Meine Freundin Berit aus Reykjavík kennt sich in so dermaßen vielen schrägen Wissenschaften so dermaßen gut aus, dass sie zum Beispiel sogar weiß, was Monstersex-Fan-Fiction ist. Sie berichtete mir, glaube ich, im Sommer 2020 zum ersten Mal davon, im Zuge einer kleinen Recherche ihrerseits über Sex-mit-Sebastian-Kurz-Fan-Fiction. Fan-Fiction sind Geschichten, die Fans eines literarischen Werks oder eines Promis füreinander schreiben. Begeben wir uns also jetzt bitte ohne Umwege ins Nerd-Universum, wer nicht mitkommen möchte, kann schnell noch aussteigen, aber ich empfehle natürlich, generell offen zu sein für gesellschaftliche Veränderungen, gerade in Sachen Sex und Alkohol.
Ich persönlich habe ja ein Herz für Krokodile. Weil sie traurige Tiere sind. Sie ziehen einsam ihrer Wege durch die großen, menschenwarmen Flüsse dieser Welt, sie werden gejagt, weil ihre Haut so weich ist, und wenn ihnen diese Haut bei lebendigem Leib, nun ja, entfernt wird, geben sie keinen Laut von sich, weil sie nicht in der Lage sind, ihrem Schmerz Ausdruck zu verleihen, zumindest nicht so, dass wir es hören können. Nur die Augen dann, die sind krass. Der Blick geht einem durch Mark und Bein. Mark und Bein sind natürlich auch ihr Ding, fragen Sie mal ein am Ufer trinkendes Säugetier. Aber das Gute kommt eben immer mit dem Schlechten, was Krokodile und Alligatoren fast ein bisschen menschlich macht.
Um nicht zu sehr in der Gegend herumzuspezialisieren, werde ich im Folgenden übrigens Krokodile und Alligatoren gleichsetzen, obwohl sie genau genommen … aber das geht schon zu weit. Ich will also von der Attraktivität kraftvoller Reptilien mit gewaltigen Kiefern erzählen. Wer sich da auch noch Kaimane und Gaviale dazu denken möchte, ist herzlich eingeladen, das zu tun.
Krokodilsex-Fan-Fiction würde natürlich auf dem Nil spielen: Ein gerade noch seetüchtiges Boot, das am sandigen Ufer ankert, im Schatten einer großen Palme. In der Dämmerung nimmt ein Krokodil Witterung auf, es riecht die Chance und die Gefahr, die in dieser Begegnung liegen könnte. Es kommuniziert über Infraschalllaute, die Frau kann sie nicht hören, aber sie kann sie fühlen. Sie tauchen beide auf, die Frau aus der Kabine, das Krokodil aus dem Wasser. Sie sehen sich in die Augen. Das Krokodil beginnt, wie es seinem Paarungsverhalten entspricht, eine ölige Substanz abzusondern. Die Frau beginnt, wie es ihrem Paarungsverhalten entspricht, Hannah Arendt zu zitieren. Beide fühlen sich von der Fremdheit der anderen Intelligenz angezogen. Die Frau zeigt bald Anzeichen von Mut oder auch Ungeduld und steigt ins Wasser. Das Krokodil kann die Ungeduld der Frau spüren, aber es bleibt gelassen und nimmt sich ein paar Stunden Zeit dafür, die Frau mit seiner öligen Substanz einzureiben, während sie Fragmente von Die Freiheit, frei zu sein auswendig aufsagt. Als sich beider Grenzen dann endlich im Wasser auflösen, wird ausgeblendet.
Weitere Fan-Fiction, die mich interessiert, ist Lieber-doch-keinen-Sex-mit-Ethan-Hawke-wegen-Uma-Thurman-Fan-Fiction, aber ich bin mir nicht sicher, ob das erfolgversprechend ist oder nur ein Einzelschicksal.
Sex with an Alligator setzt sich zusammen aus Melonenlikör, Sweet & Sour Mix, dem Beerenlikör Chambord sowie Jägermeister, der Drink wird erst geschüttelt und dann zärtlich begossen. Thank you but no Sex with Ethan Hawke wäre eine eher schlichte Mische aus Weißwein, Wodka und Champagner, dekoriert mit ein paar Fasern eines selbst gestrickten Regenbogenschals, serviert auf einem schwarzen Flügel.