Ewige Hängepartie

Man sollte Wäscheständer als unvermeidliche Möbelstücke ­akzeptieren – denn man räumt sie ja eh nie weg. 

Des Weiteren eignen sich handelsübliche Wäscheständer als Zählhilfen, Fischfanggeräte, Zupfinstrumente und Straußeneierschneider.

Illustration: Charlotte Dumortier

Ich habe mir viel Mühe damit gegeben, mein Wohnzimmer einzurichten. Meinen Esstisch aus Kirschholz habe ich auf einem Kleinstadt-Flohmarkt entdeckt und mich so verliebt, dass ich ihn eine halbe Stunde lang durch die Fußgängerzone getragen habe. Die Bücher in meinem Regal sind nach Lieblingsschriftstellern sortiert. Und um Vorhänge aus festem Baumwollstoff zu finden, habe ich mehrere Samstagvormittage in Möbelhäusern verbracht. Aber wer in mein Wohnzimmer geht, sieht nur ein riesiges Drahtgestell in der Mitte des Raums: meinen Wäscheständer.

Natürlich hatte ich mal den Plan, ihn wieder abzubauen, sobald die Wäsche trocken ist. Aber dazu kommt es nicht. Es hängt ja immer wieder etwas Neues darauf. Also wurde der Wäscheständer zum prominentesten Möbelstück meiner Wohnung. Und nach all den Besuchen bei Freunden, bei denen ich ihre ausklappbaren Modelle mit Ringelsocken und Frotteehandtüchern daran gesehen habe, weiß ich, dass es jedem so geht, der keinen Wäschekeller hat.

Der Wäscheständer muss also als vollwertiges Möbelstück anerkannt werden. Er ist die einzige Konstante in der Wohnung, die jeden Kontostand, jede Lebensphase und jeden Geschmackswechsel übersteht. Die Ikea-Möbel gehen? Der Wäscheständer bleibt. Warum erkennen wir diese Wahrheit nicht an und hören auf, hässlich-klapprige Gestelle für ­zwanzig Euro zu kaufen, in der Hoffnung, sie nur kurz zu brauchen?

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In Wahrheit ist der Wäscheständer eine Zweigstelle des Kleiderschranks. Er wird zum Umschlagplatz für Klamotten und zementiert, welche Sachen man wirklich anzieht. Im Kleiderschrank liegen nur Hosen, die passen würden, wenn man mal vier bis fünf Wochen lang kein Schokoladeneis äße. Das schwarze Oberteil, das ich gern im Büro trage, schafft es nicht dort hinein. Es liegt auf dem Kleiderstuhl, in der Dreckwäsche – oder eben frisch gewaschen über den Stangen des Wäscheständers.

Toller Dielenboden? Irgendwie egal, wenn ein Wäscheständer die Sicht verdeckt.

Foto: iStock/suteishi

Manchmal träume ich von einem instagramtauglichen Leben und einem Wohnzimmer ohne Wäscheständer. Dann schmiede ich Pläne. Wenn ich meinen gesamten Wäschekorb in dunkle Wäsche, helle Wäsche und Feinwäsche sortiere und alles hintereinander in die Waschmaschine stopfe und sofort aufhänge, sollte ich nach zwei Tagen Trocknen mit der Aufgabe Wäschewaschen durch sein. Dann sollte es doch möglich sein, sich zu überwinden, den Wäscheständer für ein paar Tage zusammenzuklappen und in die Abstellkammer zu räumen! Ich habe die Zeit gestoppt, die ich bräuchte, um die Wäsche abzuhängen und den Wäscheständer zur Kammer zu tragen: etwas über vier Minuten.

Aber in diesen vier Minuten ist mir auch klar geworden, dass es in meiner Wohnung kaum Platz für den zusammengeklappten Wäscheständer gibt. Alles, was in der Abstellkammer liegt, ist auf eine tetrishafte Weise hineingepresst, die keine neuen Gegenstände erlaubt. Beim Versuch, den Wäscheständer hinter die Tür zu klemmen, ist mir erst eine Kuchenbackform aus dem Regal entgegengerutscht und dann das Bügelbrett umgekippt.

Also habe ich versucht, wenigstens ein schöneres Modell zu kaufen, wenn ich schon mit dem Wäscheständer zusammenleben muss. Auf der Suche habe ich gemerkt, dass das sehr schwierig ist. Das Design von Wäscheständern wird total vernachlässigt. Es gibt hübsche Barwagen und Blumenbänke, danke auch. Aber von denen habe ich nichts, wenn vor ihnen der Wäscheständer steht.

Bis es auffindbare Exemplare gibt, die mir gefallen, habe ich etwas Stellfläche an der Wand freigeräumt und mir ­einen Wäscheturm gekauft, an den man die gewaschenen Klamotten mit Kleiderbügeln hängt. Er erinnert optisch an einen Kleiderständer, die haben es ja auch geschafft, in den Einrichtungsgeschmack hineinzuwachsen. Trotzdem, mir wäre eine Art Kleiderschrank mit Trockenfunktion am liebs­ten. Liebe Designer, überlegt euch mal was.