Die Musterkinder

Designerin Laudomia Pucci über Familientradition, und wann es Zeit ist, damit zu brechen.

    SZ-Magazin: Frau Pucci, wie Pucci sind Ihre Töchter?

    Laudomia Pucci: Oh, sie vertreten durchaus würdig die Familientradition. Zenaide, die Jüngste, wünschte sich zu ihrem dritten Geburtstag Luftballons in Pucci-Mustern und Pucci-Farben, also Nilblau, Smaragdgrün und Fuchsiapink. Die schwebten dann wie psychedelische Wolken über dem Kinderfest. Und wenn Larissa, sie ist zehn, auf ihrem neuen Computer die Zeichenprogramme ausprobiert, erinnern die Ergebnisse so sehr an Pucci-Prints, dass man meinen könnte, wir lassen unsere Muster von unseren Kindern entwerfen. Sie sind modeverdorben?

    Da haben Sie einen ganz falschen Eindruck. Ich lehne es ab, Kinder in Designersachen zu stecken, denn die meisten sehen nicht so aus, als könne man Spaß darin haben. Wir versuchen, die Kleidung für die Mädchen so einfach wie möglich zu halten. Marken wie GAP kommen unseren Vorstellungen sehr entgegen.

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    Im Vergleich zu anderen Ländern: Wie sieht die typisch italienische Kindermode aus?

    Die Franzosen und die Engländer kleiden ihre Kinder etwas zu traditionell, die Amerikaner – für meinen Geschmack – eine Spur zu lässig. So viel ich von den Deutschen weiß, scheint ihr es wohl ganz gern zu mögen, wenn auf dem Pullover auch noch ein Bärchen, ein Mäuschen oder ein Kätzchen appliziert ist.

    Und typisch italienisch?

    Ich würde sagen: sportlich, Beige, Hellblau, Dunkelblau.

    Warum gibt es Pucci nicht für Kinder?

    Ab und zu denke ich darüber nach, dann verwerfe ich es wieder. Pucci hat den Ruf, sophisticated zu sein, also weltgewandt, elegant und geistreich. Das auf Kinder zu übertragen könnte schwierig werden. Ich halte nichts davon, Kollektionen für die Großen einfach ein paar Nummern kleiner zu schneidern und Kinder wie Erwachsene herumlaufen zu lassen. Genauso wenig mag ich es, wenn Mütter sich wie ihre Töchter anziehen.

    Kleiden Sie sich anders, seit Sie Mutter sind?

    Ja, weicher, sanfter, runder. Wie eine Mutter eben. Der Powerfrauen-Business-Look passt nicht mehr zu meiner Gemütslage. Meine Kinder würden sich erschrecken, wenn ich wie ein Feldwebel aussähe.

    In Deutschland lautet die Standardfrage an berufstätige Mütter: »Wie vereinbaren Sie Kinder und Karriere?«

    In Italien leider auch!

    Und was antworten Sie?

    Ich sage, dass ich ohne Kinder gar nicht arbeiten könnte. Ohne Kinder bekäme die Arbeit eine völlig unangemessene Wichtigkeit. Ich würde mich über Dinge aufregen, die objektiv betrachtet vollkommen lächerlich wären. Natürlich sind Frauen, die mit der gleichen Ausschließlichkeit ihr Muttersein betreiben und stundenlang über die richtige Wahl des Schnullers dozieren, auch keine begrüßenswerte Gesellschaft.

    Ihre größte Auflehnung gegen die Familie?

    Meine einzige Rebellion hieß: Keine Farben mehr! In den Achtzigerjahren, als ich bei Hubert de Givenchy anfing, trug ich nur noch Schwarz. Denver-Dallas-Schulterpolster und Schwarz. Nicht exakt das, was mein Vater mit gutem Stil meinte!

    Müssen Ihre Töchter die Familientradition fortsetzen?

    Das Modegeschäft hat sich in den letzten 15 Jahren sehr verändert. Schöpferisch zu sein ist nicht mehr das Wichtigste für einen Designer – er muss vor allem verkaufen können! Die Zahlen sind fast wichtiger als der Entwurf. Ich bin mir nicht sicher, ob ich meinen Töchtern dazu raten kann.

    Die Marchesa Laudomia Pucci, 47, stammt aus einer alten Florentiner Patrizierfamilie. Sie ist die Tochter des italienischen Designers Emilio Pucci di Barsento. Seit 1985 arbeitet sie im Modeunternehmen ihres Vaters, führte das Label nach dessen Tod 1992 weiter und ist heute Image Director der Marke. Ihre Töchter Larissa und Zenaide sind elf und drei Jahre alt.

    Laudomia Pucci und ihre Töchter Larissa (links) und Zenaide im Garten ihres Landguts in der Nähe von Florenz. Kleid und Handtuch: Emilio Pucci.