Welcher Gegenstand macht Sie glücklich?

Wir haben Prominente nach ihrem Lieblingsobjekt gefragt. Und dabei festgestellt: Gute Gestaltung erzeugt große Gefühle. Teil 1 mit Antworten von Ute Lemper, Eckhart von Hirschhausen, Rolando Villazón, Wigald Boning.


    Fußmassagebank - Ute Lemper

    Die Tänzerin und Musical- und Chansonsängerin lebt seit 1998 in New York.

    Ich habe eine wunderbare Shiatsu-Massage-Fußbank, die unter meinem Schreibtisch steht und mir die Büroarbeit verschönert. Zum Einsatz kommt sie ab neun Uhr morgens, weil dann meine Agenten aus Europa anrufen: Ich sitze zurückgelehnt im Stuhl und lasse die Füße prickeln, während Konzerttermine und Verträge besprochen werden. Dann muss ich ein paar E-Mails an Musiker schreiben, Proben festlegen, Noten hin- und herschicken, Reisen buchen, und zwar so, dass ich 15 Länder unter einen Hut kriege. Das kann Stunden dauern, danach ist mein Körper oft richtig steif. Natürlich absolviere ich nach wie vor mein tägliches Training, um in Form zu bleiben. Am Nachmittag mache ich endlich Musik, da fühle ich mich wesentlich wohler als am Schreibtisch. Meine kleine Massagebank habe ich mir erst vor Kurzem hier in New York gekauft. Ich war mit meinen Kindern in der Stadt, da habe ich sie entdeckt, in einem Laden namens Bed, Bath & Beyond auf dem Broadway: Mein Sohn schaut sich das neueste Elektronikspielzeug an, auf einmal sehe ich das Ding neben den vielen Star Wars-Raumschiffen. Das Modell heißt »HoMedics FMS 255H« und ist auch auf Wärme einstellbar, falls man mal kalte Füße hat.

    Meistgelesen diese Woche:

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    Rote Nase - Eckart von Hirschhausen

    Der Arzt und Moderator setzt sich mit seiner Stiftung »Humor Hilft Heilen« für Klinik-Clowns und die Erforschung des Lachens ein.

    Ihr Design ist perfekt: eine Kugel mit einem Schlitz. One size fits all. Unisex. Sie ist die kleinste Maske der Welt, passt in jede Hosentasche, in jedes Gesicht. Wer sie aufhat, nimmt sich selbst auf den Arm - und verändert die Welt. Zumindest unsere Sicht darauf. Als Berliner und Protestant hab ich es echt nicht so mit Karneval und aufgesetztem Lachen. Es kostet mich Überwindung, mich zum Horst zu machen. Aber es ist ein magischer Moment der Verwandlung, die rote Nase aufzusetzen. Es hilft einem selber - und anderen. Seit ich erkannt habe, was für eine Kraft in ihr steckt, ermuntere ich bei meinen Auftritten die Menschen, sich eine anzuschaffen, zum Beispiel als emotionalen Airbag im Verkehr. Du stehst im Stau, kannst nichts an der Situation ändern. Nur deine Haltung. Nase aufsetzen. Anfänger gucken rechts und links. Profis gucken stur geradeaus und stellen sich vor, wie blöd die anderen gucken! Es funktioniert, probieren Sie es aus!

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    Opas Wecker - Gesa Hansen

    Die 1981 in Arnsberg geborene Deutsche mit dänischen Wurzeln ist bekannt für ihre puristischen Holzmöbel und gilt als Erneuerin der skandinavischen Designtradition.

    Der Wecker meines Opas ist schon sehr lange kaputt. Trotzdem ist er mit mir in jede neue Wohnung umgezogen, auf acht verschiedene Nachttische. Seit etwa 18 Jahren wache ich jeden Morgen neben ihm auf und gucke auf die falsche Uhrzeit: 15.25 Uhr. Ich habe mich nie wirklich gefragt, warum. Ich weiß nur, dass ich ihn einfach nicht aussortieren kann. Ich brauche überhaupt keinen Wecker. Mein Körper wacht immer 15 Minuten vor der eigentlichen Weckzeit auf, seit der Geburt meines Sohnes meistens noch viel früher. Opas Wecker ist weder besonders ästhetisch noch funktionell. Aber er ist das Objekt in meinem Haus, das mich am glücklichsten macht. Ich kenne jeden Millimeter, ich habe ihn als Kind wieder und wieder in der Hand gehabt, und ich weiß genau, wie sich jedes kleine Detail anfühlt. Für mich stellt er das Wort Zuhause dar, das Gefühl, mit beiden Füßen verwurzelt zu sein. Er erinnert mich an meine Familie, an heiße Schokolade zum Frühstück, an die Matisse-Bilder und den Lavendelgeruch der Leinenbettwäsche meiner Großeltern, an den Geschmack der Himbeeren im Garten meines Opas. Meine ganz eigene Beziehung zu diesem Wecker, unser gemeinsamer jahrelanger Weg durchs Leben machen ihn für mich zu einem wunderbaren Objekt. Er ist die Erinnerung an die Zeit, die vergangen ist, und daran, wo ich herkomme. Der englische Designer Sir Terence Conran hat mal gesagt: »Einen Raum mit den Dingen zu füllen, die man liebt, das macht ein Haus zu einem Zuhause.«

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    Messer - Eckart Witzigmann

    Der Österreicher war der erste Drei-Sterne-Koch Deutschlands, er lebt in München.

    Sehr häufig werde ich mit der Frage konfrontiert, welches Gerät beim Kochen für mich das wichtigste sei. Und da kann ich nur gebetsmühlenartig wiederholen: das Messer. Keine Hightechgerätschaften können bei diesem Wettbewerb mithalten. Meine unerfüllte Wunschvorstellung wäre, mit einem einzigen Messer alle fälligen Arbeiten in der Küche zu bestreiten, aber sie löst sich immer wieder schnell auf, zu unterschiedlich sind die Bedürfnisse und die Aufgaben. Allen gemein ist die Anforderung an das Messer, sehr scharf zu sein. Es sollte gut in der Hand liegen, ähnlich einem perfekt sitzenden Handschuh.

    Der Griff ist für mich ebenso wichtig wie die Klinge. Nur dann kann ich millimetergenau und mit dem notwendigen Druck und Gefühl arbeiten. Beim Messer zählt die Funktion, nicht die Optik. Wenn beides eine innige Beziehung eingeht, umso besser. So wie bei meinem geliebten Nakiri-Messer, das die Form eines Beils hat. Die scharfe Schneide wurde speziell für feine Schnitte entwickelt, Julienne geht damit spielend von der Hand. Meine Liebe zu Messern hat mich zu einer großen Sammlung gebracht. Die Lieblinge darunter sind meine alten Weg-gefährten, seit Jahrzehnten im Einsatz, quasi gut gepflegte Old-timer. Die Klingen sind häufig schmaler geworden, die Zuneigung stetig größer.

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    3-D-Emoticon - Ayzit Bostan

    Die in München lebende Türkin ist Modedesignerin und lehrt Design an der Kunsthochschule in Kassel.

    Mein Lieblingsgegenstand zurzeit ist ein dreidimensionales Emoticon der kosovarischen Künstlerin Flaka Haliti, das ich von ihr im Tausch gegen ein schwarzes Kleid aus meiner Kollektion bekommen habe. Mir gefällt die Idee, ein abstraktes Emoticon ins Drei-dimensionale zu übertragen und daraus ein Objekt zu machen, das man in die Hand nehmen kann: ein Gefühl zum Anfassen. Und ich liebe Tauschgeschäfte, weil man dabei die Personen hinter den Produkten oder Kunstwerken kennenlernt. So ein Geben und Nehmen ist persönlicher und verbindet.

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    Kugelschreiber - Monica Förster

    Die Stockholmerin wurde mehrfach als Designerin des Jahres in Schweden ausgezeichnet.

    Er ist superdünn, sehr stabil und macht auch bei den schwungvollsten Linien nicht schlapp: Ich entdeckte den hölzernen Kugelschreiber von Delfonics vor ein paar Jahren in einem kleinen Schreibwarengeschäft. Seitdem ist er mein treuer Gefährte. Er weiß mit meinem Temperament umzugehen. Der »Delfonics 0,7 mm« mit schwarzer Tinte ist für mich ein Kunstwerk, ein sehr praktisches dazu.

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    Mantel - Rolando Villazón

    Der in Mexiko-Stadt geborene Tenor von Weltruf hat in allen großen Opernhäusern gesungen, unter anderem an der Seite von Anna Netrebko. 2015 trat Villazón als Juror in der Castingshow »Dein Song« des Kindersenders KiKA in Erscheinung.

    Meinen Wintermantel habe ich seit zehn oder zwölf Jahren. Er ist grün, wasser- und schneeabweisend und hat eine Kapuze. Aber das Wichtigste an ihm ist, dass er viele Taschen hat, die strategisch gut angeordnet sind. Zwei oben, in die ich meine Hände stecken und Dinge aufbewahren kann, die ich brauche, zum Beispiel Taschentücher, um meine Brille zu reinigen, oder um mich als Clown zu verkleiden, ein Jo-Jo, Kleingeld, angeknabberte Mr. Tom-Riegel oder mein Handy. Zwei weitere Taschen weiter unten sind groß genug, um Bücher, Zeitungen, Postkarten, Bic-Stifte, Notizbücher und einen Stadtplan darin unterzubringen. Und zwei kleine Taschen, die auf den großen Taschen sind, wo ich Dinge für den Notfall unterbringen kann: den Schlüssel einer Geheimschachtel, einen Knopf, eine Kopfschmerztablette und einen Plastikschlumpf, der als Clown verkleidet ist. Dieser Mantel ist wie ein gutes, altes Haustier. Jeden Winter freue ich mich, ihn wiederzusehen, und bin immer ein bisschen melancholisch, wenn ich ihn wieder in den Schrank hängen muss, so wie jetzt, wenn der Frühling kommt.

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    Cembalo – Wigald Boning

    Der 49-jährige Komiker, Moderator und Autor betreibt seit drei Jahren auch ein Musiklabel: Es heißt Hobby Musik.

    Mein wohl kostbarster Besitz ist ein Lindholm-Cembalo aus der DDR, Baujahr 1984. Ich kaufte es für 600 Öcken einem Dresdner Kirchenmusiker ab. Die schlichte Konstruktion auf Spanplattenbasis und das unaufhaltsam bröckelnde Holzfurnier atmen den Geist des real existierenden Sozialismus. Als junger Free-Jazz-Saxofonist tourte ich vor dem Mauerfall durch die DDR, die Konzerte gehören zu meinen spektakulärsten Erlebnissen überhaupt. Deshalb ist mein Verhältnis zu meinem Cembalo mehr als eine Arbeitsbeziehung. Mit Roberto Di Gioia spielte ich darauf einige Alben ein – eines mit Fernsehjingles im Barock-Arrangement –, und letzten Sommer baute ich es mit zwei alten Pferdedecken zu einer Sprecherkabine um, in der ich liegend ein elfeinhalbstündiges Hörbuch einsprach: Das wirre Leben des Alain Rien.

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    Flasche - Sophie von Kessel

    Die Theater- und Fernsehschauspielerin gehört zum Ensemble des Münchner Residenztheaters.

    Man könnte meinen, eine leere Flasche sei nun wirklich nichts Besonderes - wir alle haben täglich damit zu tun: leere Weinflaschen, Milchflaschen, Saftflaschen, Wasserflaschen oder eben auch Sektflaschen, so wie diese. Aber wenn man in nahezu hundert Vorstellungen jeweils zwei Stunden lang in einem Meer von leeren Flaschen stehen muss, fast regungslos, ohne Text, und stoisch vor sich hin starrt, dann ereilt einen tatsächlich dann und wann das Gefühl, selber ähnlich leer zu sein wie diese. Aber eben auch so durchsichtig, so stolz und gerade, so stabil und fest, vielleicht mit dem ein oder anderen Sprung in der Fassade. Nach so vielen Vorstellungen des Stücks Die bitteren Tränen der Petra von Kant habe ich in der Tat ein ganz eigenes Verhältnis zu diesem Requisit, zu diesem Teil unseres Bühnenbildes entwickelt. Deshalb steht nun eine dieser vielen leeren Flaschen in meiner Küche und wird ab und an mit einer Rose bestückt.

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    Bonsais - Dieter Rams

    Mit seinen puristischen Geräten für den Hersteller Braun prägte der deutsche Designer maßgeblich die Formensprache der Sechziger- und Siebzigerjahre. Er gilt als großes Vorbild des Apple-Designers Jonathan Ive.

    Seine Antwort gab er uns nur schriftlich.

    Fotos: Jeff Brown, Eventpress Herrmann, Nathalie Mohadjer, Fabian Frinzel, Flaka Haliti, Camilla Lindqvist, Tanja Kernweiss, Stefan Menne, Dominik Beckmann/Brauer Photos, Hans Jörg Michel