Ein Hoch auf die GroKutreNawa!

Wissen Sie, wofür die Abkürzung »RflEttÜAÜG« steht? Oder »RkReÜAÜG«? Axel Hacke über die große Kunst der trefflichen Namenswahl – und die so kreative wie absurde Benennung von Gesetzen und Autos.

Illustration: Dirk Schmidt

Manche von uns werden sich noch an das in den Jahren 1999 bis 2013 in Mecklenburg gültige Rindfleischetikettierungsüberwachungs-aufgabenübertragungsgesetz erinnern, ja, genau das RflEttÜAÜG, wie es abgekürzt hieß. Eigentlich lautete der vollständige Name sogar Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungs-aufgabenübertragungsgesetz, kurz RkReÜAÜG, sodass schon der Begriff Rindfleischetikettierungsüberwachungs-aufgabenübertragungsgesetz im Grunde eine Abkürzung war.

Es regelte … Ach, egal.

Das Protokoll des Landtags in Schwerin verzeichnete bei der Einbringung des Gesetzes »Heiterkeit« und den Zwischenruf des Abgeordneten Dr. Born: »Hätte man nicht sagen können: Rindviechergesetz? Rindviechergesetz, ja!«

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Heutzutage heißen Gesetze Starke-Familien-Gesetz oder Gute-Kita-Gesetz, was damit gerechtfertigt wird, dass in der Politik eine allgemein verständliche, unbürokratische Sprache benutzt werden sollte, bürgernah. Bloß wird dem Bürger jetzt ein wenig unbehaglich, weil er natürlich die wahre, propagandistische Absicht spürt: dass nämlich ein Vorhaben schon durch seine Benennung gegen Kritik immunisiert werden soll. Wer will schon gegen ein Gute-Kita-Gesetz sein? Fast sehnt man sich zurück nach jenen bleichen Regierungsräten, die in vollem Bewusstsein der Würde ihres Amtes Begriffe wie RflEttÜAÜG ersannen und nie im Leben auf etwas wie das Starkes-Steak-Gesetz gekommen wären. Nicht mal eine Ochsenfleischordnungsverordnung wäre durch ihre Hinterstübchen gegeistert. So waren sie einfach nicht.

Wie heikel die Benennung von Dingen und von Sachverhalten in unseren Zeiten ist, hat nicht zuletzt die Autoindustrie schmerzlich erfahren, die Firma Mitsubishi zum Beispiel, die ihren Pajero nach einer südamerikanischen Raubkatze namens Leopardus pajeros benannte, aber feststellen musste, das der Pajero in der spanischen Vulgärsprache einer ist, »der sich«, wie ich auf welt.de erfuhr, »einer handwerklichen Form männlicher Sexualität hingibt«.

Hallo, welt.de?! Meinst du, man könnte das hawFomäSex abkürzen?

Jedenfalls hieß der Pajero dann in Südamerika ab sofort Montero. Toyota nannte seinen MR2 in Frankreich nur MR, weil emerrdeux wie merde klingt, »und das bedeutet übersetzt«, steht bei autobild.de, »mal wieder Schei**. . !« Ähnlich erging es Audi mit seiner e-tron-Reihe, denn étron nennt der Franzose einen Schei**..haufen. Hatte ich schon den Lada Nova erwähnt, und dass der Spanier No va sagt, wenn er Geht nicht meint? Ach, Lada …

Hatte Sprache eigentlich je eine solche Bedeutung wie heute, in den Zeiten der Globalisierung, der Werbung und des schnellen Beleidigtseins? Selbst bei der Polizei nennt man heute eine Razzia gegen die Mafia nicht einfach Aktenzeichen 19aYQ23, sondern Pollino nach einem Nationalpark in Süditalien, und wenn es gegen die Schwarzarbeit geht, ermittelt die Soko Hades. Irgendjemand denkt sich da immer was, vermutlich brüten ganze Kommissionen über solchen Titeln. Seinerzeit bei der Stasi ging es noch ganz schnell, der einstige Oberstleutnant Bohnsack (herrje, gab’s denn für den nichts Schöneres?!) erzählte 1991 dem Spiegel, sie hätten mal einer Sache, die sich gegen Franz Josef Strauß richtete und unter dem Aktenzeichen Aktion Dschungel XV/2139/67 lief, den Namen Gänsebraten verpasst, »da Weihnachten nahte«. Das reichte damals als Grund.

Ich komme auf die Angelegenheit auch nur zu sprechen, weil zur Zeit in den Medien oft von der Operation Aderlass die Rede ist. Es geht um einen Blutdoping-Skandal, in den ein Erfurter Arzt namens Schmidt verwickelt ist. Bruno, mein alter Freund, sagt, er habe gewähnt, es handele sich um die neue Wahlstrategie der SPD. Aber manchmal sind die Dinge auch heute eben noch einfacher, als man denkt.