Die unterirdische Kirche

Vor 800 Jahren ließ ein Kaiser in Äthiopien Dome unter Tage bauen – mit der Hilfe von Engeln, heißt es. Noch heute ist Lalibela ein wundervoll mystischer Ort.

Ort »Ich kann einfach nicht aufhören zu fotografieren!« jammert eine Amerikanerin, überwältigt von der Schönheit dieses Ortes: elf Kirchen im nordäthiopischen Lalibela, von der Erdoberfläche bis zu zwanzig Meter in die Tiefe gehauen, 800 Jahre alt. Unterirdische Tunnel, die die Kirchen miteinander verbinden. Die Erde ist rot, der Wind streichelt warm, die Priester sind in weißes Leinen gehüllt und sehen so mystisch aus, als ob jemand sie für ein Fotoshooting platziert hätte. Überall: Rosenblätter, Weihrauch, Gesang, Trommeln, Pilger. Und Symbole, verschlüsselte Hinweise: drei Säulen hier, Sinnbild für die Dreifaltigkeit; zwölf Säulen dort, Erinnerung an die zwölf Apostel. Die kleinen Räume, in denen heilige Kirchenutensilien aufgehoben werden, heißen »Bethlehem«, der künstlich geschaffene Fluss, der das Wasser aus den Gebäuden leitet, »Jordan«. Manche Tunnel oder Gänge haben Namen wie »Hölle« oder »Himmel«. Eine Säule ist mit Stoff eingehüllt, auf ihr soll das Ende der Welt verzeichnet sein, keiner darf sie sehen. Alles ist Glaube hier, christlich-orthodox.

Umgebung Es ist überwältigend, wie grün die Landschaft Äthiopiens ist, bergig und pflanzenreich. Ein wunderschönes Land.

Touristen Manchmal müssen die Tourguides schmunzeln, in welcher Aufmachung Touristen nach Äthiopien reisen – wie für einen Survival Trip gerüstet. Manche bringen sogar ihr eigenes Essen mit. Die meisten Europäer denken noch an die Fernsehbilder der großen Hungersnot 1984/85, wenn sie Äthiopien besuchen. Das Land ist immer noch arm. Aber Essen gibt es heute zum Glück genug. Und die Äthiopier sind stolz, niemals kolonialisiert worden zu sein, stehen Fremden aufgeschlossen und hilfsbereit gegenüber. So ist das Land recht einfach und sicher zu bereisen.

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Gefahr Man braucht feste Schuhe für die vielen Treppen, Tunnel und Schluchten zwischen den Kirchen und sollte trittsicher sein, weil es kaum Sicherheitsabsperrungen gibt. »Aber wenigstens würde man auf heiligen Grund fallen, wenn man fällt«, sagt ein Tourguide. Weil man in den Kirchen die Schuhe ausziehen muss, bekommt jeder Tourist einen eigenen Schuhmann, der ihm die Schuhe hinterherträgt. Er begleitet einen den ganzen Tag.

Beste Zeit September und Oktober, weil es zwischen Juni und August stark regnet. Danach leuchtet alles neongrün und gelb, weil nur zu dieser Zeit die Neujahrsblume blüht – sie heißt so, weil das äthiopische Neujahrsfest am 11. September gefeiert wird.

Geschichte Laut Überlieferung wollte Kaiser Lalibela (1185 – 1225) Neujerusalem hier in Äthiopien schaffen. Er soll die Kirchen im Traum gesehen haben, als er nach einem Giftanschlag im Koma lag. Bis heute fragt man sich, wie die Arbeiter diesen Gebäudekomplex, der als achtes Weltwunder gilt und komplett aus Stein herausgemeißelt wurde, um 1250 erschaffen konnten. Die Äthiopier sagen, Engel hätten sich nachts heimlich die Werkzeuge geborgt und weitergearbeitet, während sich die Arbeiter ausruhten.

Übernachten Im »Yemereha Hotel« in Lalibela, einfach, aber sauber, www.yemerehahotel.com.

Essen Die äthiopische Küche ist köstlich. Grundnahrung ist ein Sauerteig-Fladenbrot, auf einem Tablett ausgerollt, darauf sind verschiedene Häufchen Fleisch- oder Gemüsegerichte platziert. Man zupft sich kleine Stücke Brot vom Rand und isst mit der Hand.

Anreise Mit Ethiopian Airlines, die gerade Star Alliance Kooperationspartner geworden sind. Für eine längere Äthiopienreise am besten mit einem Reiseveranstalter: 14-tägige Rundreise inklusive Lalibela ab 1950 Euro über www.ae-reiseteam.de, Tel. 040/27 14 34 70.

Bloß nicht am falschen Flughafen aussteigen: Das inländische Flugsystem funktioniert ähnlich wie Busfahren: Die (übrigens funkelnagelneuen) Flugzeuge landen öfter zwischen, um Gäste abzuladen und neue einzusammeln. Also genau hingucken, wo man gelandet ist!

Unbedingt den traditionellen Honigwein Tej kosten. Angeblich ist die Königin von Saba, im 10. Jahrhundert Herrscherin über ein riesiges Reich im heutigen Äthiopien und Jemen, mit Geschenken beladen nach Jerusalem zu König Salomo gereist. Mit diesem habe sie dort, nach dem Genuss von reichlich Honigwein, den ersten König Äthiopiens gezeugt, König Melenik.

Illustration: Nigel Peake, Fotos: ap, Reuters