Nina und Andreas wussten, dass ihre Kinder blind werden können. Sie sind selbst blind, und ihre Seherkrankungen sind erblich. Welche besseren Lehrer könnte ein blindes Kind haben als blinde Eltern?, dachten sie. Bei ihnen wäre das Kind kein Sonderling. Dann wurde ihre erste Tochter, Myra, geboren. Sie konnte sehen, das war ein Schreck.
Dass Nina, die Mutter, blind ist, beschloss sie mit 27. Ihren Realschulabschluss hatte sie noch an einer Regelschule gemacht. Als einzige Sehbehinderte hatte sie sich durchgekämpft. Die durch Kohlepapier geschlagenen Tafel-Mitschriften ihrer Tischnachbarin nachmittags aufgearbeitet, während die anderen draußen ihre ersten Zigaretten rauchten. Sie las, übte, studierte, mit der Nase nah am Papier, der Schrift nah am Auge. Geh nie auf eine Blindenschule, sagte ihre Mutter, dann bist du für immer abgestempelt. Nina weigerte sich, die Blindenschrift Braille zu lernen, mit dem Finger über Papier zu tasten. Nina wollte nicht anders sein.
Von ihrer Mutter hatte sie die Angst davor geerbt, als behindert zu gelten. Und die Aniridie. Eine seltene Krankheit, etwa 900 Menschen in Deutschland leiden daran. Aniridie heißt: Dem Auge fehlt die Regenbogenhaut, die Iris. Licht fällt ein, aber ungebündelt. Auf der Netzhaut formt sich kein klares Bild, nur ein wildes Durcheinander an Helligkeit und Farben. Eine bunte Blindheit.
Doch nach und nach verlor Nina auch die Helligkeit. Auf dem linken Auge schneller als auf dem rechten. Nina ging von Arzt zu Arzt. An dem Tag, als sie beschloss, blind zu sein, war sie zum dritten Mal in die Uniklinik Düsseldorf gefahren, um sich eine Spender-Hornhaut transplantieren zu lassen. Zum dritten Mal hatte der Arzt die Operation Minuten vorher abgesagt. Der Druck in ihren Augen sei zu groß, eine Operation unter diesen Umständen zu riskant. Nina saß im Sprechzimmer. Vor ihr standen der Stationsarzt und die Oberärztin. Seit 15 Jahren hatte Nina auf die Hornhaut gehofft. Jetzt fühlte sie sich, wie sie sich nie fühlen sollte, ausgeliefert und abhängig. Behindert. Sie nahm ihre Tasche und stand auf. »Wenn Sie die Behandlung abbrechen, kann das zur völligen Blindheit führen«, sagte die Oberärztin. Nina ging. Heute sagt Nina, dass sie mit dieser Entscheidung erwachsen geworden ist.
Ninas Sehnsucht galt der Normalität. Als sie die Siedlung in Hannover zum ersten Mal betrat, wusste sie, hier wollte sie leben: gestutzte Hecken, Häuserreihen wie mit einem Legostecksystem aufgereiht, Äcker rundherum. Perfekt, fand Nina, und ließ sich dort ein Haus errichten. Die blinde Frau hängte Bilder an die Wände und Gardinen an die Fenster. Andreas lernte sie auf einer Party kennen. Nina hatte einen Käsekuchen gebacken und Zucker mit Salz verwechselt. Das gefiel ihm. Sie redeten die ganze Nacht durch. »Es war Liebe auf den ersten … wie nennt man das? Horch?«, sagt Andreas. Andreas ist ein stolzer Blinder, er brachte Nina zum Lachen. Sie verliebten sich, heirateten, er zog von Leipzig zu ihr nach Hannover. Sie nahm eine Stelle als Telefonistin in einer Bank an, er eine als Physiotherapeut.
Vor Myras Geburt waren Andreas und Nina bei einem Humangenetiker. Sie wollten ausschließen, dass ihr Kind mit einer offenen Wirbelsäule geboren würde, wie es in Ninas Familie schon vorgekommen war. Nichts fand Nina schlimmer als die Vorstellung eines unselbstständigen Lebens für ihr Kind. Die Wahrscheinlichkeit, dass Myra blind würde, lag bei fünfzig Prozent. Wenn es nur das ist! Nina-Jasmin Mangelsdorf war 29 und bereit, Mutter zu werden. Wir nehmen’s, wie’s kommt, sagten die Mangelsdorfs.
Schon bei der Geburt hatte Myra die Augen offen. Nina, ihr blinder Ehemann und ihre blinde Mutter lauschten im Kreißsaal auf das Klimpern des Schlüsselbundes der Hebamme. »Hat sie Pupillen?«, fragte Nina. »Ihre Augen folgen dem Schlüssel«, sagte die Hebamme. Myra konnte sehen. Für Nina war es, als würde jemand zu ihr sagen: Du hast alles richtig gemacht.
Das ist sechs Jahre her. Es ist schwer zu sagen, ob Myras Augen einem stärker auffallen, weil der Rest ihrer Familie blind ist oder weil sie einfach groß sind. Die Eule, wie ihre Eltern sie nennen, hat grünblaue Augen, blonde Haare und einen Pagenschnitt. Sie ist drahtig und quirlig. Wenn sie nicht gerade tanzt, springt sie Seil oder balanciert auf einem Ball. Stolz präsentiert Myra ihre Zahnlücke und steckt die Zunge durch.
In ihrer Familie ist Myra diejenige, die nicht wie die anderen ist. Sie braucht morgens Licht im Bad, sie guckt gern fern und spielt Handyspiele. Sie ist die Einzige, die die aufgestellten Familienfotos im Wohnzimmer sehen kann, und sie macht ihre kleine Schwester sauber, wenn die sich vollgekrümelt hat.
Vor einem Jahr bekamen Nina und Andreas Mangelsdorf eine zweite Tochter, Aliah. Als sie mit derselben Krankheit wie ihre Mutter geboren wurde, Aniridie, sagte Myra: »Dann gucke ich halt für vier.« Nina weinte. Zu sich selbst sagte Nina: Na ja, wenigstens haben wir eine in der Familie mit Durchblick. Ob Aliah einmal auf die Blindenschule muss oder einen Führerschein machen wird, weiß im Moment niemand. Noch kann sie sehen. Sie tastet nicht nach Buntstiften, sie nimmt sie gezielt. Eine lichtfilternde Brille kompensiert erst einmal, dass die Iris fehlt. Aliahs Sicht kann im Laufe ihres Lebens schlechter werden, aber das ist nicht vorauszusagen. Auch nicht, wann und in welchem Tempo sich zum Beispiel ihre Hornhaut zersetzen könnte. Das Problem: Die Krankheit kann sich nur verschlimmern, nicht verbessern.
Fragt man Myras Lehrer, ob sie einen Unterschied zu den anderen Schülern feststellen, ist die Antwort: Nein, sie sei völlig unauffällig. Oder doch, eine Sache sei da, sie sei die Einzige in ihrer Inklusionsklasse, die sich für eine Gruppenarbeit auch mal von alleine zu einem behinderten Kind an den Tisch setze.
Myra kann nicht wie die behinderten Kinder nach der Schule von einem Fahrdienst nach Hause gefahren werden, weil sie nicht behindert ist. Dass ihre Eltern sie aber trotzdem nicht mit dem Auto abholen können, wurde nicht bedacht. Also fängt Nina morgens oft später an zu arbeiten und hört mittags manchmal früher auf, um Myra mit dem Bus zur Schule und Aliah zur Kindertagesstätte zu bringen und von dort wieder zu holen. Auch wenn Myra meistens allein fahren will.
Manchmal fragt Myra ihren Vater, ob sie ihn führen darf. Das ist nichts Außergewöhnliches für die beiden. Es ist die Außenwelt, die ihr zu verstehen gibt, dass sie anders ist. Als ihr Vater sie neulich, wie jeden Freitag, vom Schwimmunterricht abholte, schenkte ein Mann ihr zwei Fünfzig-Cent-Stücke und Schokolade. Aus Bewunderung. Also aus Mitleid. Weil sie ihren Vater immer so toll führe. Wenn Myra und ihr Vater zusammen gehen, zum Beispiel von zu Hause zur Bushaltestelle, legt er für gewöhnlich seine Hand auf ihre Schulter. Sie reden dabei nicht, und Myra warnt nicht vor Hindernissen. Sie bleibt an der Ampel stehen, er auch. Sie steigt die Stufen hoch in den Bus, er kommt hinterher. Es ist ein wortloses Verstehen, beiläufig.
Das ist das eigentlich Schlimme am Blindsein, findet er: ständig erklären zu müssen, dass es nicht schlimm ist.
Nina sagt: »Unsere Kinder sind keine Blindenhunde. Ich habe ein Haus gebaut, geheiratet und zwei Kinder geboren. Ich habe sie nicht gekriegt, um im Leben klarzukommen.« Manchmal fühlt sie sich entmündigt, wenn ihre Kinder in der Öffentlichkeit angesprochen werden, als wären die Eltern unsichtbar. Myra sitzt am Küchentisch. Seit September geht sie in die erste Klasse und lernt Lesen. Nina steht über ihrer Tochter und schaut auf das kopierte Arbeitsblatt mit den Übungen. Mit einem Monokular, einer Art Fernglas, erkennt sie einzelne Buchstaben. So arbeitet sie sich auch durch Briefe und Rechnungen. Myra wackelt unter dem Tisch mit den Beinen, greift sich in ihre blonden Haare und starrt auf ihren Zettel. Myra liest den ersten Buchstaben: »Pe.« Ninas Ton wird scharf.
»Myra, wie sollt ihr das aussprechen?« Myra schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. »Myra, jetzt lies.«
»P?«
»Lies das ganze Wort, Mensch.«
»P-f-e-r-d, Pferd.«
Neues Wort. »Pe … äh, nein …«
»Mensch, Myra! Jetzt denk nach!« Myra schießen Tränen in die Augen. Sie verzieht ihr Gesicht. Sie macht weiter, bis sie alle Wörter auf dem Zettel gelesen hat. Nach zehn Minuten ist sie fertig. »Boah«, stößt Nina genervt aus, legt ihr Monokular weg und lässt Myra allein in der Küche.
Nina ist eine strenge Mutter. Vom Lesen bekommt sie Kopfschmerzen, denn nur ihr rechtes Auge kann noch mit Hilfe des Monokulars Buchstaben erkennen, das linke ist ganz blind. Die Übungen mit ihrer Tochter macht sie trotzdem. Nina gibt keine Aufgaben an ihre sehende Tochter ab. Sie würde sich nicht führen oder einen Brief vorlesen lassen. Sie ist die Mutter, die Rollen sind klar. Und auch wenn sie oft das Gefühl hat, das Leben bestehe nur aus Rechnungen, Busfahrplänen und Packungsbeilagen, empfindet sie es als ihre Verantwortung, damit zurechtzukommen. »Meine Kinder können nichts für meine Behinderung«, sagt sie. Deshalb ist es ihr Ziel, ihren Töchtern ein normales Leben zu ermöglichen. Normal für Sehende. »Ich setze aber manchmal zu viel voraus bei Myra. Ich denke dann, sie könnte leichter durch das Leben gehen, als sie es tut.«
Oft geht Myra leise durch das Leben, sie hat dafür »Schleichsocken«, solche mit besonders dicker Sohle. Denn ihre Eltern können sie auch hören, wenn sie nicht im selben Raum sind. Sie merken fast alles. Myra zieht ihre Schleichsocken an, um auf das Regal in ihrem Kinderzimmer zu klettern und ihr Poesiealbum aus der obersten Schublade zu holen oder um heimlich in der Küche Seil zu springen. »Sag mal, wisst ihr eigentlich, dass Myra die Wände vollgekritzelt hat?«, fragte eine Nachbarin, als sie neulich zu Besuch war. Männchen, Häuser, Herzchen, schwarze, rote, gelbe Striche, ja sogar die Lampe über ihrem Bett hatte sie angemalt. Nein, Nina wusste es nicht. Oberflächliche Dinge wie Ordnung und Sauberkeit sind schwierig zu kontrollieren, wenn man nicht sehen kann. Die Angst davor, in der Welt der Sehenden als Mutter nicht zu genügen, durch Umstände, die sie nicht kontrollieren kann, macht Nina Mangelsdorf misstrauisch.
Was ist, wenn Nachbarn finden, es sei nicht sauber genug in ihrem Haus? Würde das vielleicht das Jugendamt auf den Plan rufen? Nina hat auch das in Gedanken oft durchgespielt: »Ich lasse die einfach nicht rein. Ich kann keine Ausweise lesen. Theoretisch muss ich nicht einmal die Polizei reinlassen.« Der Boden in ihrem Haus ist gefliest, im ersten Stock hat sie leicht abwischbares Laminat verlegen lassen. Die Kinder sollen auf keine allzu neugierigen Fragen der Nachbarn antworten, und die Buntstifte ihrer Tochter hält Nina jetzt unter Verschluss. Myras Malereien an den Wänden will Nina mit ein paar Freunden überstreichen, mit sauberem, glattem Blau.
Mit Andreas, dem Vater, spielen die Töchter, sobald sie aus der Schule und der Kindertagesstätte kommen. Er singt mit ihnen, trös-tet sie, wenn sie hingefallen sind, nimmt sie auf den Arm, wenn sie Medizin schlucken müssen. Mit sechs Jahren, er war so alt wie Myra heute, fiel er beim Spielen hin, erlitt eine Gehirnerschütterung und verlor sein Augenlicht. Sein Sehnerv sei beim Sturz »zerbröckelt«, sagt er. Aufgrund einer Augenkrankheit war der Nerv fragil. Wegen dieser Augenkrankheit, die er in den Genen trägt, wäre Andreas auch ohne Sturz irgendwann erblindet; die Krankheit vererbt sich nur auf Jungen, sodass Myra und Aliah sie nicht bekommen können – deren Söhne aber schon. Nach dem Unfall war Andreas erst entmutigt, dann begann er mit sieben Jahren Sport zu machen. Er nahm als blinder Sprinter an Leichtathletik-Meisterschaften in der DDR teil. Seine Mutter ließ ihn als Kind allein Zug fahren, er ist sogar mal Fahrrad gefahren. Er vermisst heute nichts, sagt der 38-Jährige.
Sehende nähmen die Welt zu achtzig Prozent visuell wahr, sagt Andreas. Es ist etwas Emotionales für die Menschen, hat er festgestellt. Deshalb begegnet man ihm mit Mitleid. Die Wiese riecht genauso bunt, wie sie aussieht, den Vogel im Baum kann er hören, seine Frau und die Kinder fühlen. Andreas nimmt die Dinge leicht. Das Einzige, was er sich nicht vorstellen kann, ist, ohne Gehör zu leben. »Dann wäre ich behindert«, sagt er.
»Ist es schlimm, dass wir nicht sehen können?«, fragt er Myra. »Nö … ähm, doch.« Myra schaut ihren Vater an. »Nee«, sagt sie und vergräbt ihr Gesicht in seiner Armbeuge. Er umarmt sie und küsst sie auf den Kopf.
Zweimal im Jahr gehen die Mangelsdorfs mit Aliah ins Kinderkrankenhaus, um ihre Entwicklung zu beobachten. Die regelmäßigen Termine sind ein Test ihrer Normalität, ein Test der Familie: Isst sie genügend Fleisch? Weicht sie Hindernissen aus? Wie groß ist ihr Wortschatz? Aniridie hat nicht nur Auswirkungen auf die Sehkraft. Die Krankheit kann auch geistige Behinderung und Diabetes zur Folge haben.
Die Ärztin, kurze graue Haare, Brille, klopft mit einem kleinen Hammer an Aliahs Knie und in ihre Armbeuge. Nach einer Stunde sagt sie: »Ich kann ihr im Moment nichts anhängen.« Alle lachen. Andreas beugt sich runter: »Echt, du bist normal? Das hätten wir gar nicht gedacht!« Er hebt seine Tochter auf den Arm und streichelt ihr über den Kopf. Sie hat die Locken ihrer Mutter.
Der Kindergarten im Ort möchte Aliah nicht aufnehmen, weil dort keine behinderten Kinder betreut werden. Dass Aliah behindert ist, steht aber auf keinem Papier. Die Diagnose Aniridie reicht noch nicht für einen Behindertenausweis, es zählt die jetzige Einschränkung. »Da kann das Kind so viel Aniridie haben, wie es will«, sagt die Ärztin. Der Kindergarten fordert nun von der Familie Mangelsdorf den ärztlichen Nachweis, dass Aliah gesund ist. Aber andere Kinder müssten ihre Gesundheit doch auch nicht schriftlich beweisen, sagt Nina und weigert sich.
Myra hatte keinen Anspruch auf eine Frühförderung, weil sie selbst kein Handicap hat. Also hat Nina ihre Tochter mit sieben Monaten zu einer Tagesmutter gebracht, damit jemand ihren Blick erwidert. Hat Myra sich je gewünscht, selbst blind zu sein? Sie schüttelt den Kopf. Warum nicht? »Weil ich dann irgendwo gegenlaufe«, sagt sie.
Die anderen Eltern lassen ihre Kinder im Gedränge des Jahrmarktes nicht aus den Augen. Nina kauft ihrer Tochter einen Chip für das Karussell und sucht sich einen ruhigen Ort, um dort mit Andreas und Aliah zu warten, bis Myra sie wiederfindet.
Nach der Fahrt klettert Myra von ihrem Karussellpferd, schlüpft zwischen den Vätern und aufgeregten Kindern hindurch und läuft auf direktem Weg zu ihren Eltern. Als Andreas sich ein Fladenbrot holen will, bleibt Nina stehen. Sie wartet allein mit dem riesigen Kinderwagen. »Mitten in den Weg stellen, ganz tolle Idee«, sagt ein Mann, der Nina im Vorbeigehen leicht anstößt. Eine Frau schüttelt den Kopf und drängelt sich vorbei, während sie »Och, also echt!« zischt. Nina senkt den Blick, sie sagt nicht, dass sie nicht sehen kann, trägt keine Armbinde, die sie kennzeichnet. Nina will weg hier, schnell, Andreas kommt zurück. Sie bleibt mit dem Kinderwagen zwischen zwei Pflastersteinen stecken. Die Menschen hinter ihr stauen sich in dem schmalen Gang zwischen den Buden. Aliah weint. Nina hat die Orientierung verloren. Alle starren sie an. Plötzlich reißt Nina den Kinderwagen hoch und geht ganz nah an Aliahs Gesicht: »Was willst du? Was ist dein Problem?«, blafft sie. Die Vorderräder kommen hart wieder auf dem Kopfsteinpflaster auf. Die Leute machen Platz, Nina geht weiter, läuft fast.
Endlich, eine U-Bahnhaltestelle. Die letzten Meter laufen sie. Plötzlich ist es still, bis auf das mechanische Öffnen und Schließen der Türen der Bahn. Niemand sagt etwas. Nina hebt Aliah aus dem Kinderwagen, die tapst davon. Eine Frau mit kurzen Haaren hebt sie auf und bringt sie zurück zum Kinderwagen. »Jetzt hat irgendein Fremder sie angefasst. Wieso machen die Leute so was einfach ohne Erlaubnis?«, fragt Nina und setzt Aliah wieder in den Kinderwagen. Andreas nimmt Myra auf den Arm und lobt sie: »Du läufst nicht einfach weg, ne?« – »Nein«, antwortet Myra, »jetzt muss Mama nur noch auf dich aufpassen.«
Fotos: Moritz Küstner