Achtung, Geister-Ski!

Technische Hilfsmittel erleichtern dem Menschen den Alltag mehr und mehr - und bald könnten sie ihm sogar den Sport abnehmen. Axel Hacke sieht sich schon mit Rasenmähern sprechen. 

Wie ich höre, wird an der Universität Magdeburg ein autonomes Fahrrad entwickelt, ein Rad ohne Radler. Dieses Fahrrad wird man sich eines Tages an die Endstation einer Buslinie bestellen können. Dort wird es pünktlich vorfahren. Dann wird man mit ihm heimradeln, worauf sich das Rad, einer weiteren Buchung folgend, zur nächsten Schule begibt, um von dort aus einem Elfjährigen eine Radfahrt ins Schwimmbad zu ermöglichen.

Die Vorteile für das Leben der Menschen: offensichtlich.

Beispielsweise wird es ein Ende haben mit der sinnlosen Schinderei von Radrennfah­rern bei der Tour de France. Wenn Fahrräder ohne Person am Lenker zu fahren in der Lage sind, werden die Radrennfahrer vor dem Fernsehgerät die Leistungen ihres Rades im edlen Wettstreit mit anderen Rädern verfolgen können. Alle Strapazen, die Jan Ullrich und Lance Armstrong erdulden mussten, werden der Vergangenheit angehören. Auch über Doping kein Wort mehr. Es wird unnötig sein.

Meistgelesen diese Woche:

Gleiches gilt für das Mountainbiken, jene unwürdige Quälerei, der sich Menschen unterziehen, die auf zwei Rädern einen Berg erklimmen möchten. In Zukunft wird man sich in die Bergbahn setzen, während das Fahrrad leise gipfelwärts summt, um seinen Besitzer fröhlich klingelnd an der Bergstation zu begrüßen. Nach Genuss erfrischender Getränke wird der Radler sich dann in den Sattel setzen, um frohgemut zu Tal zu jubeln, heiter die Wanderer umkurvend, deren Wanderschuhe noch nicht autonomisiert sind.

Wobei auch dies nur eine Frage der Zeit ist. An der Technischen Hochschule Bad Schwürbelbach arbeitet seit Februar ’17 ein Team um Frau Professor Madeleine Wilkinson-Stemmeisen (früher Bereichsleiterin »autonome Schnürsenkel« bei Google) an eigenständig agierenden Hohlspreizfuß-Einlagen, die den Weg vom Bahnhof Bad S. zur Kneipp-Anlage in drei Varianten auswendig kennen.

Übrigens sind beim FC Hertha Bad Schwürbelbach Fußballspiele, an denen nur noch Stollenschuhe und Torwarthandschuhe ohne Inhalt beteiligt sind, längst Alltag. Auch konnte, als im vergangenen August im dortigen Mittelgebirge bei 38 Grad im Schatten plötzlicher Kunstschneefall einsetzte, spontan ein Riesenslalom von Geister-Skiern organisiert werden. Wer dabei war, wird die staunenden Blicke eines Publikums, bestehend aus Tausenden autonomer Schwimmbrillen, nie mehr vergessen.

Sport, die Geißel der Menschheit, wird bald ausschließlich von den notwendigen Gerätschaften erledigt werden.

Sorgen bereitet Experten, dem Vernehmen nach, im Zusammenhang mit dem Autonomrad die zügellose Vermehrung von Verkehrsmitteln in den Innenstädten. Zu Autos, Bussen, Trambahnen, Rädern, Rollern haben sich Lastenräder, Skateboards, Hoverboards, Bierbikes, Rollschuhe, Touristen-Segways, Solowheels (Einräder zwischen den Füßen), Lastenräder, Fahrrad-Anhänger, Pakettransporter, Mini-Falträder und Elektroroller gesellt, bisher noch von Menschen gesteuert. Zweifellos steht all diesen Fortbewegungsarten auch eine Autonomisierung bevor. In gewissen chinesischen Forschungszentren arbeitet man sogar an autonomen Treppenliften sowie selbstständig supermarktwärts rollenden Kühlschränken. Am Münchner Odeonsplatz wurde ein verirrter Rasenmäher gesehen, der sich bei chinesischen Touristen nach dem Weg Richtung Grünwald erkundigte.

Auch der Luftraum wird in Bälde von unabhängig handelnden Drohnen durchsummt sein, sodass sogenannten »Fußgängern« (das sind Leute, die man bisweilen haltlos schreiend zwischen all diesen Radfahrzeugen herumirren sieht) nur noch nachts zwischen zwei und vier erlaubt sein kann, ihre Wohnungen zu verlassen, mit Halsband, geführt an der Leine eines staatlich geprüften Roboterhundes.

Tagsüber haben sie in ihren Räumlichkeiten zu verbleiben, dies selbstverständlich in kompletter Autonomie.