Was ich gar nicht gewusst hatte: In keinem Land der Welt gibt es mehr Rinder als in Indien. Ich hätte auf eines der Länder Südamerikas getippt, wo Urwälder abgeholzt werden, um Rinder zu züchten, die als Hackfleischhappen enden. Tatsächlich kommen in Uruguay knapp 3500 Rinder auf tausend Einwohner, in Indien sind es nur 220. Aber da Uruguay bloß 3,4 Millionen Einwohner hat, Indien jedoch 1,2 Milliarden, ist die Sache klar. Dort leben knapp dreißig Prozent des Weltrinderbestandes; in der New York Times las ich, es seien 280 Millionen Tiere. Nicht wenige durchwandern die Städte, denn die Kuh, das weiß sogar ich, ist den Hindus heilig, man darf sie nicht schlachten.
Da in Indien neben Kühen noch 200 Millionen Schafe, Ziegen, Yaks und Büffel wohnen, kann sich jeder denken, dass dieses Land weltweit führend in der Hervorbringung von Methan ist. Aus dem Subkontinent dringen Tag für Tag Abermilliarden von Tierfürzen in die Atmosphäre, Indien ist der größte Pupsproduzent der Welt, auch das hatte ich nicht gewusst. Aber wir müssen uns damit beschäftigen, Methan ist fürs Klima schädlicher als Kohlendioxid.
Hier kommt Dr. E.M. Muhammed ins Spiel. Er lebt als Rinderzuchtexperte im indischen Bundesstaat Kerala, so wie die kleinste Kuh der Welt, Manikyam heißt sie und ist 61,1 Zentimeter hoch, das ist weniger als ein Drittel der Körpergröße von Donald Trump. Eine solche Kuh produziert natürlich vermutlich auch nur ein Drittel so viel Methan wie er (überhaupt viel weniger heiße Luft) und bis zu zehnmal weniger als die richtig großen Rindviecher. Aber heilig ist sie natürlich trotzdem, und übrigens verträgt sie große Hitze besser als andere. Muhammed sagt, er wolle eine Herde hitzetoleranter, planetenfreundlicher Kühe züchten.
Man muss seine Arbeit an der Kuhverkleinerung in größere Zusammenhänge einordnen. Seit Langem geht ein globaler Trend in Richtung Miniaturisierung: Alles wird kleiner, Telefone, Gletscher, Computer. Man plant, Menschen bakteriengroße Roboter zu injizieren, die in den Blutbahnen nach Defekten suchen, Krebszellen etwa, deren sie sich in gesundheitsfördender Weise annehmen. Die Reduzierung von Rindergrößen passt ins Bild. Wie vernünftig wäre es, man würde einen solchen Prozess auch bei Hunden beginnen und so eine Wende in der Hundehaufenproblematik einleiten, die eine Stadt wie Berlin weit mehr beschäftigt als zum Beispiel der nichtfertigwerdende Flughafen. (Der auch längst in Betrieb wäre, hätte man ihn kleiner angelegt.)
Wenn man aber alles andere verkleinert hat, Kühe, Hunde, Computer, Roboter, dann wird es irgendwann Zeit, sich dem Menschen zuzuwenden, nicht wahr? Die Explosion der Weltbevölkerungszahl, die Endlichkeit aller Ressourcen – das alles zeigt deutlich, wohin der Weg gehen muss. Wenn es von allem immer weniger gibt (Erdöl, Seltene Erden, Zinsen), und wenn wir auch immer weniger ausstoßen dürfen (Methan, wie gesagt, und Kohlendioxid), bleibt keine andere Möglichkeit, als auch den Menschen zu stutzen. Aber wie?
Jeder, der heranwachsende Kinder hat und abends die riesigen Schuhe sieht, die sie vor der Tür abstellen, Schuhe, aus deren Material noch unsere Ahnen die Fußbekleidung einer ganzen Familie hätten fertigen können, jeder also weiß, dass die Tendenz eher zur Größe geht. Wie kehrt man das um?
Vielleicht muss man, als ersten Schritt, endlich die Anbetung dieser Größe beenden, die Bewunderung des Großmauls, die Verehrung des starken Mannes zum Beispiel, die neuerdings wieder um sich greift, des Durchgreifers, Aufdentischhauers und Schlussmachers. Es ist ja nicht nur der immer noch steigende Ausstoß an klimaschädlichen Gasen, der unser Leben schwieriger macht, es ist in jüngster Zeit auch die wachsende Produktion von Blödsinn und dummem Gerede.
Wie sagt der Wolkenkratzerkönig Donald Trump? Make America great again! Unser Ruf muss lauten: Haben Sie’s nicht ’ne Nummer kleiner?!
Illustration: Dirk Schmidt