Wenn es um das Äußere geht, dann wird schnell geurteilt. Weil es eben das ist, was zuerst ins Auge fällt.
Als ich Freunden und Bekannten erzählt habe von dieser Geschichte, die ich vorhabe, war die erste Reaktion zumeist: Oh Gott, spinnt der? Das ist doch krank. Ich hatte vor Beginn der Recherche Ähnliches im Kopf. Dass es doch ziemlich verrückt wäre, sich so etwas anzutun für ein paar Zentimeter mehr Größe.
Aber das legte sich rasch. Nach den Gesprächen mit Professor Augustin Betz, dem Doyen der Beinverlängerung, wenn man so will, wurde mir klar: das ist nicht verrückt. Männer leiden sehr, wenn sie sich zu klein fühlen. Nicht alle freilich.
Tatsächlich spielt Körpergröße bei Männern eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, natürliche Autorität auszustrahlen. Manche können das gut kompensieren, sie reden eloquent, haben ein stabiles Selbstwertgefühl und akzeptieren, dass viele Frauen eben auf große Männer stehen. Jenseits der 1,80 Meter.
Das ist oberflächlich. Klar. Aber eben auch Realität. Weil wir doch alle gar nicht so unfassbar aufgeklärt sind und noch immer auch ein Stück weit instinktgetrieben. Also muss der Mann eben auch Beschützer sein. Das funktioniert bei jemandem mit 1,69 Meter wie bei Marcel D. nicht so optimal wie bei einem mit 1,83 Meter. Marcel D. wollte das nicht mehr. Er wollte sich von der Natur zurückholen, was sie ihm nicht zugestanden hat. Dadurch war er auch bereit, ein Jahr lang durch eine Hölle aus Schmerzen zu gehen. Ich habe ihn dabei begleitet. Am Ende kam diese Geschichte heraus. Über einen Mann, der nicht verrückt ist. Sondern am Ende glücklicher als davor. Mehr nicht.
Welchen Aufwand Marcel D. betreibt, wie er die Operation finanzierte, was die Beinverlängerung für seine Nachtruhe bedeutet und wie seine Freunde und Kollegen reagierten, als er sie nach der Operation wiedersah, lesen Sie hier mit SZ Plus – im Porträt eines Mannes, der nicht länger mit seiner Größe leben wollte.
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