Aufmerksamen Lesern wird nicht entgangen sein, dass an dieser Stelle in all den Jahren noch nie (und ich meine wirklich: NIE!) vom Dreizehnstreifenziesel die Rede gewesen ist – dies, obwohl hier schon in ausführlichen Erörterungen sogar des Rattenlungenwurms, der Marmorierten Baumwanze und der Trottellumme Erwähnung getan wurde. Das neue Jahr soll also nicht ohne den Dreizehnstreifenziesel beginnen – dies, obwohl sich zurzeit alle (und ich meine wirklich: ALLE!) Dreizehnstreifenziesel im Winterschlaf befinden.
Denn der Winterschlaf ist im innersten Kern ja überhaupt der Grund, aus dem die Beschäftigung mit diesem ansonsten zu quicker Lebendigkeit neigenden Tier nun unabweisbar geworden ist. Ictidomys tridecemlineatus, ein Nagetier von Hamstergröße, lebt in außerordentlich großen Mengen in den Prärie-Landschaften des amerikanischen Westens, welche im Sommer erfüllt sind vom Wimmeln dieser Erdhörnchen. Nun aber, im Winter, zittert der Prärieboden zart vom Zieselschnarchen.
Um den Winterschlaf muss man, nebenbei gesagt, die Tiere, die ihn ausüben dürfen, aus tiefstem Herzen beneiden. Man stelle sich vor, es wäre auch dem Menschen vergönnt, sich Anfang November ins Bett zu legen und Ende April wieder zu erwachen, also die unerfreulichen Monate der scheußlichen Kälte und der aber wiederum jahreszeitlich unpassenden zweistelligen Temperaturen im Dezember, auch des heftigen Schneetreibens und des andererseits ja wortreich zu beklagenden Schneemangels, der dauernden Dunkelheit und feuchtelnd-schnoddernder Viren-Sprotzelei in den öffentlichen Verkehrsmitteln einfach in einem einzigen tiefen Traum zu überstehen – ja, das wäre schön.
Um nun aber auf unser Thema, den Dreizehnstreifenziesel, zurückzukommen, dessen Name übrigens, um auch dies nicht unerwähnt zu lassen, in der hübschen Zeichnung seines Fells mit genau 13 Streifen begründet ist: In unabhängigen Studien haben Wissenschaftler sowohl der Universität von Colorado als auch der von Wisconsin gerade entdeckt, dass dieses Tier am Ende seines Winterschlafes vierzig Prozent seines Gewichtes verloren hat. Das ist nur logisch, war ihm doch schlafend jegliche Nahrungsaufnahme unmöglich. Jedoch steht man als mitteleuropäischer Mensch, der in diesen Tagen nur noch mühsam und unter Schmerzen den Hosenbund schließen kann, auch fassungslos vor dieser Erkenntnis: Der Ziesel schläft sich schlank.
Damit nicht genug. Denn natürlich ist der Gewichtsverlust des Tieres nicht nur im Verlust von Fett, sondern auch im Abbau seiner Muskulatur begründet, er geht also mit einer allgemeinen Schwächung einher. Nur: In den letzten zwei Monaten der Winterruhe, so stellten die erwähnten Zieselforscher fest, kommt dieser Prozess nicht bloß zum Stillstand, nein, er kehrt sich um: Während die Speckpolster weiter schwinden, beginnen die Muskeln zu wachsen, ja, so las ich jüngst im Journal of Experimental Biology, das Verhältnis von Muskelvolumen zur Körpermasse verändert sich zwischen Februar und dem Erwachen im Mai um siebzig Prozent zugunsten der Muskeln.
Was nichts anderes heißt als: Dreizehnstreifenziesel betten sich fett und übergewichtig zum Schlaf und erwachen rank und muskulös. Leider ist der Grund dafür bisher unbekannt geblieben. Weder in Wisconsin noch in Colorado hat man herausbekommen, woher die Tiere die Ressourcen für ihr Muskelwachstum nehmen und was überhaupt diesen Prozess des Aufmuskelns in Gang setzt. Doch wollen wir natürlich die Gelegenheit unserer heutigen Befassung mit dem Dreizehnstreifentier nicht verstreichen lassen, ohne allen Zieselkundlern zuzurufen: Lasst nicht nach in eurem Foscherstreben! Es soll kommen der Tag, an dem in unseren Muskelburgen Betten stehen statt Hantelberge, darüber der Slogan: Leg dich in Morpheus’ Arme und wach mit Arnolds Bizeps auf!
Oder einfach: Dös dich fit!
Illustration: Dirk Schmidt