»Auf Salz verzichten? Auf keinen Fall!«

Thomas Strasser kreiert in seinem Tiroler Restaurant besondere Gewürzmischungen. Im Interview erzählt der Koch, worauf es beim Salzen ankommt, welches Salz sich für welches Gericht eignet – und wie man Fleisch richtig würzt.

SZ-Magazin: Salzen Sie nach Gefühl oder messen Sie ab? 
Thomas Strasser: Nach Gefühl.

Laut WHO sollte man nicht mehr als 5 Gramm Salz täglich zu sich nehmen. Haben Sie im Gefühl, wieviel das ist? 
Ja, nicht ganz ein Teelöffel voll, aber ich brauche den Löffel nicht mehr, Fleisch wird ja ohnehin mit der Hand gewürzt und bei Suppen nimmt man nach und nach immer mehr, bis es passt. Natürlich haben wir auch Rezepte, bei denen man genau arbeiten muss. Aber bei Suppen hat man schon genügend Erfahrung, um zu wissen, wieviel Salz in 50 Liter Suppe gehören.

Wieviel denn? 
Zwei, drei ganze Hände voll.

Schmecken Sie überhaupt noch ab? 
Natürlich. Immer wieder wird nachgesalzen, und immer wieder schmecke ich ab. Ich schmecke bei uns in der Küche alle Gerichte auf einem Probeteller ab, die am Abend hinausgehen.

Welches Salz benutzen Sie? 
Zum Anbraten von Fleisch nur Ursalz, also unbehandeltes aus dem Stollen abgebautes Steinsalz ohne Jod. Unseres ist rot und ein bisschen milder im Geschmack. Für Fisch machen wir ein Gewürzsalz unter anderem mit Koriander. Fleisch würzen wir außerdem zum Schluss an den Schnittflächen mit Salzflakes, einem besseren Meersalz. Beim Fleisch kommen gelegentlich noch Spielereien zum Einsatz: Zum Beispiel ein schwarzes Salz, bei dem wir Maldon-Flocken mit Aktivkohle, ein paar Tropfen Zitronensaft, Thymian, ein bisschen Knoblauch, das verwenden wir immer zum Würzen von Fleisch wie Fisch.

Gemüse? 
Dafür verwenden wir nur das normale Tafelsalz oder unser Kräutersalz.

Jedes Salz, das zum Verzehr zugelassen ist, muss zu 97 Prozent aus Natriumchlorid bestehen – kann man die restlichen drei Prozent, die etwa ein Himalayasalz von einem gewöhnlichen Speisesalz unterscheiden, überhaupt herausschmecken? 
Nein. Das müsste schon ein absoluter Kenner sein, aber ich habe noch nie von so jemandem gehört, der Himalayasalz von einem gewöhnlichen Speisesalz, bzw. von einem anderen Steinsalz nur vom Geschmack her unterscheiden könnte. Das glaube ich nicht. Spezielle Salzmischungen, denen man Kräuter oder ähnliches zugesetzt hat oder auch das Fleur de Sel kann man geschmacklich unterscheiden.

Thomas Strasser, 41, leitet das Restaurant im Hotel Post in Lermoos, das zuletzt mit zwei Hauben und 15 Punkten bei Gault Millau ausgezeichnet wurde.

Foto: Lehmann / Hotel Post Lermoos

Woher kommt das beste Salz? 
Da scheiden sich die Geister. Himalayasalz zum Beispiel ist extrem teuer – wir benutzen es nie.

Himalayasalz kommt gar nicht aus dem Himalayagebirge, sondern großteils aus einem Salzgebirge einer pakistanischen Provinz und wird südlich von Islamabad industriell verarbeitet. Ein weiterer kleinerer Teil stammt aus einem polnischen Bergwerk. Handelt es sich bei den vielen Modesalzen also nur um Marketingquatsch? 
Nein, das nun auch wieder nicht. Zwei Drittel des Tafelsalz werden aus dem Bergbau gewonnen, der Rest aus grobem Meersalz. Sie können Fleisch am Ende nicht mit ganz normalem Tafelsalz würzen, auch nicht mit grobem Meersalz, es würde sich unschön verfärben. Salzflakes eignen sich da viel besser und sind auch optisch ein Hingucker.

Was sind Salzflakes? 
Salzkristalle, die abgeschöpft werden.

Ist das nur ein optischer Unterschied? 
Teure Salzflakes wie Maldon oder Fleur de Sel lassen sich auch geschmacklich von normalem Salz unterscheiden – von Steinsalz, das im Bergwerk abgebaut wird, und auch von grobem Meersalz. Sie haben eine besondere Struktur und schmecken sehr mild.

Was ist der Unterschied zwischen Fleur de Sel und grobem Meersalz? 
Meersalz wird komplett aus der ausgetrockneten Saline abgebaut und ist grobkörnig, hart und trocken. Fleur de Sel sind nur die Flakes, die Kristalle, die aus den Salzgärten in Frankreich, Spanien und Portugal mit einem Holzlöffel von Hand abgeschöpft werden, wenn das Meerwasser von der Sonne allmählich verdampft. Fleur de Sel enthält auch mehr Restfeuchte als grobes Meersalz. Es schmeckt zart und mild.

Macht eine Salzmühle Sinn? 
Fleur de Sel und andere Salzkristalle sind dünne Plättchen, die darf man nie zerreiben. Mit einer Mühle würde man das Besondere der Salzplätzchen ja wieder zerstören. Bei grobem Salz ist eine Salzmühle jedoch sinnvoll.

Maldon-Salz stammt aus der englischen Bucht namens Maldon und wird oft als das beste Gourmetsalz genannt. Was macht es so gut? 
Ihre Form der dünnwandigen pyramidenförmigen Kristalle. Man nimmt sie nur zum Salzen fertiger Gerichte, damit sich die Kristalle erst im Mund auflösen. Das gibt einen feineren Geschmack. Wir benutzen Maldon-Salz vor allem für eine Mischung mit Aktivkohle, Thymian und Ingwer.

Warum die Kohle? 
Für die schwarze Optik. Außerdem wurde Kohle früher als Heilmittel bei Magen-Darm-Beschwerden genutzt und ist der neue Detox-Trend. Für Gourmets machen wir auch rotes Salz mit tasmanischem Pfeffer. Wird im Mörser zerrieben und mit ein bisschen Zitronensaft vermischt. Unsere Salzmischungen stellen wir alle selbst her.

Kann man damit auch das Nudelwasser salzen? 
Um Himmelswillen, nein, das wäre viel zu teuer, man streut es höchstens auf die fertigen Nudeln.

Ist Meersalz nicht immer teurer als normales Kochsalz? 
Nein, normales Meersalz nicht, aber Salzflakes und vor allem auch Maldon-Meersalzflocken sind natürlich viel teurer, bis zu 20 Euro das Kilo.

Welches Salz kommt also ins Nudelkochwasser? 
Normales Meersalz. Das gleiche wie für den Salzmantel beim Fisch. Grobes Meersalz ist günstig. Kostet etwa ein Euro das Kilo.

Welches Salz verwenden Sie denn für einen Salzmantel? 
Auch grobes Meersalz. Für einen Fisch benötigt man etwa zwei bis drei Kilo. Fisch im Salzmantel machen wir oft fürs Buffet.

Mit welchem Salz mischen Sie Ihre anderen Salze? 
Momentan noch feinstes österreichisches Salz aus Bad Ischl. Da gibt es eine kleine Manufaktur mit Steinsalz aus den umliegenden Bergen. Leider haben sie immer wieder Lieferengpässe.

Welche Kräuter und Gewürze mischen Sie mit den Salzen? 
Wir machen Kräutersalz mit Majoran, Rosmarin, Petersilie, Liebstöckl, eines mit Steinpilzen für Pastagerichte, ein Zugspitzsalz mit Zirbennadeln, Zirbenöl und Wacholder, für dunkles Fleisch, für Gemüse, Salat und Käse; schwarzes Salz mit Maldon Meersalzflocken, Zitrone, Knoblauch, Ingwer, Thymian, Buchenholz-Aktivkohle. Aktivkohle wirkt antioxidativ, entschlackend, verdauungsfördernd. Und ein Gewürzsalz mit Tomatenflocken, Chili, Knoblauch, Zitrone, Koriandersamen. Das nehmen wir für Fisch, Huhn und Pute, Pasta und Gemüsegerichte. Und schließlich haben wir noch ein Rotweinsalz zum Verfeinern von Saucen.

Der deutsche Bundesgesundheitsminister isst nie Salz und salzt nicht mal das Nudelwasser. Kann man ohne Salz kochen? 
Kann man. Man muss sich dran gewöhnen. Ich weiß, wie salzlos schmeckt. Meine Frau hat gerade das zweite Kind bekommen, die ersten Monate essen beide kein Salz, da habe ich auch oft ohne gegessen.

Könnten Sie sich vorstellen, in der Küche auf Salz zu verzichten? 
Auf keinen Fall. Da käme dauernd das Essen zurück.

Kann man mit Salz alles retten? 
Man kann vor allem viel falsch machen, wenn man zu viel salzt.

Wie rettet man Versalzenes? 
Mit Strecken, wenn es grob versalzen ist. Oder gegensteuern mit Säure oder Zucker oder Gewürzen. Oder Orangensaft ist mein Geheimtipp. Mehr Fett dazugeben. Butter nimmt den Salzgeschmack ein bisschen weg. Wenn gar nichts hilft, muss man alles neu machen.

Wieviel Salz verbrauchen Sie in Ihrem Restaurant in der Woche? 
Sicherlich zehn Kilogramm, wenn das Haus voll ist.

Salzen Sie Marinaden? 
Bei Fleisch nie. Das Salz entzieht Wasser, wenn es lange mariniert wird. Das Fleisch wird dann zu trocken.

Wenn Salz dem Fleisch Wasser entzieht, warum soll man Fleisch dann vor dem Anbraten salzen? 
Da sind die Poren noch offen. Das Fleisch ist aufnahmefähiger. Wenn man nach dem Braten salzt, bleibt es nicht richtig haften, dann muss man mehr salzen, um es überhaupt schmecken zu können. Fleisch also direkt aus der Kühlung, sofort salzen, sofort anbraten, nicht lange stehen lassen. Fisch genauso.

Muss man Fleisch oder Fisch, die man im Backofen zubereitet, auch sofort salzen? 
Große Fleischstücke kann man auch am Abend zuvor marinieren. Durch die lange Einwirkzeit und die dadurch entstehende Osmose kommt das dem Fleisch zugute.

Gemüse auch gleich salzen? 
Da ist es eigentlich egal. Gemüse salzen wir am Ende.

Wie funktioniert Einbeizen? 
Einbeizen heißt im Grunde nur, zusammen mit Gewürzen einsalzen. Macht man gerne mit Lachsseiten. Der Fisch nimmt dabei auch nur soviel Salz auf, wie er braucht. Das Salz entzieht das Wasser, der Fisch wird trocken und schmeckt intensiv, dann wäscht man das Salz wieder ab. Den Fisch brät man dann nicht mehr.

Und wie lang beizt man Fisch? 
Kommt auf die Dicke des Fischs an. Wenn wir einen Saibling am Abend brauchen, beizen wir ihn morgens ein. Nachmittags waschen wir ihn ab und vakuumieren ihn. Zu lange darf man ihn auch nicht einbeizen, denn es ist ja ein Garungsvorgang. Wie bei Ceviche, wo Zitrone und Salz den Fisch garen.

Sechs Gewürzsalz-Rezepte von Thomas Strasser

1. Kräutersalz

Zutaten:

Für 4 Personen
  • 150 g Meersalz Salz
  • 2 TL Petersilie, getrocknet Petersilie
  • 2 TL Schnittlauch, getrocknet Schnittlauch
  • 1 TL Oregano, getrocknet Oregano
  • 1 TL Majoran, getrocknet Majoran
  • 1 TL Thymian, getrocknet Thymian
  • 1 TL Rosmarin, getrocknet Rosmarin
  • 1 TL Liebstöckl, getrocknet Liebstöckl

Im Mörser zerreiben und mischen. Universalgewürz, betont Eigengeschmack.

2. Rotweinsalz

Zutaten:

Für 4 Personen
  • Salz
  • Rotweinreduktion

    Der Alkoholgehalt verdampft vollständig. Zum Nachsalzen von Wildgerichten, saftigen Braten, Rinderfilet oder Käse. Für dunkle Saucen.

    3. Steinpilzsalz

    Zutaten:

    Für 4 Personen
    • Salz
    • getrocknete Steinpilze Steinpilz
    • Rosmarin
    • Knoblauch

      Zum Verfeinern von Suppen und Saucen, für Wild- und Fleischgerichte, Pasta und Risotto.

      4. Zugspitzsalz

      Zutaten:

      Für 4 Personen
      • Salz
      • Zirbennadeln Zubehör
      • Preiselbeeren
      • Wacholder
      • Zirbenöl Öl

      Für Wildgerichte und dunkles Fleisch, für Gemüse, Salat und Käse.

      5. Schwarzes Salz

      Zutaten:

      Für 4 Personen
      • Maldon-Meersalzflocken Salz
      • Zitrone
      • Knoblauch
      • Ingwer
      • Thymian
      • Buchenholz-Aktivkohle Zubehör

      Aktivkohle wirkt antioxidativ, entschlackend, verdauungsfördernd. Für Grillfleisch, Fisch, Meeresfrüchte und Gemüsegerichte.

      6. Gewürzsalz

      Zutaten:

      Für 4 Personen
      • Salz
      • Tomatenflocken Tomate
      • Chili
      • Knoblauch
      • Zitrone
      • Koriandersamen

      Für Fisch, helles Fleisch wie Huhn und Pute, Pasta und Gemüsegerichte.