Für einmal unterlag ich dem gleichen Irrtum wie Donald Trump, dem Hotelier von Las Vegas, Nevada. Letzten Mittwoch belehrte Trump seine Anhänger in Reno, Nevada, wie man den Namen Nevada korrekt auszusprechen habe: »Ne-vah-da. Niemand sagt es anders.« Hätte ich ihm glatt geglaubt, diesmal. Stimmt aber nicht. Denn in Nevada sagt man Neväda. Niemand spreche Donald Mut zur Peinlichkeit ab.
In diesem Sinne könnte der Seehofer Horst über die richtige Aussprache von Mecklenburg-Vorpommern dozieren: »Dein Heimatland, Anschela, wird nicht Meek-lenburg ausgesprochen, wie du vielleicht denkst. Nein, es heißt Mekk-lenburg, meck, meck, niemand sagt es anders! Und seit wann nennst du dich eigentlich so affektiert An-gela und nicht An-schela, wie es richtig ist!«
Ob Donald eigentlich weiß, wie man Arkansas ausspricht, wo die Karriere von Hillary und Bill Clinton begann? Die Siebengescheiten wissen es freilich: Nicht wie in Kansas (Känsäs), wie der Unbeleckte meint, sondern Arkänsoh, die Endung wie in saw (I saw you). Ohnehin ist die Aussprache amerikanischer Ortsnamen ein Minenfeld, Donald wappne dich. Oder wollen Sie sich mal an Baton Rouge versuchen, der Hauptstadt von Louisiana? Hören Sie mir bloß mit Ihrem Schulfranzösisch auf – die ganz Gescheiten parlieren nonchalant von Bäitn Ruhdsch. Detroit hört ja auch nicht mehr auf das ursprüngliche D'étroit - An der Flussenge. Dazu kommen deutsche Sonderaussprachen wie das gern kolportierte Tschikago, dessen Al Capone wir italienisch aussprechen, die Amis aber Äl Capoun. Italienisch geht eh immer molto bello. Michael Schumachers langjährigen Ferrari-Kollegen Rubens Barrichello intonieren Deutsche wie Engländer italienisch: Barrikello, in London eher Bärrikellou. Seltsam, der gute Mann ist Brasilianer und da sagt man Bahikelu. Für unsere Ohren ergibt südländischer Name plus Ferrari halt den zwingenden Schluss: Spaghetti.
Überhaupt Brasilien. Haben Sie Olympia geschaut? Ich wurde im Fernsehen kein einziges Mal beschulmeistert, wie die Olympiastadt Rio de Janeiro eigentlich auszusprechen sei. Von wegen Rio, von wegen dä, nix Schanehro. Richtig ist Riu dschi Schianäiru. Oder so ähnlich. Ein Fauxpas der deutschen Fernsehanstalten, die doch sonst so rührig darin waren, uns die korrekten Namen ferner Olympiastädte ans Herz zu legen. Okay, vielleicht war ich diesmal auch nur eingeschlafen. Bei den Winterspielen 2010 in Vancouver gab‘s jedenfalls längere Exkurse auf die Ohren, ob man die Stadt nun Vancouver oder Vancouver betone. Wie die Sache ausging habe ich vergessen. Höchste Zeit, dass mal New Orleans und Miami olympisch werden: New Orleans oder New Orleans? Miami oder Miami? Mächtig Klugscheißer-Zunder!
Seoul, Olympiastadt 1988, hieß in Deutschland durch Jahrzehnte See-oul. Aber nur bis 1988. Ein Tagesschau-Sprecher gab zu: »Wir hatten damals Reporter unten, die die korrekte koreanische Aussprache recherchierten.« Heißt seither Soul. Niemanden zum Recherchieren hatte der Radiosprecher, der den deutschen Komponisten Engelbert Humperdinck als Engelbört Hamperding präsentierte.
Pumps! Mit der Aussprache Pömps kommen wir uns mordsmäßig britisch vor. Dumm nur, dass der Engländer Pamps sagt, wie in Pump Gun. Genauso ergeht es dem Bluff, deutsch Blöff, englisch blaff. Und natürlich dem deutschesten der deutschen Wörter, der Curry-Wurst: In England karri, nicht körri. Das deutsche Cup-Finale alias Kap-Finale ist in der Schweiz der Köp-Final. Das ist funny, ist es nicht?
Nun zu dir, Erdogan. Hast doch einen gefällig auszusprechenden Namen. Dachte ich, bis zu meiner Schafkopfrunde am Mittwoch, etwa zur gleichen Zeit als Donald mit Ne-vah-da auftrumpfte. Eigentlich kümmern wir uns sonst beim Schafkopfen nur moderat um politische Empfindlichkeiten. Doch was musste ich mir da anhören? Erdogans Namen in der gerade modischen Version Erdoan. Geht's noch? Hat ihm jemand das schöne g weggeputscht! Sollen wir deine Vornamen evaluieren, Recep Tayyip Erdogan? Wie gerne kehren wir für dich unser schönstes Sonntagstürkisch heraus. Obwohl – bei Abraham Lincoln stört es ja auch niemand, dass wir ihn Linkeln aussprechen anstatt des hyperkorrekten Linken (hat das mal jemand Gregor Gysi gesagt?). Sag ich jetzt aber nur so, war kein Thema beim Schafkopfen.
Und erst Polens Lech Walesa. Zuerst, als er noch im Blaumann auf der Werft in Danzig stand, konnte man seinen Namen schlecht hochgradig kompliziert aussprechen. Er war einfach Lech Walesa, der Werftarbeiter. Die Fernsehanstalten hatten, zu jedermanns Erleichterung, noch niemanden zu Recherchieren geschickt. Später, als Gewerkschaftsführer, ernannte ihn die Tagesschau zu Walensa. Warum, wieso? Niemand weiß es zu sagen. Schließlich wurde Walesa polnischer Präsident und den kann man doch nicht so pillepalle aussprechen wie einst den Werftarbeiter. Walesa/Walensa mutierte zu Wauensa (mit nasaliertem ens). Damit war jede Ähnlichkeit mit dem Werftarbeiter beseitigt, na bravo! Erdogan, Lincoln, Walesa brachten es schon zum Präsidenten. Mal sehen, was bei Trump rumkommt.
Merke: Vor den Siebengescheiten ist man nirgends sicher. Am allerwenigsten beim Italiener ums Eck. Der Giuseppe ist völlig zufrieden, wenn ich bei ihm zwei Cappucinos zahle. Nicht so der Neunmalkluge vom Nebentisch: »Aber das heißt doch Cappuci-ni!«. Depp, damischer.
Foto: Nathan Nankeravis