Ari Up

Ariane Daniele Forster, Sängerin von The Slits, war ein Punk der ersten Stunde. Die Radikalität bestimmte ihr Leben.

»Ich bin nicht auf der Welt, damit man mich mag. Ich bin hier, damit man mir zuhört«, hat Ari Up erst vor Kurzem gesagt, es gibt ein Video davon, sie sah toll aus mit ihren sehr langen Dreadlocks. Dabei war sie da schon krank. Ihrer Band, den Slits, ging es so gut wie lange nicht, ihr erstes Album seit 18 Jahren war für einen Grammy nominiert.

Ich lernte Ari Up kennen, als sie 14 Jahre alt und gerade mit ihrer Mutter aus Deutschland nach London gezogen war. Sie sah mit ihrer Strubbelmähne und der bunt zusammengeschneiderten Anti-Uniform ziemlich wild aus. Eigentlich hieß sie Ariane Daniele Forster und stammte aus einer deutschen Verlegerfamilie. Im Haus, in dem Mutter und Tochter lebten, gingen die Londoner Punks ein und aus. Die Mutter, Nora, heiratete später Johnny Rotten, den Sänger der Sex Pistols, mit dem sie bis heute zusammen ist.

Ari hat früh angefangen, in Bands zu spielen, ihre Stimme klang rau und intensiv, dazu ihr deutscher Akzent, so etwas hatte kein Publikum jemals zuvor gesehen oder gehört. Im Lied Typical Girls jaulte sie den Text mit solcher Hingabe, dass jeder merkte: Dies ist alles andere als ein typisches Mädchen. Man fragte sich zwangsläufig: Was ist das überhaupt, ein typisches Mädchen? Aber vielleicht steckt ja auch in ruhigeren jungen Frauen irgendwo eine wilde Ari Up.

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Obwohl sie doch immer ziemlich tough wirkte, hatte Ari ein sanftes Herz. Aber diese milde Seite wurde durch ihren Hang zum Drama überdeckt. Weil sie sich niemals verstellt hat, haben sich die Leute von ihr auch oft mehr als provoziert gefühlt. Ari wurde immer wieder tätlich angegriffen, ein paar Mal sogar niedergestochen. Bei der legendären Tour mit The Clash und den Sex Pistols im Jahr 1976 wollte der Fahrer des Tourbusses ihre Band erst gar nicht mitnehmen. Die Frauen machten ihm Angst.

Ihre Rastazöpfe nannte sie »Baum«, als Verbindung zwischen Seele und Universum, ganz im Einklang mit der Rastalehre. Während der ersten Punkwelle in England waren die Rastas aus Jamaika mit ihrem verführerischen Reggae für uns alle ein Vorbild, aber niemanden haben sie mehr fasziniert als Ari, die erste weiße Frau der Rastaszene.
Wir sind oft tanzen gewesen, zusammen mit unserer Schwester im Geiste, Neneh Cherry, zum Sound des großartigen DJs Jah Shaka. Selbst die coolsten jamaikanischen Tänzer gerieten ins Staunen, wenn sie Ari auf der Tanzfläche erlebten. Sie tanzte wie eine Athletin, wie eine echte Kämpferin. So möchte ich sie in Erinnerung behalten, die Augen streng geradeaus gerichtet, wie sie tanzt, wie besessen um die eigene Achse, die Beine scheinen der Schwerkraft zu trotzen, sie ist eins mit dem Rhythmus. Ari war ein völlig neuer Typ Frau, und ihr Einfluss wird wachsen. Wie ihre Dreadlocks – wie ein Baum.