Stars mit Tarnkappe

Felix Jaehn und Mark Forster stehen mit einem Song gemeinsam auf Platz 1. Aber weshalb nennen sie sich dafür EFF? Teile der Antwort könnten Beatles-Fans verunsichern.

Spannend, denkt man erstmal. Da steht diese Woche tatsächlich ein Künstler auf Platz 1, von dem man noch nie gehört hat. »EFF«. Das klingt kryptisch, aufregend geheimnisvoll. Ein bisschen nach »EAV« oder »The KLF«, dieser Anarcho-Band, die in den Neunzigern eine Million Pfund verbrannt hat. Aber dann fragt man Google und merkt: »EFF« steht für Mark Forster und Felix Jaehn. Forster ist der Typ aus der Castingshow-Jury und Jaehn der, der letztes Jahr fast durchgehend auf Platz 1 stand. Und das geheimnisvolle EFF spricht man aus wie den Buchstaben F. Forster und Felix. Na prima.

Man hätte es natürlich ahnen können. Der Song »Stimme«, mit dem die beiden gerade die Charts anführen, weist alle Symptome eines Jaehn-Hits auf. Ein Beat mit ein paar sommerlichen Versatzstücken vom Xylophon (vgl. »Ain't Nobody (Loves Me Better)«, Juli 2015 ff.). Dazu etwas Gesang, ein typischer Forster-Text, sympathisch, lebensnah und absolut familiengeeignet - es geht um das Bauchgefühl, das immer recht hat. »Hör auf die Stimme, hör was sie sagt«. Spannend klingt anders.

Zunächst muss man sagen, Felix Jaehn ist einer der derzeit erfolgreichsten deutschen Musikproduzenten. Vor genau einem Jahr tauchte er in den Charts auf, lieferte dann den offiziellen Sommerhit, nun hat er seinen dritten Nummer-1-Hit. Die Frage ist aber, warum nun dieser merkwürdige Name, warum »EFF«? Warum nicht »Felix Jaehn feat. Mark Forster«, wie allgemein üblich und ja durchaus zweckmäßig? Schließlich dürften ein paar tausend Fans das Lied schon allein wegen der Namen kaufen. Wieso also verschleiern zwei etablierte Stars ihre Kooperation mit diesem seltsamen Decknamen?

Die Sache mit Stars und Pseudonymen ist nicht neu. Neil Young nannte sich zeitweise Bernard Shakey, Lana Del Rey trat unter dem Namen »Kreayshawn Of Moody« auf, Paul McCartney hat Songs unter den Namen Paul Ramon, Bernard Webb, Percy Thrillington, Clint Harrigan und Apollo C veröffentlicht. Der reinste Verwandlungskünstler! REM traten live unter dem Namen »Bingo Hand Job« auf, als sie keine Lust mehr auf große ausverkaufte Stadien hatten. So machten es auch schon die Ärzte, als sie 2011 unter dem Decknamen »Laternen-Joe« in einem Kulturhaus in Fürstenfeldbruck vor 1500 Menschen spielten.

Was lernen wir daraus? Die Abkehr vom echten Namen, der Wechsel zum Pseudonym, markiert das Erreichen eines Zeniths, den Eintritt in eine neue Phase. Wer einen Decknamen verwendet, dessen Ziel ist nicht noch mehr Berühmtheit - es ist das Gegenteil. Die Abkehr von der Prominenz. Es ist aber auch oft das Zeichen für einen neuen Stil: Als vor ein paar Jahren eine Band namens »Foxboro Hot Tubs« auftauchte, brauchte es erst ein paar Auftritte, bis Fans erkannten, dass es sich dabei um Green Day handelte, die Lust auf klassischen Bluesrock hatten.

Was hat es also mit EFF auf sich? Stilistisches Neuland betritt mit dem Projekt weder Jaehn noch Forster. Sie haben aber, abgesehen von ein paar Hinweisfotos auf Instagram, ihre Identität bis zum Schluss geheim gehalten. Die Plattenfirma kündigte den Song lediglich mit einem äußerst merkwürdigen PR-Gedicht an: »Ode an die Stimme. 06. Juni 2015. Zwei und Dreißigtausend Hessen. Idee in einer weißen Sommernacht. Zu etwas Großem bist Du gereift. Zwischen Berlin und Wien, zwischen Genie und Wahnsinn.« Das soll verstehen, wer will - jedenfalls fällt keiner der echten Namen.

Vielleicht ist es, Verzeihung, liebe Beatles-Fans, tatsächlich ähnlich wie damals bei Paul McCartney. Der nannte sich als Songwriter zum ersten Mal Bernard Webb, als er den Eindruck hatte, dass jede Platte automatisch zum Erfolg wird, auf der sein Name im Kleingedruckten steht. Geholfen hat die Tarnung wenig. In der ersten Rezension zu Bernard Webbs Song »Woman« stand: »This Bernard Webb has an amazing talent. Could even be Paul McCartney!«

Gut möglich, dass es Felix Jaehn nach dem sensationell erfolgreichen Jahr 2015 genauso geht wie Paul McCartney im Jahr 1966. Er hat Erfolg mit allem, was er anfasst. Jeder hingewurstete Remix geht zwölfmal Platin. Vielleicht will Felix Jaehn mit »EFF« einfach mal prüfen, was mehr zählt: Sein Name oder sein Talent. Dann müsste Jaehn jetzt sehr zufrieden sein.

Erinnert an: Felix Jaehn und Mark Forster
Wer kauft das? Menschen, die denken, sie hätten was neues entdeckt
Was dem Song gut tun würde: Wenn die »Foxboro Hot Tubs« ihn mal covern würden.

Fotos: dpa