»Uns haben die Frauen noch angehimmelt«

Man nannte ihn den Charles Bronson der Berge: Seit 50 Jahren bringt Willi Mathies Menschen das Skifahren bei. Was hat sich in dieser Zeit auf der Piste verändert? Ein Expertengespräch zum Saisonbeginn.


Willi Mathies war zwanzig Jahre lang Skischulleiter, trug bis vor drei Jahren den markanten schwarzen Schnauzbart und ist bis heute als Skilehrer tätig. Sein Vater, seine beiden Brüder, seine Schwester und sein Sohn waren beziehungsweise sind: Skilehrer.

SZ-Magazin: Herr Mathies, Sie sind seit fünfzig Jahren Skilehrer. Sind Sie immer noch aktiv?
Willi Mathies: Skilehrer ist man mit Leib und Seele. Da hört man nicht einfach auf.

Sie springen auch noch Saltos?
Ab und an, für den Enkel.

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Aus Sicht des Skilehrers: Hat sich die Stimmung beim Wintersport verändert?
Früher war der Skilehrer ein Animateur. Aber der Gast will keinen Lehrer mehr, der schöne Augen macht und witzig ist. Er möchte unterrichtet werden. Es spricht sich schnell herum, wenn ein Lehrer zu lasch ist. Der Beruf ist beinhart geworden. Alle schwärmen vom Gipfel, von der Gaudi redet keiner mehr.

Aber mittags auf der Hütte sitzt man noch schön beisammen.
Als ich jung war, hat man sich, wenn das Wetter nicht so überragend war, mal zusammen in die Mittelstation gesetzt und ein Glas Wein getrunken. Ich habe die Ziehharmonika gespielt, da hat man ein bisschen Holladriho gesungen, das war ein Fest. Wenn ich heute die Ziehharmonika auspacke, kann es passieren, dass einer von den jungen Leuten mir zehn Euro gibt und sagt: Du, sei so gut, hör auf!

Wie gemein!
Damit muss man leben. Der Ton ist anders geworden. Die Leute, die an den Arlberg kommen, sind in erster Linie Sportler. Sie sparen das ganze Jahr auf diesen Urlaub. Im Gasthaus hocken können sie auch daheim.

Wollen sie bei Wind und Wetter auf den Berg?
Absolut. Da kann es regnen. Wie sagt man: Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur ein schlechtes Gewand. Was ist denn die schönste Zeit im Winter? An Weihnachten kommen hauptsächlich Familien, die sind jedes Jahr in denselben Häusern und feiern mit den Wirtsleuten. Das ist gemütlich. Sonst kommen die Leute heutzutage oft nur für drei, vier Tage. Früher sind sie mindestens eine Woche geblieben, manche bis zu drei Wochen, haben beim Wegfahren gesagt: Du, nächstes Jahr um die gleiche Zeit bin ich wieder da.

Haben die Leute keine Zeit mehr, oder ist das Skifahren so teuer geworden?
Auch wenn die Unterkunft bei uns in Stuben gegenüber den anderen Orten – Lech, Zürs, St. Anton – billiger ist, der Skipass ist teuer. Er gilt für den ganzen Arlberg, aber hier kann man wenigstens Ski fahren. Letztes Jahr war ich in Ischgl, wollte eine Woche bleiben, am zweiten Tag bin ich heimgefahren. Auf keiner Hütte hast du Platz bekommen, bei jedem Schwung hast du dich umschauen müssen, dass dir keiner in den Hintern fährt.

Was ist anders am Arlberg?
Wir haben viele schwarze Pisten, das Gebiet ist extremer, da traut sich nicht jeder einfach so reinzufahren. Man nimmt einen Skilehrer, und wenn der ein Fuchs ist und ein bisschen ein Feeling hat, findet er immer super Abfahrten. Der schaut sich die Hänge von unten an, wo ist da noch Platz? Wir fahren Spur in Spur, der Skilehrer voraus, also hat man nach zehn Leuten vielleicht einen Streifen von fünfzehn Metern zusammengefahren. So nützen wir das Gelände aus. Wenn jeder einfach kreuz und quer reinfährt, geht alles kaputt. Das ist das Problem mit den Freeridern.

Die lästigen Snowboarder?
Nein, die Skifahrer mit den breiten Ski. Snowboarder sind bei uns weniger geworden. Wir haben in der Skischule auch Heliskiing und Freeriding ins Programm genommen, die Leute wollen extreme Dinge erleben, die kommen daher wie die Nordpolforscher, Mordsrucksack, Helm, und dann muss es runtergehen, am liebsten im Gelände.

Was ist das größere Erlebnis: Pulverschnee oder Firn?
Ich bin jahrelang mit der 1a gefahren, das ist die Renngruppe. Die sind am Anfang total scharf auf Tiefschnee, aber zum Frühjahr hin sehnen sie sich nach Firn. Da musst du genau wissen: Wann kommt die Sonne in den Hang rein? Aber wenn du fünfzig Jahre Skilehrer bist, hast du das im kleinen Finger.

Der Hang soll leicht angetaut sein?
Ja. Über Nacht muss es gefroren haben, dann muss die Oberfläche weich werden, aber wenn du zu spät kommst, auch nur eine Viertelstunde, brichst du ein. Weil die Schicht, die durchgefroren ist, ziemlich dünn ist. Wenn einer mit ein paar Kilo mehr dabei ist, hast du das Theater beieinander. Aber momentan ist das Tiefschneefahren der Kick. Das wird ja eine Sucht.

Was ist der Kick daran?
Es macht einfach Spaß. Es geht weniger auf die Gelenke als Piste, es ist vom Rhythmus her schön, und wenn du Tiefschnee fahren kannst, kannst du alles. Man sucht sich Hänge, die relativ steil sind, und da muss man einfach runter. In der Falllinie.

Heißt, man kann nicht quer in den Hang reinfahren?
Genau. Weil man dann nie mehr herumkommt, die Kurve nicht kriegt. Und für viele ist es eine Überwindung, so steil herunterzufahren.

Über welche Skischüler freut man sich am meisten als Skilehrer?
So eine Renngruppe macht Spaß, da sind viele schon vierzig Jahre dabei.

»Zu mir haben sie immer Bronson gesagt. Der Charles Bronson der Berge.«


Willi Mathies steht in der Mitte der oberen Reihe (mit Schanuzbart).

Gibt es welche, die man fürchtet?
Es gibt schon Schüler, die sind sehr anspruchsvoll. Die schreiben dir vor, wo sie fahren wollen. Ich sag dann: Freund, wo wir Mittag essen, kannst du mir sagen, aber wo wir Ski fahren, das bestimme ich. Und dann gibts die, die ständig fragen: Wie war ich? Du sagst: super. Das nächste Mal sagst du: Das war nicht so gut. Dann kommt: Eben hast du gesagt, es war super, ich bin genau gleich gefahren.

Sind Frauen oder Männer leichter zu unterrichten?
Männer nehmen es oft ernst, tierisch ernst, Frauen sind da unverkrampfter.

Aber alle möchten sie das Abschlussrennen gewinnen.
Nur die Kinder fahren Rennen, bei Erwachsenen geht es um den Stil. Die Kinder kriegen bei uns alle einen Pokal. Ich hab immer gesagt: Kinder, wenn ihr heimkommt, stellt ihr den Pokal auf den Fernseher. Und wenn der Vater euch fragt: Wohin gehen wir in den Skiurlaub?, zeigt ihr auf den Pokal: Na, dahin, wo wir den gekriegt haben. Mein Sohn, der die Skischule jetzt leitet, ist verzweifelt: Die Leute haben alle Flachbildschirme.

Ist die Konkurrenz groß zwischen den Schülern einer Gruppe?
Es gibt immer die, die vorn fahren wollen. Bei mir kriegt jeder eine Nummer – eins, zwei, drei, vier –, dann fährt erst der Einser hinter mir, und wenn ich stehen bleibe, der Zweier und so weiter. So vermeide ich, dass immer dieselben hinter mir sind.

Ist es eigentlich ein Automatismus, dass Skilehrer mit den Frauen flirten? Oder flirten die Frauen mit dem Skilehrer?
Das ist gar nicht mehr so. Zu meiner Zeit war der Skilehrer der King, das muss ich schon sagen. Gott sei Dank, wir haben die schönen Zeiten gehabt: Uns haben die Frauen noch angehimmelt. Aber das gibt es immer seltener, dass ein Skilehrer mit einem Gast herumflirtet.

Der Skilehrer gilt doch immer noch als der Verführer auf dem Berg. Weil er auch so elegant Ski fahren kann.
Es sind selten einzelne Damen bei uns, eher Verliebte, hauptsächlich Ehepaare und Familien. Damals, als noch die Stewardessen zum Arlberg kamen, haben wir Skilehrer uns immer gestritten, wer die Anfänger nehmen darf, weil in dem Kurs die meisten von ihnen waren. Heute wünschen sich nur noch die Teenager-Mädchen einen jungen Burschen als Skilehrer zum Anhimmeln.

Da funktioniert das System also noch.
Auch die Skilehrer haben sich verändert. Die meisten interessiert das nicht mehr, die haben eine Freundin und wollen keine Herzen mehr brechen. Ich war ja damals in vielen Zeitungen: Der Herzensbrecher vom Arlberg. Für eine Zeitung sollten einmal ein paar von uns mit den Ski ins Schwimmbad hupfen, an der Bar mit einem Mädchen sitzen. Dann kam der Artikel: Moral unter null. Wir sind alle mit Namen genannt worden. Da habe ich beschlossen: Nie mehr werde ich für so was
da sein.

Waren Sie da schon verheiratet?
Ich habe mit 24 Jahren geheiratet, vorgestern waren es 46 Jahre.

Duzt oder siezt man die Gäste?
Früher ist man mit jedem per Du gewesen. Jetzt sagt man öfter Sie. Ich stell mich natürlich vor: Ich bin der Willi. Wenn dann einer sagt: Ich bin der Dr. Herrmann, ist die Sache klar – dann musst du »Doktor« sagen. Aber das klingt jetzt so traurig. Es ist immer noch ein schöner Beruf, ein irrsinnig schöner Beruf.

Wie teuer ist ein Tag mit einem Privatskilehrer?
220 Euro. Ich habe immer meine Kamera dabei und fotografiere die Leute, dann nehmen sie etwas mit.

Gehen Paare eher zusammen in den Skikurs oder in den Privatunterricht?
Im Skikurs werden alle eingeteilt. Sie müssen einen kleinen Hang runterfahren, unten steht der Chef und sagt: Gruppe 3a. Wenn der Unterschied bei einem Paar sehr gering ist, drücken wir ein Auge zu.

Ist es für den Skilehrer lustiger mit einer Gruppe oder mit Privatgästen?
Wenn eine Gruppe zusammenpasst, ist das schöner. Abwechslungsreicher. Wenn jemand für einen Tag kommt, ist das unheimlich anstrengend. An dem Tag will er alles lernen. Oder einer, der zwanzig Jahre allein gefahren ist und die Fehler rauskriegen will, die er sich angeeignet hat.

Aber man lernt mehr privat, oder?
Ist ja klar. Den Einzelnen kann man viel mehr hernehmen. Man kann an einem Tag privat so viel lernen wie an drei Tagen in der Gruppe. Bei einem Anfänger traue ich mich zu wetten, dass ich den an einem Tag so weit bringe, dass er bald parallel fährt. Mit dem heutigen Skimaterial ist das viel leichter, früher ist man wochenlang Pflugbogen gefahren.

Das Carven ist so viel leichter?
Das hat nichts mit Carven zu tun, auch wenn man auf Carving-Ski steht. Wir fahren in einer sogenannten Mittellage: die Ski eine Handbreit auseinander, die Knie so weit vorn, dass Knie, Bindung und Oberkörper eine Linie bilden. Früher hat man den Oberkörper zum Hang gedreht, ist bei jedem Schwung auf dem Innenski gestanden, jetzt stehst du auf beiden Ski mit dem Oberkörper Richtung Skispitzen.

Tut einem nicht das Herz weh? Das, was früher als unelegant galt, muss man jetzt lernen.
Natürlich. Früher hieß es immer: Ski zusammen. Wenn einer breit gefahren ist, hat man alles darangesetzt, dass er schmaler fuhr.

Ist die heutige Technik ein Fortschritt oder eine Mode?
Ist schon ein Fortschritt. Es ist nicht nur zum Anfangen einfacher, auch im Gelände. Wie lang habe ich mich gesträubt gegen die kurzen Ski! Ich hatte zwei Meter zwanzig lange Ski, mit denen bin ich Saltos gesprungen, das fand man cool.

Wie haben Sie sich dann doch entschlossen umzusteigen?
Wir Skilehrer müssen alle vier Jahre einen Wiederholungskurs absolvieren. Es hat geheißen: kurze Ski mitbringen. Ich habe die langen mitgebracht. Da hat der Chef gesagt: Mathies, du kannst gehen. Ich habe gesagt: Du kannst mir doch gestohlen bleiben mit deinen kurzen Ski. Dann habe ich es doch probiert. Und gesehen, was das für ein Unterschied ist.

Wie lang sind Ihre Ski jetzt?

Einen Meter achtzig. Wenn man das Carven raushat – was Schöneres gibt’s nicht.

Und was ist das Carven nun?
Man fährt auf den Kanten, dreht mit den Knien. Im Schnee sieht man nur zwei feine Linien, wie Straßenbahnschienen.

Es gibt also kein Zurück auf die zwei Meter zwanzig?
Nein. Obwohl die Ski im Rennlauf wieder etwas länger werden sollen und weniger tailliert, weil es so viele Kreuzbandrisse gegeben hat. Das hat mir gerade Mathias Berthold, der Trainer der Nationalmannschaft, erzählt. Wenn du einen starken Carver hast und der reißt aus – den bringst du nicht mehr her. Dann macht’s klack, das Kreuzband, das geht ruck, zuck.

Ist der moderne Ski sensibler?
Der Ski ist so tailliert, dass er leichter dreht, aber er nimmt auch kleine Fehler übel. Wenn man ein gewisses Tempo hat, wird es gefährlich – der läuft weiter wie auf einer Schiene.

So passieren auch mehr Unfälle auf den normalen Pisten.
Die Leute haben mit den taillierten Ski schneller den Eindruck, sie könnten gut fahren. Die Pisten sind glatt, die Brettl laufen, aber sie werden zu schnell. Und wenn ein Hindernis in den Weg kommt, ist es aus.


1935 waren die Ski noch aus Holz und die Pullis aus Wolle. Den Stockeinsatz allerdings durfte man damals schon nicht unterschätzen.


Kann man mit den Carvern Buckelpisten fahren?

Tadellos. Man kann Kurzschwünge machen, alles.

Herr Mathies, auf allen Bildern haben Sie einen schwarzen Schnauzbart – ein Markenzeichen. Nun ist er weg. Warum?
Zu mir haben sie immer Bronson gesagt. Der Charles Bronson der Berge. Aber vor drei Jahren hatte ich eine Verletzung, da musste er ab. Ursprünglich hatte ich ihn auch wegen eines Skiunfalls wachsen lassen – er hat die Narben verdeckt.

Wie viele Skiunfälle hatten Sie in all den Jahren?
Das linke Bein habe ich mir siebenmal demoliert. Knie, Knöchel, Kreuzband, Innenbandriss, offener Unterschenkelbruch. Jetzt ist es wieder kaputt, das achte Mal, ein Motorradunfall diesmal, mein liebstes Hobby, aber das gebe ich jetzt wohl auf.

Kann man sagen, dass die meisten Skilehrer lieber Profisportler geworden wären?
Es gibt nicht so viele, die im Rennlauf tätig sind. Ich bin damals mit Karl Schranz, Egon Zimmermann, Gerhard Nenning, Heini Messner Rennen gefahren. Die Leute sagen, dass ich einer der besten Skifahrer am Arlberg war. Aber der Vater hat gesagt, wir haben das Geld nicht zum Rennsport. Und die sieben Haxnbrüche – da war die Karriere aus.

Bedauern Sie das?
Ja, das reut mich schon. Ich war österreichischer Meister, Landesmeister, dreimal Ski-Club-Arlberg-Meister, ich habe mit sechzig Jahren noch den Tagessieg im Ski-Club-Arlberg-Rennen eingefahren. Der Schranz hat gesagt: Das hat es noch nie gegeben, und das wird es nicht mehr geben, dass ein Sechzigjähriger Ski-Club-Arlberg-Meister wird. Da war ich schon stolz drauf, da sind ein Haufen Europacup-Läufer dabei.

Fängt die Skisaison am Arlberg jetzt, Ende November, an?
Eigentlich ja, mit den Wedelwochen. Die letzten Jahre war es aber problematisch, weil der Schnee gefehlt hat. Wenn ich bedenke, was wir früher für Winter gehabt haben. 1984, am 9. Februar, habe ich die Lawine im Haus gehabt, in der Nacht um halb elf, sie ist aufs Dorf geschossen und mir direkt aufs Dach gesprungen.

Ist etwas passiert?
Gott sei Dank nicht. Der Schnee ist überall rein, in die Bar unten im Haus, hat die Fensterstöcke rausgerissen, von den Betten, den Kindern und meiner Frau war nichts zu sehen. Man hat so Angst, sie ersticken. Die Gäste aus dem Lokal haben geholfen, sie auszugraben, da sind ja überall Scherben im Schnee.

Hört man etwas von so einer Lawine, wenn sie sich nähert?
Man hört nichts. Das macht nur plötzlich: whuu. Das hat so eine Stärke, das geht in Sekunden. Jetzt haben wir einen Lawinendamm gebaut, da kann nichts mehr passieren. Außerdem schneit es ja nicht mehr so viel.

In den letzten Wintern hat es oft spät noch sehr geschneit.
Stimmt. Wenn man ihn nicht mehr braucht, kommt jetzt oft der Schnee. Und das ist gefährlich, denn die Hänge sind schon von der Sonne aufgefirnt, also hart gefroren, und wenn darauf neuer, trockener Schnee fällt, verbindet der sich nicht mit dem alten. So brechen die Hänge auf. Besser ist es, wenn Regen langsam in Schnee übergeht.

Haben Sie auch als Skilehrer Situationen erlebt, in denen es um Leben und Tod ging?

Ich habe vier Leute aus Lawinen gerettet. Einmal bin ich vom Lift runtergehupft, acht Meter in die Tiefe, weil ich gesehen habe, wie eine Lawine abgegangen ist, drei Leute erwischt hat, von denen sie zwei wieder rausgeschmissen hat. Der Dritte hat mir gefehlt, ein Bein hatte kurz rausgeschaut. Ich habe ihn mit den Händen ausgegraben. Den Letzten habe ich 1993 beim Sondieren gefunden, das war der Paul Schwarzacher, der hat jetzt schon mehrmals das Skirennen »Der weiße Rausch« gewonnen. Er ist damals durch einen Hang gefahren, der Hang ist gebrochen, drunter war eine Dame auf der Piste, die haben wir nicht retten können. Sein Vater hat mir jedes Jahr an dem Tag ein Geschenk gemacht, es war sein einziger Sohn.

Hatten Sie oft verletzte Skischüler in Ihrer Gruppe?
Natürlich. Jetzt ist das ja kein Problem mehr, man hat ein Telefon, ruft den Hubschrauber an. Früher hast du die Leute auf der Schulter heruntergenommen. Bis da die Rettung gekommen wäre, wäre einer erfroren.

Und wenn einer schwer war?

Dann haben wir das auch gemacht. Ich kann mich erinnern, einer hat mir bald das Kreuz abgedrückt. Aber ich hab ihn runtergebracht bis in die Talstation. Wir müssen auch imstande sein, uns im Gelände einen Ackia zu bauen, mit dem wir Verletzte transportieren können.

Wie macht man das?
Wir haben immer Schnüre dabei, dann binden wir die Ski und die Stöcke des Verletzten zusammen zum Ackia, das ist in null Komma nix gemacht.

Hatten Sie prominente Schüler?
Ich bin mit dem Roman Polanski gefahren, ein Superskifahrer. Er hat im »Zürserhof« oben gewohnt, die haben mich oft angerufen, wenn Wedelwochen waren, und mich für ihre Gäste gebucht: die Gaby Grundig, Leute von Siemens, österreichische Politiker.

Gibt es unter den Skilehrern große Niveauunterschiede?
Schon. Wenn man mit einem alles fahren will, muss er staatlich geprüfter Skilehrer, Skiführer und Bergführer sein. Wer nur staatlich geprüfter Skilehrer ist, darf nicht ins Gelände.

Sind Helme sinnvoll?
Absolut. Ich fahre mit Helm. Wenn ich letztes Jahr beim Skirennen nicht einen Helm aufgehabt hätte, wäre ich nun tot. Bin mit dem Hinterkopf in eine Stange rein, die war eingeeist, mein Schädel wäre zertrümmert worden. Früher war ich ein Gegner, muss ich sagen, aber das hat sich geändert.

Auch wenn man nur die Hälfte dessen hört, was um einen geschieht?

Man hört alles, die Helme sind super. Nur wenn man Kopfhörer aufhat und Musik hört, wird es kompliziert.

Gibt es etwas, wovor man in den Bergen wirklich Angst haben sollte?
Wenn Gefahrenstufe drei, vier ist und der Gast Tiefschnee fahren will und du musst raus – da hat man immer ein zweideutiges Gefühl. Ich bin auch ein paarmal in der Lawine gewesen. Ein bisschen Angst im Gelände tut immer gut.

Fotos: Markus Burke (privat/2), Getty (1)