Der eine oder die andere mag sich erinnern, wie es war, als es die DDR noch gab, jenen vor 30 Jahren von seinen eigenen Bürgern beseitigten Staat, den man durchqueren musste, wenn man vom Bundesgebiet nach Berlin reiste oder eben auch von Berlin ins Bundesgebiet. Man fuhr zum Beispiel mit dem Zug. Bald betraten Uniformierte das Abteil, die Pässe kontrollierten. Die Grenzpolizisten trugen vor dem Bauch eine Art Tasche, aus der sie ein Brett herausklappen konnten. Sie hatten auf diese Weise einen Schreibtisch um den Hals hängen, auf dem sie Pässe abstempelten oder sonstige Schreibarbeiten verrichteten.
Auf rührende Art erinnerte das an die Unvollständigkeit des menschlichen Körpers. Warum ist, wenn Menschen einer Stempelunterlage bedürfen, ihnen nicht eine solche eingebaut? Anders gefragt: Warum gehören zu unseren leiblichen Gegebenheiten Hände und Arme zum Schreiben, nicht aber Schreibplatten, die wir uns mühsam suchen oder sogar um den Hals hängen müssen? Was ja der Würde jener DDR-Repräsentanten durchaus abträglich war und das Mürrische, das jeder Grenzpolizist ausstrahlte, sofort erklärte. Wer je mit einem vor dem Körper baumelnden Schreibtisch spazieren gegangen ist, weiß, was ich meine. Man fühlt sich seltsam.
Hätte uns die Schöpfung aber, unterhalb der Rippen, einen kleinen ausziehbaren Tisch eingebaut, wäre das anders. Er wäre einfach Teil unseres Bauplans, verstehen Sie? Es ist doch beispielsweise auch nicht einzusehen, dass Kraken acht Arme haben und Kalmare zehn, wir aber nur zwei, wovon einer bei den meisten Menschen heute schon mit dem Halten der Trinkflasche belegt ist. Ich persönlich könnte mindestens zwei weitere Arme im täglichen Lebensvollzug gut gebrauchen und habe bei den zuständigen Stellen solche auch schon vor längerer Zeit beantragt. Allein: Man hält es nicht einmal für nötig, mir den Eingang meines Schreibens zu bestätigen.
Jedenfalls musste ich an all dies denken, als ich auf Twitter den Stuhl zum Anziehen entdeckte, the wearable chair. Man muss sich das als eine Art Zusatzhose vorstellen, an der hinten zwei ausklappbare Aluminiumbeine befestigt sind – sodass man sich jederzeit setzen kann. Das ist ja ein menschliches Grundbedürfnis: sich jederzeit mal setzen zu können. Unser Körper ist dazu aber nicht gemacht, zumindest wenn man nicht auf dem Boden sitzen will. Immer brauchen wir einen Stuhl oder ein Sofa. Mit dem wearable chair wird hier Abhilfe geschaffen.
Auf Twitter werden vorwiegend zwei Einwände geltend gemacht. Erstens: Die Stuhlhose sehe lächerlich aus. Zweitens: Ihre Träger könnten zwar jederzeit sitzen, normale Stühle oder Bänke jedoch nicht mehr nutzen, da sei eben dann dieser ass prong (also etwa die Arschzacke) im Wege. Dazu ist zu sagen: Die Lächerlichkeit haben jene zu verantworten, die uns im Rahmen des Schöpfungsvorganges zwei ausfahrbare Sitzknochen verwehrten. Und: Stuhlhosenträger benötigen keine Stühle oder Bänke mehr, diese sind deshalb ohnehin unverzüglich zu entsorgen. Platz dem Hosenstuhl!
Ich finde es traurig, dass man so mühsam nach solchen Erfindungen suchen muss, ja, dass man erst zufällig nach stundenlangem Surfen im Netz darauf stößt. Das Klettband um Kopf, Kinn und Hals, an dem man daheim Fernbedienungen und Telefone befestigen kann, sodass man sie nie mehr suchen muss. Die Kochlöffel-Drumsticks, die sowohl zum Kochen als auch zum Trommeln zu verwenden sind. Der Gabelaufsatz für den Kugelschreiber, mit dem im Büro kein Essbesteck mehr benötigt wird.
Redet nur alle von Klimawandel, Brexit und Trump! Ich werde mich nun an die Erfindung des Mantelbetts machen, eine Kombination von Winterkleidung und Schlafgelegenheit, mit der man sich jederzeit und überall zu einem Nickerchen hinlegen kann.