Nachdem ich vor langer Zeit aus einigen so schlecht wie lustig ins Deutsche übersetzten italienischen Speisekarten zitierte, erreichen mich fast Woche für Woche deutsche Speisekarten, Münztankstellen-Bedienungsanleitungen und Reiseprospekte aus allen Teilen Europas. Sei es aus Swieta Lipka in Masuren, wo mein Münchner Leser B. und seine Frau so schöne Gerichte wie »Schenkel Huhn grillen« aßen. Sei es aus Großbritannien, wo der Jugendherbergsverband der Leserin B. aus Stuttgart »saubere, sichere, freundliche und erschwingliche Anpassung an über 300 Jugendhostels« anbot, welche sich in einer »Betäubenlandschaft« befänden.Und immer wieder fragt man sich: Wie ist das möglich?Wie in aller Welt kann der Besitzer des Asia-Bistros »Anh-Yen« in Berlin (auch unter Berücksichtigung allerneuester Rechtschreibreformen mit ihren Trennungsregelungen) darauf gekommen sein, auf seiner Karte »Täglich wes chel ende Menüsim Angebot« sowie ein »Ü berraschung sgeschenk« zu offerieren?Wer im »Team von 5 dinamische berufliche und sachkundige Personen, die die verbreiteteste Sprache können« (nämlich bei der Spedition J.T.A. im italienischen Saccolongo) kam auf welchem Wege darauf, Kunden in Deutschland »die Vermietung von Kranich für das Abladung und die Ladung der Ihren Ware im ganzen Italien« anzubieten?Warum um Himmels willen bietet das Restaurant »La Guitoune« in Pyla-sur-Mer/ Frankreich so rätselhafte Speisen wie »Gesengte haus krapfen« an, auch »Geröstete Teerjacke mit fenchel«, ja sogar »Zeitsalat«?Moment mal: Zeitsalat?!Da richtet sich der Blick auf die französische Originalspeise, die »Salade de Saison« heißt, also »Salat nach der Jahreszeit«. Aber da »Saison« nicht nur die »Jahreszeit« ist, sondern auch die »rechte Zeit« für dieses oder jenes, hat sich der Wirt aus dem Wörterbuch einfach das Falsche herausgesucht und eingesetzt. So ist er auch auf die »Geröstete Teerjacke« gekommen, eigentlich ein »Loup de mer«, also ein Seewolf – aber »Loup de mer« heißt im übertragenen Sinn auch »alter Seebär« oder eben »alte Teerjacke«, und nur das »alt« hat der Koch beim Kartenübersetzen weggelassen – Glück im Unglück, möchte man sagen. Es handelt sich ja um ein Fischgericht.Sollten Sie übrigens jemals nach Pyla-sur-Mer kommen, sprechen Sie den Wirt vom »La Guitone« besser nicht auf diese Mängel an. Er bietet auf seiner Karte auch »Roheiten« an – und wer weiß, wie er das meint. Wir stellen also in unserem kleinen Speisekarten-Deutschkurs fest: Meistens kommt man der Sache mit einem Wörterbuch auf die Spur, denn mehr als ein Wörterbuch hat auch der Speisekarten-Texter nie gehabt. Der Sprache, in die er da hineinübersetzt hat, war er jedenfalls nicht im Geringsten mächtig.Wie aber lösen wir die Rätsel, die wir auf der Snack-Karte des Hotels »Palace de Muro« finden?Die Antwort: mit Hilfe von zwei Wörterbüchern.Leserin F. brachte die Karte aus Mallorca mit und wundert sich zu Recht, dass dort nicht nur für acht Euro »Ihr Vergnügen, mit Salat und Tomate« angeboten wurde, sondern auch »Teil Späne« sowie »Huhntorte«. Vor allem aber las sie unter »Hamburguer mit Kä-se« den rätselhaften Satz: »Der Hamburger Zorn diente mit oder ohne Käse, Brot, Späne und Salat. Der ganzer Platten Zorn diente mit Spänen und menestra als Gemüse.«Wie dies entstand – darauf kommt man nur, wenn man den spanischen Originaltext liest: »La hamburguesa irá servida con o sin queso...« Also: Der Hamburger wird mit oder ohne Käse serviert – so lautet das richtig übersetzt.Wenn man aber rein nach Wörterbuch vorgeht und zunächst ins Englische übersetzt, landet man im spanisch-englischen Dictionary unter »hamburguesa« bei »Hambur-ger«, dann unter »ira« (das ohne Akzent »Zorn« bedeutet) bei »wrath« und übersetzt: »The hamburger wrath served with or without cheese…« Und dann nimmt man ein englisch-deutsches Wörterbuch, sieht nach, was »wrath« heißt, und schreibt: »Der Hamburger Zorn...«Aus nämlichem Grunde bietet das »Palace de Muro« auch kein Club-Sandwich an, sondern etwas, das »Verein« heißt, und beschließt sein Speisekarten-Angebot nicht mit »Nachspeisen«, sondern mit »Wüsten«, das sind im Englischen »Deserts«, obwohl es eigentlich »Desserts« sein sollten, aber wenn man Speisekarten in fremden Sprachen verfasst, sollte man dieser Sprachen nicht nur nicht mächtig sein, sondern sich auch an den passenden Stellen noch ordentlich verschreiben.Sonst macht es ja keinen Spaß.Dies findet jedenfalls Ihr wie immer sehr ergebener Spalla Zappa alias Épaule Pioche alias Hombro Azada alias Shoulder Hoe alias Achsel Hacke.