Jedes Mal, wenn wir es wieder tun, kommt die Frage auf: Darf man mit Eiern spielen? Der Mann an meiner Seite meint, eigentlich nicht. Es ist ihm peinlich. Er steht nicht dazu. Obwohl er es insgeheim lustig findet, das sehe ich ihm an. Ich mag es, es hat was Verwegenes, Verbotenes und ich lasse dann richtig die Sau raus.
Die Jungs finden es sowieso super. Erst das Ei gefühlvoll in der Hand schaukeln und dann, zack, werfen, dass es wild über den Abhang kullert und schließlich die Flasche da unten umhaut. Das Eierkullern hat bei uns Tradition, ich habe es von meinen Eltern gelernt und an meine Kinder weitergegeben. Wir tun es jeden Ostersonntag und inzwischen auch zu anderen Terminen: Dieses Jahr – mittlerweile gibt es ja ganzjährig gefärbt-gekochte Eier – haben wir es sogar schon Mitte Februar gemacht. Es war der Hit zum Geburtstag meines Kleinen. Allerdings fragte dann sein Freund, der mich immer strafend mustert, wenn ich eine »Un-Bio-Mahlzeit« auftische, laut: »Sind die gefärbten Eier eigentlich bio?«
Diese Frage hat uns noch tiefer ins moralische Eierkuller-Dilemma hinein gestoßen. Man spielt nämlich nicht mit Essen, sagt der Mann. Und sammelt dann all die zerschmetterten Eiweiße, batzigen Eigelbe und sogar die Schalen wieder ein. Um sie hinter einem Busch zu verscharren. Wenn Spaziergänger vorbei kommen, während wir wie die Wilden mit Eiern um uns werfen, sage ich, denn Humor hilft immer: Das ist ein Fruchtbarkeits-Ritual! Wie der Osterhase und die Ei-Versteckerei ja auch. Die meisten Passanten zwinkern dann verschwörerisch.
Einmal haben die Krähen die Aufräumarbeit für den Papa erledigt. Noch im Flug eines Eis kamen sie angesegelt, krallten es sich und schwebten mit der Beute von dannen. Ich hab mich wahnsinnig geärgert: So kann man doch nicht spielen! Aber den Papa hat es gefreut. Der Kreislauf der Natur war wieder rund, Kochen und Gefressen werden.
Wie ist das nun, was sagen die Moralisten? Sollen die Kuller-Eier auch bio sein? Mein Kleiner sagt: Nö, wir essen sie ja nicht. Ich sage: Das ist aber egoistisch; denn damit unterstützen wir die Lege-Batterien und lassen die Eier legenden Hühner leiden. Der Große wedelte mit dem Handy und deutete auf einen Post: Man kann jetzt gekochte Eier kaufen, die schon gepellt sind. Und in Plastik verpackt. Aber aus Bodenhaltung!
Theoretisch besehen ist das eine weitere paradoxe Kapriole des menschlichen Konsumverhaltens. Praktisch, aber zum Eierkullern nicht zu gebrauchen. Der Witz ist doch: Man braucht die Eierschalen - die nicht bersten dürfen! Obwohl sie durch die Landschaft geschmettert werden. A propos Cross-Country-Kullern. Die Sorben und die Schwaben kullern auch mit den Eiern, hab ich jetzt gelernt. Sie nennen es Waleien oder Eierhetzeln beziehungsweise -schieben (sprich: »Oarscheim«).
Das gibt mir zu Denken. Plötzlich frage ich mich, ob ich sorbische oder schwäbische Vorfahren habe. Das konnte ich bislang ausschließen. Und es wäre echt strange. Denn: Die bauen extra Bahnen für die Eier!! Das ist schon wieder so spießig und entspricht überhaupt nicht meiner Cross-Country-Natur. Der Vorteil dabei aber, wie mir ein Freund mit schwäbischen Wurzeln verriet: Benutzt man eine »Hetzelbahn«, werden die Eier nur leicht angedetscht, so dass man sie nach Ende des Spiels noch gut verspeisen kann. Auch die Lösung fürs Eierkuller-Dilemma kommt also, wie so vieles Kluges, wieder mal von den Schwaben.