Sieben Jahre hat es gedauert, aber nun ist das Wuppertaler Tanztheater bereit für die große Veränderung: Adolphe Binder wird die Intendanz übernehmen, und natürlich besteht ein wesentlicher Teil ihres Auftrags darin, das Vermächtnis der berühmten Tänzerin und Choreographin Pina Bausch zu pflegen und Rollen an jüngere Tänzer zu übergeben. Aber sie soll auch »an der künstlerischen Weiterentwicklung des Ensembles arbeiten, mit dem Mut zu unkonventionellen Schritten«, so formulierte Kämmerer Johannes Slawig die Erwartungen der Stadt an die neue Intendantin.
Pina Bausch, die mit ihrer Arbeit eine nicht dagewesene, eigene Form des modernen Tanztheaters schuf, das nun nach ihr heißt, starb vor sieben Jahren fünf Tage, nachdem bei ihr Krebs diagnostiziert wurde. Sie hinterließ damit eine Lücke, die sich niemand zu schließen traute. Immer stand die Frage im Raum: Kann jemand eine so einzigartige Person ersetzen? Dann wurde die Personalie Adolphe Binder bekannt, und eine neue Frage stand im Raum: Kann eine Managerin ein Genie ersetzen?
Adolphe Binder sagt, dass sie Pina Bausch gar nicht ersetzen möchte. Das könne niemand. Und da hilft es wohl eher, dass sie selber keine Choreographin und Tänzerin ist, sondern Kulturmanagement gelernt und als Dramaturgin und künstlerische Leiterin verschiedener Tanz-Ensembles gearbeitet hat. Sie muss nicht mit Pina Bauschs Arbeit konkurrieren, um gute Arbeit leisten zu können. Zuletzt hat Binder fünf Jahre lang als Leiterin der Danskompani Göteborg gezeigt, dass sie ein fast unbekanntes Ensemble zu internationalem Ansehen führen kann.
Für das Portrait im SZ-Magazin hat Gabriela Herpell Adolphe Binder in München, Paris und Wuppertal getroffen. Sie hat eine Frau kennen gelernt, die ständig in Bewegung ist, ohne hektisch zu werden. Eine Frau, die immerzu arbeitet, ohne dass es so wirkt. Eine Frau, die sich von kleineren und größeren Schwierigkeiten den Schwung nicht nehmen lässt. Alte Weggefährten suchen den Schlüssel zu ihrem Wesen in ihrer Kindheit zwischen Rumänien und Deutschland. Adolphe Binder sagt, ihr sei es immer um etwas mehr Freiheit und weniger Festlegung gegangen, als Frau, als Nationalität, in Liebesdingen. »Ich bin ein Dazwischen, daher kommt die Kraft – und damit manchmal auch ein Missverständnis.«
Fotos: dpa / Eva Baales