Wasser kochen, aufbrühen, ziehen lassen. Tee kochen kann jeder. Aber kochen mit Tee? Im holzvertäfelten Salon der französischen Teehandlung »Mariage Frères« duftet es aus jeder der bis zur Decke aufgereihten Dosen unterschiedlich, aber immer nach Tee. Und es schmeckt auch so: Seit mehr als dreißig Jahren werden hier Menüs serviert, die sich ganz den getrockneten Pflanzen widmen, vom Salat mit Grüntee- Vinaigrette über Entenleber mit Schwarztee-Karamell bis zu Lachs mit Matcha. Schon in der traditionellen japanischen Küche wurde Tee verwendet, und momentan färbt er auf der westlichen Hemisphäre so ziemlich alles grün: Eis, Kuchen, Schnitzel. Fragt man bekannte Restaurantchefs in Europa und den USA, hatten fast alle von ihnen bereits Tee auf ihrer Speisekarte stehen. Das liegt nicht nur am vielseitigen Geschmack der Blätter, sondern auch an deren Einsatzmöglichkeiten: Als Beize, Gewürz, Gelee oder Dressing eignet sich Tee für viele Gerichte von Hausmannskost bis Molekularküche. Eine Grundregel jedoch gilt immer: erst einmal ziehen lassen. Seien es nur die klassischen drei Minuten – oder sogar 24 Stunden lang.
Alle Rezepte für jeweils vier Personen
Jakobsmuscheln mit Tarry-Souchong-Teeöl
empfohlen von »Mariage Frères«, Paris
16 Jakobsmuscheln, 300 ml Sonnenblumenöl,4 TL Tarry-Souchong- Teeblätter, Salz, Pfeffer, 500 g chinesischer Rettich (Mooli), 500 g Karotten, 500 g Zucchini, 75 g Butter
Für das Teeöl am Vortag das Sonnenblumenöl in einem großen Topf erhitzen. Teeblätter unterrühren, salzen, pfeffern und alles mit dem Pürierstab pürieren. Die Mischung bei niedriger Stufe sechs Stunden warm halten und gut ziehen lassen. Am nächsten Tag das Teeöl umrühren, passieren und während der restlichen Zubereitung leicht erwärmen. Gemüse in Julienne schneiden und kurz blanchieren. Jakobsmuscheln waschen und erst kurz vor dem Servieren düns-ten. Gemüsejulienne in einer Pfanne mit Butter bei niedriger Hitze anbraten. Auf jedem Teller eine Portion Gemüse platzieren und die Jakobsmuscheln drumherum garnieren. Alles mit Teeöl beträufeln.
In Grüntee gebeiztes Wildlachsfilet mit Wachteleiern
empfohlen vom Restaurant »Annisa«, New York City
1 Wildlachsfilet, entgrätet mit Haut. Für die Beize: 180 g Salz, 60 g Zucker, Abrieb von 3 Zitronen, 1 Bund Frühlingszwiebeln, grob gehackt, 10 Scheiben Ingwer, 2 EL schwarze Pfefferkörner, 40 g Grüntee, ein Schuss Sake. Für die Tee-Eier: 2 Dutzend Wachteleier, 120 ml Sojasauce, 40 g Schwarztee mit Rauchnote (etwa Lapsang Souchong), 1 EL Reisessig. Für die Sauce: 120 g Seidentofu, 1 TL Matcha, etwas weiße Sojasauce, 1 Bund Frühlingszwiebeln, nur grüne Enden, blanchiert und abgeschreckt
Zutaten für die Beize vermengen und gleichmäßig auf beiden Filetseiten verteilen. Filet abgedeckt 24 Stunden im Kühlschrank ziehen lassen. Dann überschüssige Beize abtupfen und Filet in hauchdünne Streifen schneiden. Wachteleier in einen kleinen Topf geben, mit Wasser bedecken und zum Kochen bringen. Abtropfen. Eierschalen an allen Seiten sanft aufschlagen. Nun Sojasauce, Schwarztee und Reisessig in den Topf geben und die Eier darin 30 Minuten köcheln lassen. Dann Eier in Eiswasser geben und schälen – sie haben nun eine marmorierte Oberfläche. Alle Zutaten für die Sauce im Mixer zu einer homogenen Masse verrühren und nach Bedarf abschmecken. Zum Anrichten jeweils eine Scheibe Lachs zu einer kleinen Rosette rollen, etwas Sauce und ein Wachtelei hinzufügen, Teller mit einer Prise Matcha bestreuen.
Pochierte Langostinos im Verbenensud mit jungen Erbsen
empfohlen vom Restaurant »Les Deux«, München
12 große Langostinos (Kaisergranate), 200 g Zitronengras, etwas Butter, 200 ml Weißwein, 100 ml Noilly Prat, 600 ml Geflügelfond, 250 ml Sahne, Salz, Muskat, Limettensaft, 20 g Verbenentee, 1 kg frische Erbsen, Erbsenkresse zum Dekorieren
Die Langostinos von der Schale lösen. Zitronengras in kleine Stücke schneiden und mit etwas Butter anschwitzen. Mit Weißwein und Noilly Prat ablöschen, bis auf die Hälfte reduzieren und mit Geflügelfond auffüllen. Auf die Hälfte reduzieren, Sahne dazugeben. Mit Salz, Muskat und Limettensaft abschmecken und passieren. Den Verbenen- tee 10 Minuten in der Sauce ziehen lassen und danach absieben. Die Erbsen in kochendem Wasser blanchieren. Die Langostinos in der siedenden Verbenensauce garen, bis sie eine leichte Spannung haben. Dann die Langostinos in einem tiefen Teller anrichten, Erbsen darüberstreuen, Sauce mit dem Mixstab aufrühren und über die Langostinos gießen. Mit der Erbsenkresse ausgarnieren.
Clementinensorbet mit Darjeeling-Gelee
empfohlen vom Restaurant »Lyle’s«, London
4 g Darjeeling-Tee, 5 g Gelatine, 20 mittelgroße Clementinen, 60 g Zucker, 12 g Sorbet-Stabilisator
150 ml heißes Wasser (90° C) über den Tee gießen, drei Minuten ziehen lassen. Abgießen, Teeblätter noch mal mit 150 ml heißem Wasser aufbrühen, zwei Minuten ziehen lassen. Passieren, Gelatine zum Tee geben und rühren, bis sie sich auflöst. Kalt stellen, bis das Gelee stockt. Clementinen waschen, schälen, eine Hälfte davon in mundgerechte Stücke schneiden. Andere Hälfte der Clementinen auspressen. Einen großen Topf Wasser zum Kochen bringen, darin die Schalen vier Minuten lang blanchieren. Wasser abgießen, Vorgang wiederholen. Clementinenschalen und Clementinen mit einem Mixer zu einer homogenen Masse pürieren. Für den Sirup den Zucker mit 60 ml heißem Wasser verrühren. Sirup zusammen mit dem Clementinensaft und Sorbet-Stabilisator zum Püree geben. Fünf Minuten mit einem Handmixer auf niedriger Stufe verrühren. Die Mischung abgedeckt mindestens eine Stunde oder über Nacht kalt stellen. Gekühltes Püree in die Eismaschine geben, 30 Minuten rühren. Bis zum Servieren im Tiefkühler aufbewahren, mit Würfeln aus Darjeeling-Gelee anrichten.
Fotos: Reinhard Hunger; Styling: Volker Hobl