Der Freitag ist der Popstar unter den Wochentagen, der Schwarm aller Altersklassen. Auf Instagram bejubeln ihn Hunderttausende unter dem Hashtag #thanksgoditsfriday, er ist das Aufputschmittel des erschöpften Arbeitnehmers. Auch ich himmelte ihn an. Und nahm freitags auch gern frei. Das war mein Ticket in ein extralanges Wochenende. Urlaubsschein abgeben, Zug buchen, weg nach Salzburg, nach Prag, zumindest in die Heimat, herrlich. Aber ich fühlte mich auch immer ein wenig erpresst. Dieser Erholungsdruck. Bis ich entdeckte, dass der Donnerstag der viel bessere Freitag ist.
Klar wurde mir das an einem belanglosen Sommertag vor ein paar Jahren. Mein Auto musste in die Werkstatt, einziger freier Termin: Donnerstag. Ich nahm mir den Tag Urlaub. Der Mechaniker sagte dann an jenem Donnerstag, ich sei sein erster Kunde, heute arbeite man doch! Er auch, und das schnell, also saß ich kurz darauf wieder im Wagen. Den Rest des Tages verbrachte ich am See, links und rechts von mir mehr Tauben als Menschen.
Am Abend fuhr ich nach Hause. Fahle Gesichter blickten über ihre Lenkräder an mir vorbei. Nie fühlte sich der Sonnenbrand auf meiner Nase so gut an. Ich begriff: Donnerstags statt freitags Urlaub zu machen, bringt die doppelte Erholung. Es ist dann eine Woche, die zwei Wochenenden hat.
Die Historie beweist: Wer donnerstags wichtige Entscheidungen trifft, den erwartet Unheil. An einem Donnerstag stimmten die Briten für den Brexit. An einem Donnerstag verkündete der BER-Aufsichtsrat, dass der Flughafen ganz sicher 2013 fertig sein würde. An einem Donnerstag brachte Günter Schabowski mit einem Versprecher die Mauer und damit auch seinen Arbeitgeber zu Fall. An einem Donnerstag ging Air Berlin an die Börse. An einem Donnerstag zeigte sich Uli Hoeneß beim Finanzamt wegen Steuerhinterziehung an, allerdings mit unvollständigen Unterlagen.
Der Donnerstag ist der Tag der Ausgelaugten. Wer ihn freinimmt, macht sich zu einer kleineren Last für seinen Arbeitgeber, für die Gesellschaft und vor allem für sich selbst. Eine Ferienwoche im Jahr gegen fünf freie Donnerstage tauschen – das sollten die Krankenkassen ihren Kunden empfehlen.
Der deutsche Psychiater Emil Kraepelin entwickelte die »Arbeitskurve«: ein Diagramm, das ein übliches Leistungspensum über den Tagesverlauf beschreibt. Demnach kommt man morgens allmählich in Gang und wird dann immer produktiver. Nach dem Mittag fällt die Kurve ab, bis man – nach einem kleinen Zwischenhoch am Nachmittag – am Abend erschöpft ins Bett fällt und sich in der Nacht wieder erholt. Die Kurve, sagen Psychologen, lasse sich vom Tag auf die gesamte Arbeitswoche übertragen. Ausgehend davon ist der Donnerstag der unproduktivste Tag der Woche. Zum Wohle aller schlafe ich jetzt alle paar Wochen am Donnerstag aus.