultfigur werden? –, aber auch schlicht an den möglichen Folgen ausgerichtet: Was schadet es schon? Doch diesen zweiten Gedanken sollten wir hinterfragen.

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    Es steht außer Zweifel, dass eines der schlimmsten Merkmale der Bush-Regierung die rechtswidrige Ausweitung ihrer Machtausübung war; dass dies nicht ohne unser stillschweigendes Einverständnis stattfinden konnte; dass unser stillschweigendes Einverständnis aus einer Form von Massenunterwürfigkeit heraus entstand; dass diese Unterwürfigkeit auf einer uralten menschlichen Sehnsucht beruht, beherrscht zu werden (ja, ja, eine solche Sehnsucht existiert) und dass diese Sehnsucht dem amerikanischen Ideal einer Republik entgegenwirkt, nämlich, sich nur der Verfassung zu unterwerfen. Niemand hat Michelle Obama in ihr Amt gewählt, das rechtlich gesehen eine Nichtigkeit ist. Wir haben sicherlich ein gewisses Anrecht darauf, sie bewundern zu dürfen, aber es gibt einen Punkt, an dem die Verehrung für die First Lady das Verlangen befeuern kann, uns beherrschen zu lassen – mit anderen Worten: das düstere Vorrecht zu bejahen, von dem unser letzter Präsident Gebrauch machte, mit verhängnisvollen Folgen.

    Die feine Ironie besteht darin, dass Mrs. Obama kein Interesse an der inoffiziellen politischen Macht gezeigt hat, die wir zufälligen Bewohnern des Weißen Hauses einräumen. Sie ist nicht Hillary Clinton. Und Barack Obama, so er denn für irgendetwas steht, steht für Rationalität, Rechtmäßigkeit und Transparenz; und er widersetzt sich vehement der Vorstellung, dass der Präsident letztlich an eine Reihe fundamentaler Werte jenseits der Verfassung gebunden sei, die sich nur ihm allein erschließen. Dies zumindest ist Grund für verhaltenen Jubel.

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    (Lesen Sie auf der nächsten Seite: Michelle Obamas wahres Geheimnis)

    Nicht von dieser Welt
    Ihr wahres Geheimnis

    Von Sam Anderson

    Michelle Obama ist auf überragende, verblüffende, inspirierende, beunruhigende, besänftigende, Nationen-vereinigende, internationale-Zwischenfälle-hervorrufende Weise groß. Unter den First Ladys könnte nur Eleanor Roosevelt, die in Arbeitsstiefeln auf zwei Meter zwanzig kam, ihrer gebieterischen Höhenlage das Wasser reichen. (Jackie Kennedy war in Wirklichkeit nur Einssiebenunddreißig groß und absolvierte alle öffentlichen Auftritte auf formschönen fleischfarbenen Stelzen.) Mrs. Obamas exakte Körpergröße wird nun schon seit vielen Jahren ernsthaft diskutiert. Manche offiziellen Stellen taxieren sie auf einsachtzig, andere auf einsfünfundsiebzig oder einssiebenundsiebzig.

    Wieder andere bestehen darauf, dass sie gewöhnliche menschliche Körpermaße komplett sprengt. Unendlich erschwert wird die ganze Debatte durch Mrs. Obamas Fähigkeit, unsere Wahrnehmung ihrer Körpergröße durch ihren viel gerühmten »Modegeschmack« zu beeinflussen: In Kleidung mit horizontalen Streifen und auf einer durchschnittlich großen Chaiselongue drapiert, vermag sie den Eindruck zu erwecken, dass sie nur ein bis eineinhalb Meter größer ist als neben ihr sitzende Staatsoberhäupter. Aber vor einigen Jahren trug sie zu einer Spendenveranstaltung ein Paar außergewöhnlich hohe Absätze, worauf sich Pluto um drei Grad aus seiner Umlaufbahn bewegte, was ihn den Status als Planeten kostete. Manche Astronomen vermuteten, dass aufgrund der begrenzten Lichtgeschwindigkeit ein Lächeln Michelle Obamas in Wirklichkeit das Mienenspiel ist, das sie ein halbes Jahr zuvor gezeigt hat. Ein weiteres Zeugnis ihrer überirdischen Weisheit ist also die Fähigkeit, diese Gesichtsausdrücke mit Ereignissen zu koordinieren, die zum jetzigen Zeitpunkt auf der Erde geschehen.

    Der ehrfurchtgebietende Riesenwuchs der First Lady ist natürlich nicht völlig ohne Belang. In der antiken ägyptischen Bildhauerkunst war die Körpergröße sehr präzise mit dem gesellschaftlichen Rang gekoppelt, und in unserer Kultur ist dieses instinktive Vorurteil noch immer zu spüren. Wir projizieren Abbilder unserer gesellschaftlich herausragenden Mitbürger auf Plakatwände in Gebäudehöhe und auf Bildschirme von der massivsten Größe, die die Technik hergibt. Die nicht-gigantische, reale menschliche Präsenz eines Filmstars öffnet einem häufig die Augen und ist enttäuschend – wir fühlen uns hintergangen. Michelle Obama kommt unserem kindlichen Wunsch nach perfekter Verbindung zwischen Körpergröße und Ruhm nach. Sie ist, wie nur wenige von uns, einfach lebensgroß.

    (Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die Michelles der Bundesrepublik Deutschland)

    Hinter jedem starken Mann...
    Die Michelles der Bundesrepublik Deutschland

    Von Evelyn Roll

    Doch, First Ladys haben politische Relevanz. In der öffentlichen Wahrnehmung verstärken sie auf subtile Weise jeweils ein signifikantes und meistens wahlentscheidendes Merkmal des Staats- und Regierungschefs, mit dem sie verheiratet sind. Ludwig Erhards Ehefrau, die Volkswirtin Luise Schuster, unterstrich durch Ausbildung und Auftreten die Wirtschaftskompetenz ihres Mannes deutlicher, als die dickste Zigarre das vermocht hätte.

    Willy Brandt war durch die elegante, sozialistische Norwegerin an seiner Seite noch unbedingter der saubere, mit keinerlei Nazidreck verunreinigte Gefühlslinke. Hannelore Kohl verkörperte durch ihr zunächst selbst gewähltes Barbie-Puppen-Schatten-dasein das bieder-traditionelle Weltbild der seinerzeitigen CDU. Helmut Schmidts idealsozialdemokratische Herkunft und Bildungsgeschichte wurde verstärkt durch die aus noch viel ärmlicheren Verhältnissen zur Lehrerin, obersten Pflanzenschützerin und Kanzlergattin aufgestiegene Loki. Die Journalistin Doris Schröder-Köpf schließlich überzog das ohnehin schon starke Medienkanzlerimage Gerhard Schröders mehr, als für beide gut gewesen ist. Die Sache funktioniert auch mit toten Ehefrauen und sogar mit Ehemännern. Die Glaubwürdigkeit des einsam aufrechten Staatsindianers Konrad Adenauer nährte sich auch von der Tatsache, dass seine (zweite) Ehefrau Gussi Zinser an den Spätfolgen einer Krankheit gestorben war, die sie sich während der Gestapo-Haft zugezogen hatte. Und der öffentlichkeitsasketische Physikprofessor Joachim Sauer verstärkt durch jeden seiner seltenen Auftritte nicht nur Angela Merkels Image als naturwissenschaftliches Superhirn, sondern, einfach weil er ein Mann ist, auch das wichtigste Alleinstellungsmerkmal dieser ersten Bundeskanzlerin Deutschlands.

    Ganz ähnlich funktioniert es auch bei den Obamas. Michelle Obamas Lebensgeschichte ist die eigentliche Emanzipation des schwarzen Amerikas. Erst durch sie wird der Sohn eines Kenianers und einer weißen Amerikanerin zum Schwarzen im Sinn der amerikanischen Sklaven- und Befreiungsgeschichte, zum ersten Schwarzen im Weißen Haus. Deswegen brechen die Menschen auf der ganzen Welt in Hoffnungsfreudentränen aus, nicht so sehr wegen der wirklich schönen Oberarme der Michelle Obama.

    (Lesen Sie auf der nächsten Seite: Die ewigen Diskussionen über Michelle Obamas Modestil.)

    Das ewige Thema
    Die Diskussionen über ihr modisches Empfinden

    Von Rivka Galchen

    Meine Mutter findet, unsere neue First Lady sollte kürzere Röcke tragen. Hübsche Beine seien doch schließlich ein netter Anblick. Darüber führen wir so manche Diskussion, aber nur ganz selten reden wir zum Beispiel über die Probleme der Kriegsveteranen, und wir haben deshalb schon ein schlechtes Gewissen, aber auch nicht allzu sehr.

    Unsere Freunde führen auch solche Gespräche. Wie auch die Freunde unserer Freunde. Eine Diskussion über Michelles Kleidung hat inzwischen den gleichen Stellenwert wie eine Unterhaltung über das Wetter oder über den derzeitigen Ölpreis; wir scheinen alle der Meinung zu sein, dass der Saum der neuen First Lady nicht nur ein x-beliebiger Saum ist. Meine Mutter und mich beschäftigt die Frage, in welchem Bezug die Mode Michelle Obamas beispielsweise zu Serena Williams mit ihren Tennisröckchen steht oder zu Jackie Onassis in ihren A-Linie-Kleidern. (Und an dieser Stelle sind wir wieder unentschlossen, ob wir jetzt ein schlechtes Gewissen haben müssen, weil das die ersten Vergleichspersonen sind, die uns dazu einfallen.)

    Wenn sich die neue First Lady nun in einem glitzernden, aufgeplusterten weißen Abendkleid mit nur einem Träger zeigt, das der 26-jährige taiwanesisch-stämmige Designer Jason Wu entworfen hat, bedeutet das dann, dass sie Cinderella ist? Die Braut der Nation? Dass sie unangebrachte Vorurteile gegenüber schwarzen Designern hegt? Dass sie ältere Menschen verachtet? Dass sie muskulöse weibliche Oberkörper ins Blickfeld rücken will?

    Folgendes scheint denkbar: Betrachtet man die Variablen Ärmel, Saumlängen, Stoffe und Kleiderpreise sowie Nationalitäten, Hautfarbe, Geschlecht und Alter der bevorzugten Designer der neuen First Lady, dann kann, unter Berücksichtigung des jeweiligen Algorithmus, den Beobachter zur »Entschlüsselung« der »Aussage« jedes einzelnen Outfits ansetzen, die neue First Lady alles zugleich ausstrahlen: eine Botschaft der Liebe oder des Hasses; eine verantwortungslos sozialistische Haltung und den Beweis dafür, dass der Markt alles und jeden frisst; und die nur unzureichend eingestandene Wahrheit, dass wir alles erreichen können, wenn wir nur an das Gute in der amerikanischen Seele glauben.

    Es ist verlockend, sich einfach auf den Standpunkt zurückzuziehen, dass jeder Modestil gar nichts bedeutet, da er doch alles bedeuten kann. Und es ist sagenhaft, wie viele Bedeutungen sich bequem in das Nichts einpassen lassen, wenn man sich erst diesen Ausweg eröffnet hat! Nachdem zum Beispiel jeder ausgewählte Stoff als Kommentar zu allen Stoffen gelesen werden kann – sogar als Kommentar über das Holz, aus dem Amerika geschnitzt ist –, erübrigt sich zu guter Letzt jeder Kommentar. Woraufhin Michelles Saumlänge … zu ihrer Saumlänge wird. Ihr ärmelloses Kleid … zu ihrem ärmellosen Kleid. Ihre Beine… ein netter Anblick. Das macht die Sache einfacher, finden meine Mutter und ich, und fühlen uns nicht mehr so schlecht. Aber auch nicht ganz ehrlich.

    (Lesen Sie auf der nächsten Seite: Wie Michelle Obama ihren Mann auf Normalmaß schrumpfen lässt.)

    Die Macht der Liebe
    Wie man den Präsidenten auf Normalmaß schrumpfen lässt.

    Von David Samuels

    Aus der Sicherheit heraus, in der sie bei ihren Eltern aufwuchs, scheint Michelle Obama von der radikalen Neuerfindung ihres Ehemannes und von seinem Wunsch, sich von der Menge abzuheben, zugleich begeistert und überrumpelt zu sein. Seine Persönlichkeit formte sich in der ruhigen, aber intensiven Auseinandersetzung mit seiner gemischten Herkunft und mit der Tatsache, dass Vater und Mutter ihn wegen anderer Prioritäten im Stich ließen. Michelle wird dagegen immer die Königin einer edlen schwarzen Mittelklasse-Gegend in Chicago bleiben, wo ihre Eltern sie umsorgten und ihr Bruder ein Basketballstar war.

    Michelles Ehrgeiz hat deutliche Grenzen. Sie besuchte ausgezeichnete Schulen, hatte ordentliche Noten, hielt sich von überbordend intellektuellen Gedankenspielen fern und übte eine Reihe zweckmäßiger, bescheiden bezahlter Berufe aus, während sie gleichzeitig den ambitionierteren Träumen ihres Gatten Platz einräumte und zwei bezaubernde Töchter groß zog. Weil sie in ihre Überlegungen hinsichtlich Familie und Beruf die Zuversicht auf ein normales persönliches Glück mischt, gibt sie ein weitaus pragmatischeres Vorbild für junge Frauen ab als Hillary Clinton.

    Der Umstand, dass Barack ihr weiterhin ganz unverhohlen verfallen zu sein scheint, zollt der gemeinsamen Begabung der Obamas Tribut, anderen Menschen Ruhe einzuflößen. Barack Obama allein würde uns Unbehagen bereiten. Michelle neutralisiert unsere Reaktion auf die existenzielle Entfremdung ihres Ehemannes, indem sie unser Unbehagen teilt und zugleich in ihn verliebt ist. Sie fand seine literarischen und politischen Ambitionen über die Maßen nutzlos. Sie stellte ihn erst auf den Prüfstand, bevor sie ihn heiratete, zog seinen seltsam anmutenden Namen durch den Kakao, wollte ihm regelmäßige Schlafenszeiten eintrichtern und machte sich Sorgen, dass er keinen normalen Beruf ergriff. Ihren Mann, dessen Meisterschaft in politischem Kalkül das Normalmaß um bis zu zehn Dimensionen überschreitet, überzeugte sie davon, dass sie das Nonplusultra sei.

    Einem Helden übermenschliche Qualitäten zu verleihen und ihn dann durch die Liebe verletzlich zu machen, ist ein literarischer Schachzug, der bis zu den alten Griechen zurückreicht. F. Scott Fitzgerald hätte die Obamas geliebt, obwohl man den Verdacht hegen muss, dass er Michelle eher die Aura einer Wahnsinnigen verliehen oder sie zu einer schwarze Ausgabe der Jordan Baker gemacht hätte: mysteriös und cool, zart lesbisch angehaucht. Liebe macht alle gleich und sie mindert die Missgunst des Lesers gegenüber einem überaus begnadeten Helden.

    (Lesen Sie auf der nächsten Seite: Michelle Obamas Gesichtsausdruck als Regierungsbarometer.)

    Land des Lächelns
    Michelles Gesichtsausdruck als Regierungsbarometer

    Von Andrew Holleran

    Der traditionelle Gesichtsausdruck der First Lady ist eine Parodie vornehmer Geziertheit: eine gespenstische Kombination aus Herzlichkeit, Güte und Zurückhaltung. Derzeit jedoch nicht. Was einem in Michelle Obamas ersten Monaten im Weißen Haus an ihrer Miene auffällt, ist diese Energie, diese Begeisterung, diese Freude an den Dingen. Selbst das triste Schwarzweiß eines Fotos von den Obamas in der Washington Post – in der Präsidentenloge des Kennedy Centers, beim Besuch einer Aufführung der Alvin Ailey Dance Company – kann den Eindruck nicht trüben, dass die beiden sich blendend amüsieren. Wie sie da ins Publikum winken, verströmen sie einen Glanz von unglaublicher Wattzahl. Wie soll man Michelles Gesichtsausdruck sonst beschreiben? Journalisten sehen natürlich gern ein Lächeln, und das ihre ist so strahlend, so blendend, dass sie an Doris Day erinnert. (Manchmal umgibt die Obamas in vielerlei Hinsicht eine seltsame Fünfzigerjahre-Aura.) Ein Lächeln mit viel Zahnfleisch, ein ungekünsteltes Grinsen.

    Es gibt keinerlei Beweis, dass Jackie Kennedy, die Mona Lisa der Präsidentengattinnen, überhaupt Zähne hatte. Oder Laura Bush, deren Lächeln so verschlossen war, dass sie einem bekifft vorkam – ein aufgetünchter Gesichtsausdruck, der nichts preisgab. Bei Michelle gibt es keine Heuchelei. Wenn sie nicht lächelt, kann sie sehr starr anmuten.

    Deswegen wird ihr Gesicht einer der Seismografen dieser Regierung sein. Eine First Lady, in deren Gesicht – nach Laura Bushs perfekt austarierter Weigerung, auch nur den geringsten Gedanken oder das leiseste Gefühl preiszugeben, und Hillary Clintons Unvermögen, den Eindruck zu vermitteln, auch nur einer ihrer Gesichtsausdrücke sei nicht im Voraus geplant – sich Gefühl und Intelligenz und Ernsthaftigkeit widerspiegeln, ist beunruhigend. Bis dato durften wir die Veränderungen im Gesicht des Präsidenten während seiner Amtszeit beobachten – tendenziell hin zu Ermattung und zu Sorgenfalten. Dieses Mal wird es interessanter sein, ihre Entwicklung zu verfolgen und zu sehen, ob sie es vier Jahre später gelernt haben wird, ihre Gefühle zu verbergen.

    (Auf der nächsten Seite finden Sie einen Lebenslauf von Michelle Obama)

    Lebenslauf von Michelle Obama:
    17. Jan. 1964: geboren als Michelle LaVaughn Robinson in Chicago.
    1985: Bachelor-Abschluss an der Universität Princeton in Soziologie. "Princeton hat mich stärker als alle vorherigen Erfahrungen für mein "Schwarz-Sein" sensibilisiert", schreibt sie in ihrer Diplomarbeit.
    1988: Abschluss des Jurastudiums in Harvard; Mitarbeiterin bei der Anwaltskanzlei Sidley Austin. Beklagt sich bald bei ihren Vorgesetzten, dass ihre Aufgaben nicht interessant genug seien.
    1989: Soll sich als Mentorin Barack Obamas annehmen, eines Hospitanten bei Sidley Austin.
    Juli 1991: Verlässt die Anwaltskanzlei: "Wenn ich noch vier Monate zu leben hätte, würde ich damit meine Zeit verbringen wollen?" Nimmt eine Stelle in der Kommunalverwaltung beim Bürgermeister von Chicago, Richard M. Daley, an.
    18. Okt. 1992: Hochzeit mit Barack Obama in Chicago.
    7. Nov. 2000: Barack Obama verliert das Rennen um einen Platz im amerikanischen Kongress. Michelle behauptet, das Einzige, was ihr am Wahlkampf Spaß gemacht hätte, war, sich aus den Wohnzimmern anderer Menschen
    Inspirationen für die Inneneinrichtung zu holen.
    2002: Wird Direktorin im Büro für Gemeindeangelegenheiten an der Uniklinik von Chicago.
    2. Nov. 2004: Barack Obama wird zum US-Senator des Bundesstaates lllinois
    gewählt.
    25. Februar 2008: Erscheint auf dem Titelblatt von Newsweek. "Ich wurde als diese überdominante Ehefrau dargestellt… Glaubt denn irgendwer, man könnte Barack Obama zum Pantoffelhelden machen? Also, mal ehrlich …"
    2. Juni 2008: Schlagzeile im Time Magazine: "Wird Michelle Obama Barack bei der Wahl schaden?"
    25. August 2008: Spricht vor der Democratic National Convention, der Wahlversammlung der Demokraten, in Denver. "Der erste Abend lief Gefahr, zum Strohfeuer zu werden. Aber Michelle hat es umgebogen", behauptet der Politologe David Gergen auf CNN.
    20. Jan. 2009: Barack Obama wird zum 44. Präsident der USA ernannt.
    März 2009: Erscheint auf dem Titelblatt der amerikanischen Vogue: "Wenn ich irgendeinen Einfluss haben möchte, dann, dass sich Frauen wohl in ihrer Haut fühlen und an der Mode freuen."

    Texte aus dem Amerikanischen von Stephan Klapdor.
    Fotos: ap, afp, dpa, Getty, Reuters