Hier geht nichts drunter, nur drüber: Wickelblazer aus Kaschmir, von Giorgio Armani, Hose von Agnona.
Melanie Griffith kann man sich gut als Feministin vorstellen. In den Achtzigern spielte sie in Die Waffen der Frauen - im Original entlarvend Working Girl - eine Frau, die sich in der Männerdomäne der Wall Street durchsetzt. Wobei, durchsetzt, also: Der Erfolg wird ihr am Ende des Films durch die entscheidenden Männer gegönnt. Ihren Kampf übersteht Griffith jedenfalls in jener seltsamen Rüstung der Achtziger, die damals als »Powerdressing« firmierte: maskuline Sakkos mit Schulterpolstern, die man einsetzen und herausnehmen konnte, so als ließe sich der Anspruch, ernst genommen zu werden, ebenfalls an- und ausschalten. Seitdem stagniert die Frauenquote in Vorstandsetagen, und der Blazer verkam zur Unisex-Arbeitsuniform, in die man montagmorgens mit mäßigem Enthusiasmus schlüpfte.
Das derzeitige Blazer-Revival räumt vor allem mit zwei Missverständnissen auf: zum Ersten mit der bizarren Annahme, Blazer würden an Frauen genauso funktionieren wie an Männern. Rückblickend war dieses Powerdressing ja Quatsch: Frauen müssen sich nicht wie Männer anziehen oder benehmen, um beruflich erfolgreich zu sein. Außerdem ist der Blazer ein ziemlicher Sexist, denn er sieht in der Kombination mit anderer bürotypischer Kleidung an Frauen oft unvorteilhaft kastig aus, und damit sind wir beim zweiten Missverständnis: dass ein Blazer ausschließlich in der Sphäre der Berufskleidung zu verorten wäre. Das Material lässt diese Herkunft hinter sich - Marken wie Acne oder Lanvin entwerfen schon lange Blazer aus Jeans oder Canvas - und das Styling ebenfalls: Vor ein paar Saisons wurden T-Shirts oder Unterhemden unter etwas zu große »Boyfriendblazer« gezogen, jetzt wird einfach alles darun- ter weggelassen. Blazer auf nackter Haut - und ohne Fütterung, versteht sich - sind nicht nur als Zitat der Neunzigerjahre-Coolness zu verstehen, als die Designer auch groß im Weglassen waren, sondern als letzter Schritt auf dem Weg in die modische Emanzipation. Auf nackter Haut getragen, verliert das Machtsymbol komplett seinen Machismo, gewinnt dafür aber eindeutig an Sex, Lässigkeit und Glamour.
(Styling: Almut Vogel; Stylingassistenz: Marie-Therese Freise; Fotoassistenz: Alex Orjecovschi, Sarah Kühl/Lb Studios; Haare: Luciano De Medeiros; Make-up: Masae Ito; Model: Milana Kruz/Women)
Foto: David Bornscheuer