So richtig in den Mode-Mainstream hat es der Hut in den letzten fünfzig Jahren nicht mehr geschafft, auch wenn das gern mal ausgerufen wurde. Irgendwie hat man schnell das Gefühl, albern damit auszusehen, verkleidet. Vielleicht weil ein Hut sofort als Statement verstanden wird, etwa der zu kleine Strohhut, den Großstadt-Hipster sich ganz hoch auf den Kopf setzen und so schon wieder halbironisch tragen.
Ein Hut stand in vielen Gesellschaften für Gruppenzugehörigkeit und sozialen Status. Im Römischen Reich demonstrierte der Hut die Freiheit eines entlassenen Sklaven. Bei den Frauen war es anders: Sie mussten sich unter Hauben verstecken, weil üppiges Haar ihre Weiblichkeit und Fruchtbarkeit symbolisierte. In den 1920er-Jahren zogen sie dann kämpferisch Topfhüte über ihre Bubiköpfe, um den traditionellen Männerködern eine Absage zu erteilen.
Und jetzt? Scheint der Hut erstmals ohne weiteren Zweck auszukommen und praktisch die neue Mütze zu sein. Was gut ist, weil die Mütze in letzter Zeit völlig selbstverständlich auch bei warmem Wetter getragen, in geschlossenen Räumen aufbehalten und ständig ein bisschen größer wurde – die Schieber- und die Baskenmütze gehören, genau genommen, ja schon zur Kategorie Hut.
Der Hut, wenn er weich und gemütlich und einfach eine Alternative zur Mütze sein darf, hat jede Menge Vorteile. Besonders morgens, wenn die Augen noch empfindlich auf Wind, Sonne und Regen reagieren, kann man die Krempe tief ins Gesicht ziehen, um die raue Welt erst einmal auszusperren. Was auch von außen ein schöner Anblick ist, der Künstler wie Matisse, Macke und Klimt zu Bildern inspiriert hat, die Frau mit Hut heißen.
Model: Kristine Drinke / elite models london; Styling: Kathy Kauder; Make-up: Jochen Pahs für Chanel; Retusche: Franziska Strohm for thegaabs; Red camera operator: Richard / theregistrygaabs
Foto: Markus Gaab