Im US-Staat Utah baut der amerikanische Geheimdienst NSA einen Datenspeicher, der, wenn er fertig ist, fünf Mal so groß wie das Kapitol sein wird, Sitz des Kongresses in Washington. Die Datenmenge, die man hier erfasst, soll fünf Zettabyte ausmachen, wobei ein Zettabyte das Tausendfache eines Exabytes ist. Im Jahre 2009 enthielt das gesamte weltweite Internet etwa 500 Exabyte, also ein halbes Zettabyte; 2016 soll dieses Volumen die Zettabyte-Grenze schon überschreiten, das wäre aber erst ein Fünftel der Speicherkapazität der NSA.
In Utah ist also vorerst genug Platz für das Gequatsche der Welt. Zur Kühlung der Computer dort benötigt man so viel Strom wie eine Stadt mit 20 000 Einwohnern, das kostet pro Monat eine Million Dollar. Das Problem ist: In den vergangenen 13 Monaten hat es, dem Wall Street Journal zufolge, immer wieder erhebliche Stromschwankungen gegeben; sie führten zu zehn Störfällen mit Lichtblitzen, Explosionen, Bränden, Metallschmelzen und Ausfall ganzer Stromkreise. Das Utah Data Center kann nur mit mehr als einjähriger Verspätung in Betrieb genommen werden.
Solche Stromprobleme sind in den USA normal, Teile des Netzes stammen noch aus dem Jahr 1880, es ist sehr anfällig. In der New York Times las ich kürzlich einen Artikel über Stromausfälle, die durch Eichhörnchen verursacht wurden. Immer wieder sind Tausende von Amerikanern ohne Strom, weil Eichhörnchen Kabel angeknabbert und dadurch Kurzschlüsse verursacht haben; der Autor des Artikels zählte die Vorfälle nach Hunderten. Eines der größten Probleme für die Energieversorgung der Vereinigten Staaten sind also Eichhörnchen. Selbst die Börse Nasdaq wurde von ihnen lahmgelegt, in Tampa/Florida mussten die Menschen tagelang das Wasser abkochen, weil Eichhörnchen eine Wasseraufbereitungsanlage zerstört hatten, und in Oklahoma brannte die Prärie, weil ein vom Starkstrom durchflossenes und erhitztes Eichhorn von einem Mast ins Gras gefallen war und dieses entzündet hatte.
Was tun? Man kann nicht jedes Kabel mit Fuchs-Urin imprägnieren, nicht jede Leitung mit eichhörnchenfestem Material ummanteln. Man kann nicht alle Eichhörnchen inhaftieren. Oder sie töten. Handelt es sich bei ihnen um feindliche Intelligenz? Taliban des Tierreichs? Nein, Eichhörnchen sind Kulturfolger, sie begleiten den Menschen, weil sie in seiner Nähe Nahrung finden. Und der Schöpfer hat ihnen wachsende Zähne gegeben, immerzu wachsen diese Zähne, sie müssen durch dauerndes Nagen gekürzt werden. Hätte der Mensch solche Zähne, er müsste auch immerzu an etwas herumbeißen.
Es lässt sich sagen: Die gigantischen Überwachungsprogramme der NSA werden im Moment weniger von Edward Snowden gefährdet als von amerikanischen Eichhörnchen. Kein Geheimdienst der Welt kann sich das gefallen lassen, er wäre der Lächerlichkeit preisgegeben.
Man wird die Tiere überwachen müssen. Ihre Aufenthaltsorte abhören, ihre Wege aufzeichnen, ihre Mitteilungen speichern. Ihrer Pläne habhaft werden. Kein einziges Eichhörnchen darf es geben, das die NSA nicht kennt. Es leben in den USA, einer aktuellen Schätzung der Naturschutzbehörde des Staates Missouri zufolge, rund eine Milliarde dieser Tiere, mehr als drei Mal so viel wie das Land Menschen hat. Was für eine Herausforderung! Als gäbe es nicht Bedrohungen genug! Jedes Eichhörnchen kann jederzeit in eine Stromleitung beißen, ein Wahnsinn! Amerika muss davor geschützt werden – und wenn es weiterer Speicherkapazitäten von was-weiß-ich-wie-viel Zettabeiß bedarf, es geht nicht ohne flächendeckendes Monitoring: große Säle mit Tausenden von Bildschirmen, davor Eichhörnchenüberwacher ohne Zahl, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft jedes der Tiere kennen.
Es geschieht doch auch zu deren Schutz. Es ist in ihrem eigenen Sinne. Kein Eichhörnchen möchte, von Tausenden Volt durchzittert, ein frühes Ende finden. Die NSA ist auch für sie da, Tag und Nacht.
Illustration: Dirk Schmidt