An der Balkontür ist was kaputt, ich versteh’s nicht: Immer wenn es heftig geregnet hat, steht eine Pfütze im Zimmer. Das Wasser läuft durch ein Leck in der Tür herein, aber ich finde das Leck nicht.
Wer repariert denn so was? Der Schreiner, der vor Jahren den rechten Flügel der Balkontür richtete, ist unbekannt verzogen. Der andere Schreiner, der uns ein Regal baute, hat geheiratet und den Namen seiner Frau angenommen; wie die heißt, weiß ich nicht. Ein dritter Schreiner, der einst das Parkett abschliff, sagt, er werde »einen Mann vorbeischicken«, aber der Mann kommt nicht, und ich werde diesen Schreiner nicht um diesen Mann anbetteln. Nein, das werde ich nicht.
»Einen Mann vorbeischicken« – da fällt mir ein: Vor Jahren zog meine Freundin I. aus Paris nach München und hatte mit einem Schreiner zu tun, der ihr sagte: »Ich schicke Ihnen meinen Mann vorbei.« Und I. dachte, wie sehr sich Deutschland in den Jahren ihrer Abwesenheit verändert habe. So aufgeklärt sei es geworden, dass ein schwuler Schreiner offen von »meinem Mann« spreche, staunte sie, bis ich ihr alles erklärte.
Aber wer repariert die Balkontür? Und wer legt das Kabel, das Luis’ Computer im Zimmer hinten mit dem Internetanschluss im Zimmer vorne verbindet, im Flur unter die Bodenleiste? Machen so was Elektriker? Schreiner? Niemand?
Es müsste ein zentrales Handwerker-Telefon geben, bei dem man solche Fragen äußern kann. Gibt es aber nicht.
Aber es gibt eine Internetseite, auf der »doofe Erfindungen« vorgestellt werden: ein Gewehr, das um die Ecke schießen kann; künstliche Frauenbrüste, die sich heben und senken, sodass Baby dazwischen einschläft; der Zigarettenhalter für Regentage, mit Schirm über der Glut.
Alles schön und gut.
Aber die vielen Erfindungen, die wir wirklich benötigen …? Bruno, mein Freund, ersehnt die technische Verbindung, die es ermöglicht, mit dem Fahrer eines Autos, das neben, vor oder hinter dem eigenen Wagen am Straßenverkehr teilnimmt, in eine Sprachverbindung zu treten. Man möchte doch oft einem anderen Chauffeur gerne ganz direkt mitteilen, was man von ihm hält – ohne Handy, ohne offene Scheibe, auch ohne Gesten. Es geht nicht. Und so was nennt sich nun »moderne Zeit«.
S., meine liebe Kollegin, hat einen Mann, der eine Gleitsichtbrille trägt, der untere Teil zum Lesen, der obere zum Autofahren, Fernsehen und dergleichen. Wobei dieser Mann auf dem Sofa, wenn er fernsieht, im Verlauf des Abends immer weiter nach unten rutscht, bis sein Blick auf den Bildschirm irgendwann durch den Leseteil der Brillengläser fällt; er setzt dann die Brille falsch herum auf. Warum, fragt sie, gibt es keine Brille, bei der in solchem Fall auch die Bügel und der Nasenreiter zwischen den Gläsern sich umdrehen?
Paul, der Cousin, hat vor einer Weile eine neue Wohnung bezogen. Wie wunderbar licht, klar, leer waren die Räume noch Monate nach dem Bezug. Nun halten immer neue Gegenstände ihren Einzug. Verändern das Wohngefühl. Paul wünscht sich am Eingang eine Waage und/oder einen Gegenstandsvolumenmesser (ähnlich der gelben Briefgrößenmess-Scheibe bei der Post), der neu in die Wohnung einzubringende Dinge nur passieren lässt, wenn gleichwertige Sachen hinausgetragen werden, sodass Gesamtgewicht und Gegenstandsvolumen immer gleich bleiben.
Gibt es aber nicht, so was.
Es gibt Waschanlagen für Autos, aber nicht für Fahrräder. Es gibt keinen Gesamtschlüssel für alle Dinge, die man besitzt, sodass wir weiterhin riesige Schlüsselbunde tragen. Es gibt auch nicht: den schwebenden Regenschirm oder wenigstens einen dritten Arm für Regentage.
In Nürnberg ist jetzt Erfindermesse. Doch wenn wir nach einigen tausend Jahren menschlichen Erfindungsgeistes eine Zwischenbilanz ziehen, müssen wir sagen: Es gibt zwar sehr viele Erfindungen, aber die meisten Erfindungen gibt es nach wie vor nicht.
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Warum repariert Axel Hacke die Balkontür nicht einfach selbst, mag mancher Leser denken. Weil aus der pfütze dann ein See würde. Darum.
Illustration: Dirk Schmidt