Angst? Nein, Angst habe er nicht verspürt bei seiner Arbeit, sagt der Fotograf Mark Peterson. Auch wenn die Stimmung in diesem Wahlkampf oft aggressiv wurde, weil Massen ihre Wut herausschrien oder die Anhänger der Kandidaten sich Straßenschlachten lieferten. Peterson fühlte eher eine Mischung aus Faszination, Grusel – und dem Drang zu verstehen, was in seiner Heimat gerade passiert.
Peterson arbeitet in den USA für große Magazine. Justin Timberlake, Bill Gates und Cameron Diaz hat er ebenso fotografiert wie Obdachlose. Als er vor drei Jahren begann, den Kampf um das höchste Amt der USA zu dokumentieren, erlebte er etwas Sonderbares. »Ich hatte das Gefühl, dass meine Bilder gar nicht zeigen können, was beim Wahlkampf eigentlich vor sich geht.« Einige der Kandidaten hielten üble Hetzreden – doch auf Petersons Fotos sah man nur Männer in Anzügen hinter Mikrofonen, die so harmlos wirkten wie Angestellte der örtlichen Bank. »Ich musste mir eine andere Perspektive suchen, um zu zeigen, was für ein absurdes Schauspiel dieser Wahlkampf ist«, sagt Peterson. Seine Lösung: Nicht nur die Kandidaten in den Fokus zu nehmen, sondern auch ihr Umfeld, das Publikum, die Details. Also Hunderte US-Flaggen, die sorgsam zurechtgelegt darauf warten, geschwenkt zu werden, oder Menschen in ekstatischer Verzückung beim Anblick ihrer Kandidaten.
Mehr als 150 Wahlveranstaltungen hat Peterson seit Beginn des Vorwahlkampfs 2013 besucht. Er war in New Jersey, New Hampshire, Iowa, vom kleinen Parteifest bis zum Nominierungsparteitag. Entstanden ist eine Bilderserie, die er Political Theatre genannt hat, politisches Theater. Denn wie jedes Drama hat auch dieser entfesselte Wahlkampf eine strenge Struktur: Ein Publikum, das an festgelegten Stellen klatscht. Eine Verteilung der Rollen in Gut und Böse. Und eine feste Belegschaft, die die Vorstellung am Laufen hält. Beim Wahl-Theater sind das neben den Kandidaten ein Tross aus Fotografen und Beratern, die den Politikern überallhin folgen.
Peterson war Teil dieser Gruppe und stellte fest: Über Inhalte redet da kaum einer, es geht vor allem darum, die immergleichen Bilder von strahlenden Kandidaten zu produzieren. »Fast niemand macht sich die Mühe, mit den Zuschauern ins Gespräch zu kommen, obwohl manche krasse Slogans auf Plakaten herumtragen.« Peterson spricht solche Leute an, um ihre Sicht zu verstehen. Gebracht hat es wenig. Vor allem Donald Trumps Anhänger reden ungern über konkrete politische Ideen. Die meisten wollten nur wissen, wo man später die Bilder sehen könne, die Peterson von ihnen machte.
Text: Till Krause