Til Schweiger

Eigentlich kann er ja was, der Schweiger Til. Schade nur, dass er sein Talent verplempert. Jetzt auch noch mit einer Castingshow.

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Selbst Menschen, die Til Schweiger wohlgesonnen sind, warten grundsätzlich eher nervös auf seinen nächsten Schritt. Man weiß nie, was da kommen wird – und oft genug gibt es Überraschungen der eher befremdlichen Art. Neulich zum Beispiel: Da hatte Deutschlands erfolgreichster Frauenschwarm nicht nur eingewilligt, einen Werbespot für den Ganzkörper-Rasierer einer bekannten Elektrofirma zu drehen, sondern er fühlte sich auch bemüßigt, seine Überzeugung in Sachen Haarlosigkeit in einem großen Magazin-Interview zu verbreiten. Er »finde es besser ohne«, bekannte er in Bezug auf das eigene Brusthaar – und trat für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein: »Männer wollen, dass Frauen glatt rasiert sind, und tragen selber einen Busch.«

In einer Weise entspricht das natürlich seinem Image. Für eine doch erstaunlich hohe Anzahl weiblicher Kinogänger in diesem Land ist Til Schweiger tatsächlich erst einmal ein Lustobjekt. Sie lieben es, wenn er einen zwar verantwortungslosen, aber doch irgendwie charmanten Hallodri spielt, der zum Beispiel halb bekleidet in eine riesige Sahnetorte hinabstürzt. Der sogenannte Money-Shot ist dann natürlich sein nackter Hintern, der lustig aus der Sahne herausragen darf – perfekt ausgeleuchtet und selbstverständlich glatt wie ein Babypopo. Über diesen Aspekt seiner Popularität muss Til Schweiger gut Bescheid wissen – die Szene aus Keinohrhasen, von der hier die Rede ist, hat er schließlich selbst inszeniert. Mit solchen Späßen verkauft er bis zu 6,2 Millionen Kinokarten, wovon gefühlte 6,1 Millionen an weibliche Wiederholungstäter gehen, die das alles zweimal, dreimal oder noch öfter sehen müssen. Hier enden seine Ambitionen aber natürlich nicht. Mit den doch recht stattlichen Gewinnen aus seinen Hallodrifilmen, in denen der Hallodri am Ende natürlich bekehrt wird – auch Barfuss und davor schon Knockin’ On Heaven’s Door kann man dazuzählen –, fühlt er sich längst wie ein deutscher Mini-Mogul nach dem Muster seines Vorbilds Bernd Eichinger. Mit eigener Produktionsfirma und einem Kreis enger Vertrauter macht er entschlossen »sein Ding« – und wehe, man kommt ihm da mit Einwänden oder gar mit Kritik. Den Kollegen von der Filmakademie beispielsweise, die ihn im letzten Jahr aus formalen Gründen nicht für den Deutschen Filmpreis nominieren wollten, kündigte er empört die Gründung eines eigenen, vom Publikum gewählten Filmpreises an. Den wird es jetzt vielleicht geben, vielleicht auch nicht – Til Schweiger ist aber längst nicht mehr dabei, vermutlich weil’s eben doch viel Arbeit macht und der Zorn inzwischen verraucht ist.

Sein neuestes Ding, die Castingshow Mission Hollywood, die ab 8. Juni bei RTL läuft, klingt auch wieder schwer befremdlich. Zwölf Möchtegern-Starlets wollen nach Hollywood oder zumindest ins deutsche Kino, Schweiger lässt sie berühmte Filmszenen vorspielen oder Kuss-Szenen proben, liest ihnen die Leviten und wirft sie der Reihe nach raus – genau wie Heidi Klum ihre Models. Wie Klum nennt er seine Kandidatinnen auch gern »die Mädchen«, sich selbst sieht er »vor allem als Mentor«. Was steckt da nun wieder dahinter? Angeblich Schweigers Traum, eine Schauspielakademie zu gründen. Wo bliebe die Schauspielkunst auch ohne ihn! Bei so viel Größenwahn vergisst man leicht, dass er eini-ge Dinge wirklich beherrscht: Zum Beispiel hat er durchaus ein Gefühl für Kinobilder; Schauspielerinnen wie Johanna Wokalek und Nora Tschirner kann er als Regisseur sehr gut führen; und selbst als Verleiher seines inzwischen interessant zerfurchten Gesichts funktioniert er mitunter perfekt – ganz aktuell als einer der Inglourious Basterds bei Quentin Tarantino. Nur: Immer dann, wenn er es gerade allen Zweiflern gezeigt hat, fühlt er den offenbar unwiderstehlichen Drang, sich im nächsten Schritt wieder zum Deppen zu machen.