So schön, dass der Rosenkohl verbrannte

Zu Weihnachten spielt keine Rolle, welcher Song an der Spitze der Charts steht – dann hat jeder seine eigene, ganz private Nummer Eins. Eine Umfrage in der Redaktion zeigt aber: Auf ein Weihnachtslied können sich dann doch ziemlich viele Kollegen einigen.

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    Sobald es auf Weihnachten zugeht, zählen nur die Klassiker. Ganz egal, ob jetzt wochenlang nichts anders lief als Adeles »Hello«, »Sorry« von Justin Bieber oder irgendein Remix von Felix Jaehn – ab sofort sind die größten Hits die Lieder, die wir alle seit Kindertagen kennen. Die Lieder, in denen die Glocken süßer klingen und die Nacht heilig ist, die Melodien, zu denen das Ros entspringt und die Kinderlein kommen. Und genau so natürlich die Pop-Klassiker, die erst im Lauf der Jahre zu Hits wurden. Und welches Weihnachtslied ist nun das schönste? Und warum? Eine Umfrage in der Redaktion des SZ-Magazins (mal sehen, ob wir um »Last Christmas« rumkommen).

    The Pogues & Kirsty MacColl, »Fairytale of New York«
    Heiligabend in Dublin gelandet, auf dem Weg nach Westport (vier Stunden Fahrt) in jedem Ort in jedem Laden gewesen auf der Suche nach einem echten Baum, keinen gefunden, es gab nur Plastik, meistens schon geschmückt und mit LED-Kerzen. Johnny hatte einen Freund mit, die beiden waren damals so zwölf und wollten keinen Plastikbaum. Also haben wir schließlich in der Dämmerung einen halbkahlen Fichtenzweig auf einem Feld gefunden, über den Ofen gehängt, Kugeln dran und echte Kerzen, das Radio angestellt und es lief: Fairytale of New York. Perfekt. Unvergesslich. Weil wir so hingerissen waren, brannte der Rosenkohl an, so doll, dass man Topf und Kohl wegwerfen musste.
    Gabriela Herpell, Redaktion

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    »Oh du fröhliche« in Moll
    Als Teenager habe ich irgendwann beim weihnachtlichen Musizieren entdeckt, dass all die Klassiker sich magisch anders anhören, wenn man sie in Moll spielt. »Stille Nacht« wird dann zum chassidischen Klagegesang, »Ihr Kinderlein kommet« klingt nach Balkan, und »Oh du fröhliche« könnte von Dvorak sein. Ein ganz simpler Trick, aber meine Eltern mochten ihn sehr, also wurde er zur Tradition. Im Laufe der Jahre habe ich mich so dran gewöhnt, dass ich die Lieder noch heute spiele wie ein Kaffeehauspianist in Dubrovnik. Vielleicht sollte ich meinen Kindern langsam mal sagen, dass es die eigentlich auch in etwas fröhlicher gibt.
    Max Fellmann, Redaktion

    John Lennon, »Happy Xmas (War is Over)«
    Weil ich (unter anderem) mit dem Lied in der Hauptschule Englisch gelernt habe, ohne zu wissen, was das überhaupt ist. Erst viel später, als ich von Lennon schon den »Working Class Hero« und »Instant Karma« auswendig konnte, kam mir das kitschige »War is Over« wieder unter und ich erinnerte mich an den 11-jährigen Luef, der das mit Kopfstimme und sehr konzentriert auf die Silben achtend mitsingen konnte. Das ist ein bisschen so, wie mit 15 draufzukommen, was es eigentlich mit diesen Ewoks auf sich hat, deren Zeichentrickserie man als Kind so sehr liebte. Oder so.
    Wolfgang Luef, SZ-Magazin Online

    »Zu Bethlehem geboren«
    Weil mich die Zeile »Mein Herz will ich ihm schenken und alles, was ich hab« so rührt und ich da immer an die Geburt meines Patenkinds denken muss. Außerdem »Fairytale of New York« von The Pogues, weil es ein Märchen nacherzählt wie die Weihnachtsgeschichte auch.
    Annabel Dillig, SZ-Magazin Online

    Elisa Gabbai, »Winter in Kanada«
    Das lief früher jedes Jahr um die Weihnachtszeit im BR rauf und runter, und jeder kann es mitsingen. Es lief früher auch gern mal in der Redaktion, der ehemalige CvD Werner Knötzinger tauchte dann immer sofort im Türrahmen auf und seufzte: »Mei, so schee«. Vor einigen Jahren stand mein Schwiegervater beim Baumschmücken im Wohnzimmer, im Hintergrund lief Bayern3, irgendwann schaute er hoch und sagte ganz enttäuscht: »Heut ham sie noch gar nicht Winter in Kanada gespielt«.
    Daniela Ptok, Schlussredaktion

    Francoise Cactus, »Schneeflöckchen Weißröckchen«
    Das ist erst mein Lieblingsweihnachtslied, seit ich Kinder habe, vorher hatte ich mit dem Gerne eher nix zu tun. Die schöne Version gibt es auf dieser CD: http://www.carlsen.de/hardcover/am-weihn... Ich liebe die Version, weil ein Vers auf so schön rumpeligem Französisch gesungen wird und unser dreijähriger Sohn immer versucht, es nachzusingen, was natürlich klingt wie eine Fantasiesprache. Aber weil wir es in unserem eingerosteten Schulfranzösisch kaum besser können, wird dann eben im Wohnzimmer lauthals Schneeflöckchen, öh, nuage, ciel, o lala, in Fantasiefranzösisch gesungen – und alle sind froh.
    Till Krause, Redaktion

    The Ramones, »Merry Christmas (I don't wanna fight tonight)«
    Weils rockt and rollt.
    Marianne Igl, Buchhaltung

    The Pogues & Kirsty MacColl, »Fairytale Of New York«
    Allein wegen des Texts: »You're a bum / You're a punk / You're an old slut on junk«
    Jakob Feigl, Bildredaktion

    Wham, »Last Christmas«
    Ja, jaaaa, das Lied nervt tödlich, wenn man sich im Kaufhaus am Adventssamstag um die letzte Playstation prügelt. Aber: Auf einer einsamen Autofahrt im Schneetreiben zu den Eltern entfacht es plötzlich seine ganze traurige Schönheit. Wer je verlassen wurde, der findet sich doch in dieser Zeile:  »A crowded room, friends with tired eyes  I'm hiding from you and your soul of ice.«Und welches schlecht verheilte Herz singt nicht mit bei:  »Now I know what a fool I've been.
    But if you kissed me now, I know you'd fool me again«? »Last Christmas« ist ein seltsames Gemisch aus Kitsch, Pop und Liebeskummer, das genau wie Glühwein (noch so ein Gepansche) nur an kalten Dezemberabenden schmeckt. Und wer 80er-Synthesizer nicht erträgt, höre sich die Coverversion von Florence + The Machine an.
    Marc Baumann, SZ-Magazin Online

    Bob Dylan, »Adeste Fideles«
    Die Version hat Dylan auf seinem Weihnachtsalbum »Christmas in The Heart« veröffentlicht. Das ist ein sehr altes Lied, komponiert um das Jahr 1743, und unter dem Titel »Herbei, o ihr Gläub'gen« bis heute im offiziellen Kirchengesangbuch enthalten. Der Originaltext ist aber lateinisch, und Dylan singt tatsächlich die erste Strophe auf Latein, die beiden anderen dann auf englisch. In der Popmusik geht es meiner Meinung nach nicht mehr um die Gegenwart und schon gar nicht um die Zukunft, sondern um die Vergangenheit und ihre intelligente Wiederaufbereitung – dass Dylan vor ein paar Jahren einen lateinischen Text sang – beseelt, gefühlvoll und total überzeugend – bewegt mich bis heute.
    Johannes Waechter, SZ-Magazin Online

    Greg Lak,e »I Believe In Father Christmas«
    Ich bin von der »Weihnachtsbäckerei« eigentlich nahtlos zu Tschaikowsky-Sinfonien gewechselt,  dazwischen bekam ich eine Werbe-CD der Landesbausparkasse geschenkt, unter anderem mit »I believe in father christmas« von Greg Lake. Ein Song, der klingt, als würde man Tschaikowsky und die Weihnachtsbäckerei gleichzeitig hören, am Anfang Akustikgitarre, später fettes Orchester, Chor und, wichtig, Sound-Effekte! Hall! Fürchterlich süß und klebrig, aber eben: So schön! Danach ist man immer ein paar Stunden satt, also: Lieber nicht vor dem Essen anhören.
    Florian Zinnecker, ehemals SZ-Magazin Online

    The Pogues & Kirsty McColl, »Fairytale of New York«
    Weil es das einzige Weihnachtslied ist, das ich immer gerne höre, nicht nur im Dezember. Und so romantisch die Zeile »Happy Christmas your arse / I pray God it's our last« zu singen, dass man sich dabei verlieben möchte, ist einfach zu schön!
    Lorenz Wagner, Redaktion

    »Macht hoch die Tür«
    Ganz ehrlich: weil ich als Kind in der Kirche immer eine Gänsehaut bekommen habe.
    Tobias Haberl, Redaktion

    Sufjan Stevens, »That Was The Worst Christmas Ever«
    Vom Folksänger Sufjan Stevens gibt es eine 5CD-Box mit Weihnachtsliedern, Klassikern wie »Little Drummer Boy« und »Silent Night«, aber auch vielen eigenen Stücken. Mein Lieblingssong erzählt von einer Bescherung, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. So zärtlich, poetisch und traurig wie es nur Stevens kann.
    Thomas Bärnthaler, Redaktion

    »Es ist ein Ros entsprungen«
    Als kleines Mädchen liebte ich Pferde (auch heute noch), ich interessierte mich für alles, was mit Pferden zu tun hat. Nun dachte ich als kleines Mädchen, dass das Wort im Text, von dem ich nur die ersten Zeile richtig verstand, nicht »Rose« heißt, sondern »Ross«, und fand das Lied hochspannend, zum einen, weil dort ein Pferd vorkommt, zum anderen, weil es scheinbar auf mysteriöse Art und Weise seinem Besitzer weggelaufen, also »entsprungen« ist. Ich habe mir immer vorgestellt, wie das Pferd so aus den Wurzeln (die kommen in der nächsten Textzeile vor) heraushüpft und dann einfach weg ist und wie es alle suchen und das Ros nicht mehr finden können... und dann war das Lied schon wieder vorbei. Es hat Jahre gedauert, bis ich endlich erfuhr, was es mit dem entsprungenen Ros auf sich hatte.
    Kerstin Greiner, Redaktion

    The Pogues & Kirsty MacColl, »Fairytale of New York«
    Das einzige Weihnachtslied, das mich, obwohl es mir von einer zahnlosen Alkoholleiche vorgesungen wird, immer wieder zum Weinen bringt.
    Sophie Servaes, ehemals Social Media