Obgleich der Bär (Ursus arctos) für die Jagd kein wünschenswerthes Standwild ist, so wäre doch von Zeit zu Zeit ein Exemplar auf Besuch nicht unwillkommen, und besonders in unsern Hochalpen hat wohl jeder, der da gejagt, davon geträumt, ein Abenteuer mit dem grimmen Gesellen zu bestehen. Man muß dort die Jäger, die dergleichen erlebt haben, sehen, wie sich’s in ihnen rührt, wenn sie erzählen; wie’s lebendig wird in ihrem Bild, wie sie leiser sprechen, wenn’s d’ran kommt, der Bär sey so oder so erschienen, in einem Graben heraufgestiegen oder beim Mondschein durch eine »Sink« gewechselt, und wie sie beim Schuß dann laut werden und die Freude noch dieselbe ist, die sie war vor vielen Jahren, da die getreue Büchse wirklich geknallt, und an dem schwarzen Ungethüm sich Ehre errungen hat. Der Bär stand seit den ältesten Zeiten seiner Gewalt und Größe wegen in Deutschland in einem gewissen Ansehen und wie der Löwe in seiner Heimat, so galt er bei uns als der König der Thiere. Man getraute sich seinen Namen nicht geradehin auszusprechen, ebensowenig wie beim Wolf, sondern nannte ihn, gleichsam freundlich schmeichelnd, wenn er es etwa höre, den alten Großvater, Schwarzzahn, Süßfuß. Die von ihm hergenommenen Eigennamen Bernhart, Bernwin, Adalbern, Reginbern und der Gebrauch seines Bildes im Wappen bezeugen ebenfalls, daß er sich Achtung erworben. Ein Markgraf von Ansbach (1720) würdigte junge Bären, im Zimmer seines Prinzen auferzogen zu werden, um diesen zu einem herzhaften Jäger zu machen. Nach einiger Zeit aber wurde diese Gesellschaft doch nicht als ganz passend erachtet, da einer der Bären einen Bedienten durch die Hand biß. Der Bär galt als ein zwar grober, aber sonst ehrlicher und tapferer Geselle, der dem Feind mit breiter Brust entgegengeht und ihn mehr durch Umarmung erdrückt, als durch seine Zähne zerfleischt. Die nordischen Sagen erzählen wie vom Werwolf, so von der Verwandlung eines Menschen in einen Bären, welche mittelst eines Eisenhalsbands erfolge, und in Norwegen herrscht der Glaube, daß die Lappländer sich in Bären verwandeln. Der Bär ist einfach in seinen Sitten und vernünftig in der Wahl der Nahrungsstoffe. Er ist zufrieden mit Fleisch und Gemüse, wenn nicht mehr zu haben ist, sonst aber auch ein Freund der Fische, namentlich der Forellen, die er aus seichten Bächen zu holen weiß, und ein Liebhaber von Obst und Honig. Bekanntlich hält er einen Winterschlaf, dessen Träume durch den ihm geltenden Jagdlärm oft unangenehm gestört werden. Seine gewaltige Stärke ist bekannt. Man hat öfter beobachtet, daß ein Bär ein Pferd über 200 Schritte weit geschleppt hat und mancher befreite sich aus dem Bärenfang, indem er die Thüren trotz eiserner Bleche und Klammern auf unglaubliche Weise zerbrochen. Die Bärenjagd im 16. Jahrhundert und früher wurde mit starken, muthigen Hunden, Bären- oder Bollbeißern in der Art wie die Schweinsjagd gehalten; die Hunde trieben den bestätigten Bären auf, faßten ihn am Gehör und stellten ihn; dann gab der Jäger mit dem Bäreneisen den Fang auf den Stich oder geschah dieses durch mehrere. Bei einer solchen Jagd im Thüringerwald zu Anfang des 16. Jahrhunderts fing ein einziger Hund einen starken Bären und hielt ihn am Gehör so fest, daß er abgefangen werden konnte. Man schoß auch mit Pfeilen und begann dann die Hatz auf den verwundeten Bären.Wenn man im Bayerland überall eine Denktafel errichten wollte, wo ein Bär oder ein Wolf geschossen oder gefangen worden, man würde erschrecken und das ganze Land würde mit solchen Tafeln fast übersät seyn. Besonders im 17. Jahrhundert waren sie zahlreich verbreitet und auch noch im vorigen gab es Arbeit damit, gegenwärtig aber erscheinen sie nur sporadisch, als große Seltenheiten und haben als Standwild aufgehört. Da der Bär unter dem Edelwild großen Schaden anrichtet, und weil er sehr schlau ist, und oft weit umher wechselt, manche Jagd auf ihn fruchtlos gemacht wird, so bemühte man sich damals schon, wie später desselben durch Fangen in Gruben, Fallen und Eisen habhaft zu werden oder ihn mit Selbstgeschossen zu erlegen. Die lebendig gefangenen Bären, mit welchen die Fürsten sich gegenseitig Geschenke machten, wurden in die mit einer Mauer umgebenen Bärengärten gebracht und da aufbewahrt, um dann bei solennen Gelegenheiten gehetzt zu werden und in den sogenannten Kampfjagen Proben ihrer Stärke und Wildheit zu geben. 1822 wurde von dem damaligen Forstamtsaktuar Reisberger zu Ruhpolding ein Bär geschossen, 1826 und 1828 je einer zu Traunstein, und 1835 wieder einer zu Ruhpolding. Dieser letztere wurde in einem Treibjagen erlegt, welches der Forstmeister Dillis, der mit einigen Jägern den Bären frisch gespürt hatte, am 24. Oktober veranstaltete. Von den Hunden bald angetroffen kam der Bär in voller Flucht dem Jagdgehilfen Seb. Schlächter, welcher ihn bis auf 15 Schritte anlaufen ließ und dann auf den Kopf schoß. Die Kugel prallte aber auf dem Stirnbein ab, wie sich später zeigte, und der Bär wandte sich in den Jagdbogen zurück. Nach einiger Zeit kam er mit großem Geräusch von abgelassenen Steinen über einen Hang herunter und ging flüchtig über das 36 Schritt breite Griesbett des Schwarzachenbaches, welches der damalige Forstamtsaktuar Klein zu überschießen hatte. Klein gab ihm auf 80 Schritte Entfernung einen tödlichen Schuß hinter dem rechten Blatt, worauf der Bär sich bald niederthat und von den auf dem Schweiß nachsuchenden Jägern zur Vorsicht noch einige Schüsse erhielt. Er war von schwarzbrauner Farbe und wog 280 Pfund. Entnommen aus der Jagdfibel WILDANGER von Franz von Kobell, erschienen 1859.
Sag zum Abschuss leise Servus
Das bittere Ende von Brunos Vorgänger. Ein Jagdreport von 1859.