Seit einer Weile haben wir in München die Debatte: Was sollen die Münchner und ihre Freunde im Englischen Garten dürfen? Surfen? Baden? Rauchen? Mit ihren Hunden Radler jagen? Mit ihren Radln Fußgänger hetzen? Solche Probleme. In diesem Rahmen berichtete die Abendzeitung vor einer Weile, was in den Parks anderer bedeutender Weltstädte gedurft wird und was verboten ist. Über den Central Park in New York erfuhr ich, dass man hier zwar angeln dürfe, die Fische aber sofort nach dem Fang wieder ins Wasser werfen müsse.
Dies wirft die große Frage nach dem Sinn des Angelns auf. Gibt es denn Menschen, die angeln, auch wenn sie den Fang nicht behalten, geschweige denn essen dürfen? Und wenn dies so ist, wenn also der Sinn des Angelns weniger im Fangen als vielmehr im Angeln selbst zu liegen scheint, wäre es nicht möglich, den Angelvorgang überhaupt vom Fischfang zu befreien, ja, sich beim Angeln vom Wasser zu entfernen? Sodass der Angler, um sein Hobby ausüben zu können, sich nicht mehr zum Wasser begeben müsste, sondern seine Leine auch von einer Bank in der Münchner Fußgängerzone oder auf der eigenen häuslichen Terrasse auswerfen könnte. Denn es ist zweifellos auch für die New Yorker Fische alles andere als ein Vergnügen, zwanzig Mal pro Tag aus einem Gewässer im Central Park gezogen zu werden, mit bebenden Kiemen hastig an der Seite eines Anglers fotografiert zu werden, um dann wieder im Wasser zu landen. Es ist der Albtraum eines Fischlebens!
Übrigens wäre es dann auch richtig, Jägern vorzuschreiben, sie dürften nur mit Trockenerbsen, kleinen Farbbeuteln oder allenfalls einer Betäubungsspritze auf Rehe schießen, diese aber keinesfalls mit heim nehmen. ✲In Schweden, so höre ich, haben Fischforscher Neuigkeiten über die Karausche herausgefunden, die, am Grunde vieler Teiche lebend, es dort mit dem Hecht zu tun hat, einem großen Karauschenfresser.
Der Hecht ist auch unter Androhung härtester Bußen nicht zu bewegen, eine Karausche nach dem Fang wieder auszuspucken, weshalb sich die Karausche selbst etwas einfallen lassen muss. Was sie auch tut! Es ist nämlich so, hat der schwedische Wissenschaftler Christer Brönmark herausgefunden, dass die bloße Nähe eines Hechtes Karauschen einen Buckel wachsen lässt (anscheinend durch chemische Signale) – warum? Weil sie damit so sperrig sind, dass sie nicht mehr durch einen Hechtschlund passen.
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Eine Strategie, die wir vom Elefanten kennen, der in der Frühzeit eine Leibspeise der Löwen und Tiger war, bis es den Elefanten eines Tages dermaßen reichte, dass sie sich zum Wachstum entschlossen. Sie wurden von hundegroßen Kleintieren zu Urwald- und Savannenriesen, mit dem Unterschied, dass sie es unter allen Umständen bleiben, während die Karausche, ist kein Hecht mehr im Teich, sich ihres Buckels wieder entledigt. Sagt Christer Brönmark.
In der Rubrik »Fische, die es nicht geschafft haben« heute die Zuschrift von Leserin R., deren Weg ins Büro in Zeiten, als es die DDR noch gab, an einem der wenigen privaten Tante-Emma-Läden vorbeiführte. Sie schreibt: »Eine ältere Dame führte selbstbewusst und trotzig mitten im sozialistischen Alltag ihr Geschäft so erfolgreich wie nur möglich. Ihre Waren, vorwiegend Lebensmittel, pries sie mit energischer Handschrift in Kreide auf schwarzen Tafeln an, vorwiegend Sauerkraut, saure Gurken, frisches Weißkraut usw.« Eines Tages habe auf einer Tafel gestanden: »Fisch in Dosen aller Art«.
R. schreibt, sie wisse nicht, ob nun »Fisch aller Art in Dosen« gemeint gewesen sei oder »es nicht doch eine ganz gewitzte Anspielung auf die damals allzeit gegenwärtige Makrele (auch DDR-Volksfisch genannt) war, denn nur die und immer wieder die gab es nicht nur in Dosen, sondern auch in Soßen aller Art! Die damals allmächtigen Sicherheitsleute haben es bestimmt so nicht gelesen und verstanden.«
Das Schild als subversives Mittel des Widerstands. O, Deutschland, Schilderland – ist das nicht wunderbar!? Demnächst im Englischen Garten?
Illustration: Dirk Schmidt