Was unterscheidet den Besuch eines Armani-Hotels vom Besuch einer Armani-Boutique? Beim einen geht man mit Koffern rein und beim anderen mit Tüten raus. Und was haben die beiden Besuche gemeinsam: die hohe Kreditkartenabrechnung.
Fünf-Sterne-Hotels entwickeln sich gerade zum neuen Spielzeug von Modemachern wie zum Beispiel Armani, die den Glamour des kultivierten Jetsets für sich entdeckt haben. Auch weil die Hotelbranche, im Unterschied zur Modebranche, noch ausbaufähig ist. Es gehört zur Berufsbeschreibung eines jeden Modemachers, stets auf der Suche nach etwas Neuem zu sein – genauso wie es sich für einen Geschäftsführer eines Luxusunternehmens gehört, immer auf der Suche nach dem Ausbau der Marke zu sein. Kein Wunder also, dass die Modehäuser irgendwann auf die Hotelbranche stoßen mussten. Ein Hotel zu eröffnen, das ist die perfekte Möglichkeit, das Profil der Marke kontrolliert und exklusiv zu vergrößern, ohne sie zu verwässern, ohne am Ende die eigenen Produkte in der Ramschecke von Kaufhausketten wiederzufinden. Die Kundschaft der Boutiquen wird so statt mit einem Einkaufserlebnis mit einem Wohnerlebnis bedient.
Im Versace-Palazzo an der australischen Gold Coast sieht es deshalb folgendermaßen aus. Der Zahnputzbecher: mit Mäandergravur. Das Kissen auf dem Kingsize-Bett: mit Mäanderstickerei. Die Handtücher in der Workout-Area: Mäander, Mäander, Mäander. Warum? Weil dieses Muster das Markenzeichen von Versace ist. Und weil alles, was man in diesem Hotel sieht und benutzt, von Donatella Versace persönlich ausgesucht oder wenigstens von ihr abgesegnet wurde. Der Gast inmitten des »Total Look«.
Ähnlich im Bulgari-Hotel in Mailand, nur fühlt man sich dort – zur Firma passend – wie in einem Schmuckkästchen. Überall schwarzer Marmor aus Simbabwe und grafitgefärbte Eiche. Wer möchte, kann im Garten zwischen schwarzen Maiglöckchen für 960 Euro ein Glas Saint-James-Rum von den Antillen bestellen, Jahrgang 1885. Natürlich kann man sich auch das persönliche Lieblingsstück der aktuellen Schmuckkollektion aufs Zimmer bringen lassen, denn eine Boutique des Labels gehört selbstverständlich in Hotels dieser Art dazu.
Nach der Welle der sogenannten Designhotels fühlen sich also nun die wahren Könige des guten Geschmacks dazu berufen, den Gästen zu zeigen, wie man übernachtet, duscht und sich verwöhnen lässt.
Armani wird in den nächsten Jahren gemeinsam mit einem arabischen Geschäftspartner zwölf Luxushotels mit einem Investitionsvolumen von einer Milliarde Dollar eröffnen. Und oft werden die Modehäuser von erfahrenen Hotelketten wie zum Beispiel »Ritz-Carlton« unterstützt, deren Namen man vor Ort aber niemals findet. Genauso wenig wie den des Designers selbst übrigens.
Sollte sich die Begeisterung für die Modemacher-Hotels länger halten als die Perlen im Champagnerglas, könnte man bald bei Gaultier in blauweißer Streifenbettwäsche schlafen, bis die Augen flimmern, und sich bei Vivienne Westwood hinter schweren Schottenkaro-Vorhängen in halbseidenen Boudoirs die Nase pudern. Oder bei Jil Sander im Spa, umgeben von größter Klarheit, die Gedanken ordnen.
»Bulgari Hotel Milano«, DZ ab 560 Euro, Tel. 0039/02/805 80 51. »Palazzo Versace«, DZ ab 230 Euro, www.palazzoversace.com.au.