Das Beste aus meinem Leben

Vor einer Weile schrieb ich etwas über die Freuden des Bahnfahrens, und wie gern ich dieses Land immer wieder der Länge und der Breite nach mit dem Zug durchmesse. Und das nicht nur, weil es einfach schön ist, auf seinem Platz zu sitzen und aus dem Fenster zu schauen, ohne etwas tun zu müssen. Sondern weil die Bahn so eine eigene, ganz und gar unverwechselbare Sprache hat, die einem immer neu zu denken gibt. In der es Wörter gibt wie »Zuglaufteil« und »Übergangsreisender«.Vor einer Weile entdeckte ich in der Bahn-Zeitschrift mobil das Wort »Anschlussmobilität«.Was damit gemeint ist?Einfach, dass man auch nach Verlassen des Zuges nicht stehen bleibt, sondern sich weiter bewegt, zum Beispiel mit »Call a Bike« oder »DB Carsharing«, ihrerseits ganz neue Wörter aus dem Bahn-Speak. Man kann natürlich auch weiter gehen oder sich von der Ehefrau mit dem Auto abholen lassen, gute alte Formen der Anschlussmobilität, für die wir aber bisher einfach kein Wort hatten. Solche Wörter erfindet die Bahn für uns, da ist sie ganz groß, das macht ihr keiner nach. Leser T. schickte mir eine E-Mail, in der er beschrieb, was er auf der Anzeigetafel las, als er von München aus mit dem ICE nach Mannheim fahren wollte: »Zug verkehrt in umgekehrter Zugreihung.«Das sind Momente, in denen der Reisende sich wünscht, es gäbe ein kleines Lexikon der Bahnsprache, in dem man nachschlagen könnte, was eine »Zugreihung« ist, sodass man sich dann selbst vorstellen könnte, was es bedeutet, wenn man diese Zugreihung umkehrt. Herr T. schrieb, er habe dank der Wagen-Nummerierung seinen reservierten Sitzplatz gefunden und gleich darauf den »Zugbegleiter« (auch so ein Wort!) gehört, wie er über Lautsprecher bekannt gab: »Dieser Zug verkehrt heute in umgereihter Zugreihung…«Hä?»…das heißt, die erste Klasse befindet sich am Zuganfang.«Aha. Und wo war noch mal der Zuganfang?Am Bahnsteigende.Apropos Anfang und Ende. Da fällt mir ein, was der Zugchef neulich auf einer Fahrt nach Westdeutschland mitteilte: dass nämlich der Zug einen »Zuglaufteil« mit sich führe, der nur bis Köln »verkehre« – und dann? Darüber informierte der Zugchef dergestalt, dass er sagte: »Die Wagen verbleiben in Köln und enden dort.« Und auch Herr H. aus Erlangen schrieb mir, er habe sich neulich »in der Anfahrt« (ach, seufz!) auf Nürnberg befunden, als es hieß: »Der Zug endet hier, bitte alles aussteigen!«Dazu bemerkt H. in seinem Brief: »Nachdem ›alles‹ ausgestiegen ist, werfe ich einen wehmütigen Blick auf den noch ganz rüstig aussehenden Zug, der hier endet, und bin froh, dass ich mit meinem Gepäck dem Ende entrinnen konnte!«Als ich, wie eingangs kurz beschrieben, neulich schon einmal über die Bahnsprache schrieb, erwähnte ich das »Team«, das uns so vielen Ansagen zufolge im Speisewagen »gerne erwarte«. Und dass man sich dann oft zweimal überlege, ob man in den Speisewagen gehen solle, wenn es doch das Erwarten ist, das dem »Team« so wichtig ist.Kaum hatte ich das geschrieben, hörte ich im ICE von Hamburg nach München die Ansage: »Unser freundliches Servicepersonal würde sich gerne auf einen Besuch von Ihnen freuen.«Das ist das, was ich an der Bahnsprache auch schätze: ihre unglaubliche und rückhaltlose Ehrlichkeit. Wie das Servicepersonal da im Speisewagen steht und freundlich ist und sich so gerne auf uns freuen würde. Wenn es nur wüsste, wie das geht…In der Zeitung las ich neulich, die Bahn bemühe sich nun um einen neuen Ton in ihren Ansagen, man werde die Bahnsprache reformieren und zum Beispiel nicht mehr vom »Wagen mit der Ordnungsnummer Sieben« reden, wenn man auf den Speisewagen verweise, sondern einfach vom »Wagen Nummer Sieben«.Eine Sprachwelt geht unter. Endet hier. Schade.