Vor einer Weile war ich im Süden Englands mit dem Auto unterwegs, ich wollte zum Londoner Flughafen Heathrow und hatte das Navigationssystem in Betrieb, das immer wieder Sätze sagte wie: »In fünf Kilometern rechts abbiegen Richtung Heatroff.«
He-a-troff. War ich in Russland, oder was?
Ich habe bis heute nie richtig kapiert, warum das Navi englische Namen aussprach, als könne in der Firma, die das Navi hergestellt hat, keiner Englisch. Schließlich dachte ich mir, der Grund für Heatroff sei vielleicht, dass auch Leute mit dem Navi zurechtkommen müssten, die tatsächlich nicht Englisch sprechen, und für die sei Heathrow nun mal Heatroff und Glasgow Glasgoff. Und Liverpool Liverpohl.
»Kennst du übrigens«, fragt Bruno, mein alter Freund, »die Geschichte von Ephraim Kishon, also diese, in der er einen Mann in der Helsingforsstraße 5 besuchen will? Und er versucht, sich den Namen meno…, also nmeno …, ich meine mnemotechnisch zu merken, indem er sagt, der erste Teil erinnere an die finnische Hauptstadt Helsinki, der zweite Teil habe mit der Automarke Ford zu tun, dazwischen ein g, also Helsin(ki)-g-for(d)-sstraße 5. Doch alles, was ihm später davon noch einfällt, ist ›skandinavische Hauptstadt‹ und ›Automarke‹, und er schreit den Taxifahrer an, er solle ihn in die Oslogrollsstraße 5 bringen?«
»Ja, aber wusstest du auch«, sage ich, »dass Helsingfors der schwedische Name für Helsinki ist? Also, das hätte er einfacher haben können.«
»Ich dachte immer, das wären zwei verschiedene Städte …«
»Man verwechselt es mit Helsingborg in Schweden. Oder Helsingør in Dänemark. Ehrlich: Ich dachte es auch.«
Aber nun liegt hier ein Brief von Leser T. aus Bielefeld, er räsonniert darüber, dass Städtenamen so oft übersetzt werden – warum eigentlich? Venezia wird bei uns zu Venedig, Napoli zu Neapel, die Italiener nennen München Monaco di Baviera und die Franzosen Aachen Aix-la-Chapelle. T. schreibt, nie habe es eine Initiative der EU gegeben, geografische Eigennamen zu vereinheitlichen oder wie Markennamen zu behandeln. Wir machen aus Apple ja auch nicht Apfel, nennen den Ex-Präsidenten Bush nicht Busch, und die Polen schreiben ihn nicht Buschkowsky und die Italiener nicht Bushido. Aber es wäre für uns kein Problem, nach Roma oder Napoli zu reisen.
»Ich vermute, es hat damit zu tun«, sage ich zu Bruno, »dass man die Städtenamen der eigenen Sprechweise angepasst hat. Im Italienischen gibt es kaum ein Wort mit einem Konsonanten am Ende. Wenn ein Italiener Frankfurt sagt, wird er praktisch immer Frankefurte sagen, also kann er auch gleich Francoforte draus machen, das ist ihm lieber, und es hat dann auch dieses leicht Gesungene des Italienischen. Aber die Italiener gehen schon sehr freihändig mit unseren Orten um. Stoccarda ist Stuttgart, man erkennt es ja kaum, und Norimberga ist Nürnberg.«
»Dafür nennen die Tschechen Quedlinburg Kvedlinburk.«
»Aber Klagenfurt am Wörthersee heißt bei ihnen Celovec nad Vrbském jezeru!«
»Es handelt sich ja«, sagt Bruno, »oft nicht um Übersetzungen, sondern um Anpassungen an die eigene Sprache. Übersetzte man wirklich, würde aus Darmstadt Intestinal City und aus Freudenstadt City of Pleasure.«
Ich schalte meinen Laptop an und finde im Internet sehr hübsche Dinge zu diesem Thema. Regensburg würde zu Castle of Rain, Halberstadt zu Halfhimcity, Mannheim wäre Man Shelter, Würzburg Spicy Castle, Leer hieße Empty, Essen Meal und Warstein Was Stone – und, aufgepasst!, Bonn? Receiptt!
»Und der englische Ort Quickborn müsste Sturzgeburt heißen!«, ruft Bruno.
»Heathrow wäre die Heidereihe«, sage ich.
»Was es vermutlich auch mal war: ein Straßendorf in Heide«, sagt Bruno. »Bevor Heatroff entstand.«