Haben Sie sich auch schon einmal über Rezepte geärgert, die – neben allerhand anderen Zutaten – auch 2 EL Brühe oder 50 ml Fond verlangen? Haben Sie sich gefragt, ob für dieses bisschen Flüssigkeit wirklich ein Huhn sterben muss, ob Sie sich dafür eine Stunde früher als gewöhnlich in die Küche stellen sollen? In besseren Restaurants ist es ein ungeschriebenes Gesetz, dass Wasser nie ins Essen gelangen darf, ohne zuvor eine aufwertende Wandlung erfahren zu haben. Es werde Brühe! Aber nur wenige von uns haben immer einen Vorrat Brühe im Eiswürfelbehälter eingefroren. Das bedeutet, dass statt der Brühe Wasser und ein Stück Brühwürfel im Essen landen – also Wasser, Salz und Geschmacksverstärker.
Warum diese Scheu? Obwohl ausreichende Regenfälle die Grundlage europäischen Reichtums sind, scheint uns Wasser aus dem Hahn wertlos. Selbst in Städten wie München, wo das Trinkwasser sogar noch besser ist als im Rest Deutschlands, akzeptieren die meisten Bürger Wasser als Getränk nur, wenn es in Flaschen auf den Tisch kommt. Wer nach einer bayerischen Redensart »auf der Brennsuppe (einer mehlgebundenen Wassersuppe) dahergeschwommen ist«, kommt aus einfachen Verhältnissen und gilt als schlicht. Und obwohl viele gute Köche mit Begeisterung Produkte der Armenküche wie Linsen oder Schweinebacken servieren, finden sie nicht den Mut, zwei Löffel Wasser in eine Sauce zu geben, die mit etwas Flüssigkeit besser bindet.
Dabei trinken nicht nur Vietnamesen das Kochwasser ihrer Gemüse, verdanken nicht nur thailändische Suppen ihre geschmackliche Klarheit vor allem Wasser und starken Gewürzen. Auch deutschen Traditionsgerichten wie Leipziger Allerlei oder Sauerampfercreme reicht der Geschmack, den Gemüse, Kräuter und Gewürze in kurzer Zeit an ihr Kochwasser abgeben.
In Risotto oder Flädlesuppe spielt eine gute Brühe die Hauptrolle, die sollten Sie nicht durch Wasser, Salz und Kräuter ersetzen. Aber: Brühe zu verwenden, wo sie nicht notwendig ist, zeugt von der Unsicherheit des Kochs – genauso wie zu viele Zutaten in Rezepten. Wasser als Zutat ist in solchen Fällen Merkmal eines klaren Rezeptentwurfes. Oft gilt nämlich die Maxime einer britischen Häuptlingsgattin aus Asterix auf Korsika: »Was tut ihr sagen! Ich nehme nur kochendes Wasser, ich finde es gibt einen köstlichen Geschmack zu allem!«
KNURRHAHNFILET IN FENCHELWASSER
1 kleine Zwiebel schälen, 1 Fenchelknolle halbieren und beides in Scheiben schneiden. Das Gemüse mit 600 ml Wasser und einer kräftigen Prise Salz ca. 10 Minuten fast weich kochen. 400 g Knurrhahnfilet (oder Rotbarbe, Drachenkopf, Scholle) würzen und je nach Dicke der Filets 3 bis 5 Minuten dämpfen oder mit 2 EL Olivenöl und 2 EL Wasser in einer zugedeckten Pfanne dünsten. 1 EL kleine schwarze Oliven und 1 TL geriebene Zitronenschale zum Gemüse geben, abschmecken und mit den Fischfilets in tiefen Tellern anrichten. Pfeffer über das Gericht mahlen und mit 1/2 Bund zerzupften Basilikumblättern bestreuen.