in Paris gibt es zwei Arten von Menschen, die anstehen. Die einen in der Schlange warten auf Zugang zum Café, Eintritt in den Laden, Zugang zur Theke, um etwas zu konsumieren. Der andere Teil der Schlange will auch rein, aber nur für ein Foto. Da wird dann einmal in den Raum geblitzt, die Auslage fotografiert, die süßen Tische, die echten Pariser, die daran sitzen, die Austern, der offene Wein am Mittag, einfach weil es so krass französisch ist. Darüber sollte man sich nicht erheben – als Touristin, die im Laufe eines Drei-Tage-Besuchs ebenfalls mal so und mal so in der Schlange ansteht, ohnehin nicht.
Bei der Boulangerie von Boris Lumé verhält sich das ebenso. Es ist November, es nieselt, erste Morgensonnenstrahlen mischen sich dazu, ein Wagen der Straßenreinigung zieht vorbei. Die Bäckerei liegt auf der Rückseite von Montmartre, also hinter dem Hügel, auf dem die Kirche Sacré-Cœur steht und den die meisten nur von der Stadtseite her kennen.
Die anderen Touristen hatte ich eigentlich verloren. Die ersten am Place du Tertre, wo man sich von Menschen, die sich wie Henri Toulouse-Lautrec kleiden, zeichnen lassen kann. Den zweiten Schwung vor dem Restaurant »La Maison Rose«, einem Drehort der Netflix-Serie Emily in Paris. Und danach an der Büste der Sängerin Dalida. Auch hier noch ein paar, die Fotos machten. Dann wurde es ruhig: Bar Tabac, Leute auf dem Weg zur Arbeit, Pappkarton mit Kleiderbügeln neben dem Hauseingang zum Mitnehmen, Wohngegend. Bis zur Boulangerie von Boris Lumé. Denn davor, wie zuletzt oft gesehen, stand wieder eine Schlange.
Das liegt zum einen an der Größe des Verkaufsraums, immer nur zwei Kunden mit Anhang passen hier rein. (Tipp: An der Seite gibt es drei Hochstühle mit Minitisch für ein Frühstück vor Ort mit gutem Blick auf die Schlange.) Das liegt zum anderen an den Backkünsten und Ideen des bi-nationalen Besitzerehepaars Boris Lumé und Mihona Nishizawa-Lumé. Es gibt ganz klassisch Croissants (die zerstauben, aber auch einen warmen Kern haben, der statt macht) und Madeleines (die saftig sind, aber nicht fettig), Baguettes (deren Kruste knackig fest ist, sich aber leicht brechen lässt), aber auch Matcha-Törtchen oder Snickers-Tartelettes.
Und dann gibt es hier ein Drittens: Die Bäckerei ist berühmt. Ihre – zugegeben sehr französische – Fassade war Vorbild für die Backstube der Eltern der Superheldin Ladybug in der Zeichentrickserie Miraculous. Das erklärt dann auch die vielen Mädchen in der Schlange.
Die Bäckerei:
Boulangerie Boris Lumé
48 Rue Caulaincourt
75018 Paris, Frankreich,
Tel. 0033/1/46 06 96 71.