Manchmal, nicht oft, wird aus einem Firmennamen ein Verb, Xerox ist so ein Beispiel, denn to xerox bedeutet fotokopieren. Auch googeln kann fast jeder von uns. In der New York Times las ich die Wendung They started FedExing it, womit gemeint war, dass etwas mit der Firma FedEx verschickt wurde, einer weltweit operierenden Kurierfirma. So was hat die Deutsche Post nie geschafft; zwar gibt es das Verb posten, aber es hat nichts mit der Post zu tun.
Interessant war nun, was dem Bericht zufolge gefedext wurde: Es handelte sich um den einzigen Schraubenschlüssel, mit dem Nuklearsprengköpfe auf US-Interkontinentalraketen montiert werden können, ein Megahypersuperspezialwerkzeug, das ursprünglich in mehreren Exemplaren existierte. Die sind aber alle verloren gegangen, bis auf dieses eine, das nun zwischen den Atom-Silos in Montana, South Dakota und Wyoming hin- und hertransportiert wird, nicht etwa mit hochgeheimen Militärtransporten. Sondern eben mit FedEx.
Was die Frage nahelegt, ob man dann nicht gleich im Falle eines Nuklearschlages gegen, sagen wir, Moskau, ein Privat-Unternehmen bevorzugen sollte. Das wäre preislich sehr viel günstiger als der Unterhalt von etwa 450 Interkontinentalraketen, auch wäre der Schraubenschlüssel nicht mehr nötig. Man schickt einfach einen Boten per overnight, der klingelt am Kreml – und wham! Vielleicht sollte man gleich die russische Post nehmen, das wäre unverdächtiger. Allerdings ist bei Nuklearschlägen eine gewisse Dringlichkeit geboten, auch Pünktlichkeit. Da sollen die russischen Postler nicht so gut sein.
Blöd ist auch, wenn alles mit dem Vermerk »Annahme verweigert« zurückkommt, gerade, wenn man einen Zeitzünder eingestellt hat.
Jedenfalls spielt man in den USA mit dem Gedanken, den Fachbereich »Atomkrieg« privaten Unternehmen zu überlassen, nicht nur, weil das US-Militär unfähig war, einen zweiten oder gar dritten der genannten Schraubenschlüssel zu beschaffen. Auch nicht so sehr, weil es immer wieder zu Zwischenfällen kommt wie diesem: Von einer vierköpfigen Soldaten-Crew, die einen sehr, sehr, sehr geheimen Zahlencode zu bewachen hatte, den man zum Start von Nuklearraketen benötigt, waren drei Mann eingeschlafen, der vierte war wohl Kaffee holen gegangen. Oder diesem: dass seit 1968 eine bei einem Absturz über Grönland verloren gegangene Atombombe dort vermisst wird.
Nein, es hat sich herausgestellt, dass an die Spitze der zur Auslösung von Atomkriegen führenden Befehlskette immer wieder unzuverlässige Personen gelangt sind. Ein Herr Carter hat mal sein Jackett mitsamt der darin befindlichen weißen Code-Karte, die zur Zerstörung großer Teile der zivilisierten wie auch der unzivilisierten Welt berechtigt, in die Reinigung gegeben. Ein gewisser Clinton verschlampte das Ding einfach; er ließ es irgendwo liegen (so genau weiß er das selbst nicht mehr) und erzählte den zuständigen Generälen erst nach Monaten davon. Von einem namens Nixon, der sich in fortgeschritten angetrunkenem Zustand nachts mit den Bildern im Weißen Haus unterhielt, nicht zu reden; auch nicht von R. Reagan, dessen weiße Karte nach einem Attentat eine Weile unter den Beweisstücken in der Asservatenkammer des FBI ruhte.
Wie man hört, wird die Position im Moment international ausgeschrieben. Da Berufserfahrung im Umgang mit nuklearem Material vorausgesetzt wird, gibt es nur wenige Interessenten. Ein asiatischer Kandidat ist bereits ausgeschieden, seine Frisur soll »nicht vermittelbar« gewesen sein. Gute Aussichten werden einer Person eingeräumt, die einen extrem fokussierten und disziplinierten Eindruck hinterließ und bisher nur P. genannt wird. Ihr werden auch deshalb große Chancen eingeräumt, weil sie, ohne weitere Worte zu verlieren, bei der Abgabe ihrer Bewerbungsunterlagen die seinerzeit von Clinton verlorene Code-Karte sowie drei Schraubenschüssel auf den Tisch legte.
Illustration: Dirk Schmidt